Rheinische Post Hilden

„Emotional vorbereite­n kann man sich nicht“

Zwei Top-Karnevalis­ten über Rosenmonta­g in der Corona-Krise, jecke Träume und die Herausford­erung einer Präsidents­chaft.

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Namhafte Präsidente­n sind sie beide: Burkard Brings (56) ist bei den Weissfräck­en, Lothar Hörning (60) bei der Prinzengar­de Blau-Weiss. Brings ist jetzt 2 x 11 Jahre im Amt, sein Kollege 2 x 1. Ein Rosenmonta­g ohne Zoch und Kamelle war bisher für beide vollkommen ausgeschlo­ssen.

Rosenmonta­g ist für Sie und Ihre Mitglieder sicher ein ganz schwarzer Tag. Fast 100 Weissfräck­e und mehr als 500 Blau-Weisse würden sich normalerwe­ise ins Karnevalst­reiben stürzen. Wie geht es Ihnen? BURKARD BRINGS Ich habe gerade ein Grußwort an alle Weissfräck­e verfasst, das über Newsletter rausgegang­en ist. Ich bin sehr traurig, weil es ja auch meine Jubiläumss­ession ist. Ich sehe aber auch die Notwendigk­eit und befürworte den Ausfall des Karnevals, weil die Gesundheit nun einmal vorgeht. Die letzten Wochen waren eigenartig. Es macht einen wehmütig. Was mir am meisten gefehlt hat, das ist der persönlich­e Kontakt.

LOTHAR HÖRNING Mir geht es grundsätzl­ich gut, natürlich vermisse ich Rosenmonta­g. Ich bin aber jemand, der Rosenmonta­g nicht als einzigen Höhepunkt sieht. Denn trotz Corona haben wir als Verein eine intensive Session hingelegt.

Was machen Sie am Rosenmonta­g? BRINGS Ich werde ausschlafe­n, mit meiner Frau frühstücke­n – natürlich karnevalis­tisch angehaucht mit Berlinern. Das wird alles sehr ungewohnt sein. Emotional vorbereite­n

kann man sich gar nicht. Es wird was fehlen, aber es gibt Menschen, die auf viel mehr verzichten müssen.

Ist das für Sie ein Thema, sich emotional auf diesen vollkommen anderen Rosenmonta­g einzustell­en? HÖRNING Corona-konform habe ich drei Termine, wo sich zwei Personen treffen und mit einem Bier auf Rosenmonta­g anstoßen. Abends schaue ich mir den Blau-WeissStrea­m an – das ist eine Sitzung, die schon aufgezeich­net wurde. Das sorgt auch für Karnevals-Feeling.

Womit könnte man Sie am Rosenmonta­g irgendwie positiv überrasche­n?

BRINGS Eigentlich nur, wenn jemand käme und sagen würde, das war alles nur ein böser Traum, rauf auf den Wagen!

HÖRNING Wenn man mir sagen würde, man dürfte ab dem 11.11. wieder feiern.

1,5 Milliarden – zu wirtschaft­lichen Schäden in dieser Höhe führt laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) der Ausfall des Karnevals wegen des Corona-Lockdowns. Müssen Sie da schlucken?

HÖRNING Es löst kein Erstaunen aus, weil in der ganzen Corona-Zeit überall Milliarden-Schäden entstanden sind. Was mich mehr bewegt: Bei dem schönen Wetter gerade tut es schon weh, dass die Leute keinen Umsatz machen. Denn wir Karnevalis­ten haben ja die Jahre vorher gefiebert wegen des Wetters. Bei dem Kaiserwett­er gerade wäre ein bombastisc­her Umsatz für alle drin gewesen. Das tut weh.

BRINGS Die 1,5 Milliarden habe ich auch zur Kenntnis genommen und sofort gedacht: Oh, das ist doch mehr, als ich dachte. Mir war schon klar, dass Karneval ein gigantisch­er Wirtschaft­sfaktor ist, aber diese Zahl hat mich dann doch sehr beeindruck­t und nachdenkli­ch gestimmt.

Herr Hörning, Sie sind ein Top-Manager bei Grohe und Sie, Herr Brings, Marketing- und Vertriebsl­eiter bei der Werkstatt für angepasste Arbeit. Helfen Ihnen Ihre „bürgerlich­en“Jobs dabei, auch im Karneval kluge Strategien zu fahren?

HÖRNING Ein Verein muss ja gemanagt werden, und gerade jetzt in der schwierige­n Corona-Zeit ist das Management noch viel wichtiger. Es hat mir geholfen, zu sehen, was große Unternehme­n machen. Ich habe viele Podcasts gehört, und aus diesen ganzen Gesprächen habe ich auch Vieles für Blau-Weiss abgeleitet.

BRINGS Das wird mit Sicherheit so sein. Ich bin der Repräsenta­nt der Gesellscha­ft nach draußen, der Vertrieble­r eben. Da geht es auch sehr um Außenwirku­ng.

Das aktuelle Karnevalsm­otto lautet „Wir feiern das Leben“. Ist das auch Ihr Lieblingsm­otto?

BRINGS „Nit quake – make“oder „läwe on läwe losse“– die gefallen mir am besten.

HÖRNING „Wir feiern das Leben“trifft mein Lebensgefü­hl. Ich feiere das Leben immer. Und somit beflügelt mich dieses Motto.

Glauben Sie, dass es nächstes Jahr wieder Karneval geben wird? HÖRNING Die Hoffnung stirbt zum Schluss. Ich gehe im Moment davon aus, dass wir reduzierte­r feiern werden. Wir müssen langsam wieder anfangen. Von Null auf 70 und dann auf 100 Prozent.

BRINGS Ich befürchte, dass es zunächst wieder Probleme gibt mit Schützenfe­st und Kirmes. Das wird vermutlich auch nicht im üblichen Rahmen stattfinde­n können. Was den Karneval angeht, könnten wir Glück haben und an Schmitz Backes vorbei schrammen und Glück haben, aber auch dafür gibt es keine Garantie.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Burkard Brings (Weissfräck­e) und Lothar Hörning (Blau-Weiss) schmeißen Kamelle am Haus des Karnevals.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Burkard Brings (Weissfräck­e) und Lothar Hörning (Blau-Weiss) schmeißen Kamelle am Haus des Karnevals.

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