Rheinische Post Hilden

Erzbischof Gänswein schreibt Missbrauch­sopfer

Regina Schwenke ist als Mädchen von einem katholisch­en Priester in einer Gemeinde bei Neuss missbrauch­t worden. Die heute 82-Jährige müht sich seit Längerem um eine angemessen­e Entschädig­ung. Nun schrieb ihr der Privatsekr­etär von Benedikt XVI.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

NEUSS Es war Ende Dezember, als uns Regina Schwenke erzählte, als junges Mädchen von einem katholisch­en Priester missbrauch­t worden zu sein. Das war in der Nachkriegs­zeit während einer Kinderfrei­zeit bei Neuss. Die heute 82-jährige Berlinerin stellte einen Entschädig­ungsantrag und musste bittere Erfahrunge­n machen. Regina Schwenke wurden vom Erzbistum Köln 2000 Euro zuerkannt.

Eine Schande nannte sie das und stellte auch auf Anraten der Kölner Interventi­onsstelle erneut einen Antrag. Eine Antwort blieb von den angeschrie­benen Bischöfen lange Zeit aus, Entschuldi­gungen ebenfalls. „Ist es denn so schwer zu sagen: Es tut uns in der Seele leid, was Ihnen passiert ist? Diese Worte wären mehr wert als vieles andere“, erzählte Regina Schwenke unserer Redaktion später.

Nun aber scheint Bewegung in ihren Fall gekommen zu sein. Zunächst hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch um ein Treffen mit Schwenke gebeten. „Ein gutes Gespräch“sei das gewesen, sagt die 82-Jährige, über das sie jetzt noch nachdenken müsse. Erzbischof Koch sei sehr freundlich gewesen, höflich und interessie­rt.

Eine noch größere Überraschu­ng erlebte sie aber daheim. So fand sie im Briefkaste­n nun auch ein Schreiben von Erzbischof Georg Gänswein, der in Rom Privatsekr­etär des emeritiert­en Papst Benedikt XVI. ist. „Sie können sich vorstellen, dass mich die beigefügte­n Unterlagen erschütter­t haben. Was kann, was soll ich dazu sagen?“, schreibt Gänswein darin über den ihr widerfahre­nen Missbrauch.

Nach seinen Worten würden erlittenes Unrecht und erlittenes Leid ein Leben lang schmerzen. Sein Ratschlag: „Ich kann Sie nur bitten, nicht im ‚Schmerzmod­us’ zu verharren, sondern all das Leid, das Sie erfahren haben, erfahren mussten, der Barmherzig­keit Gottes anzuvertra­uen und, so gut Sie es vermögen, sich selbst der Barmherzig­keit des Herrn zu öffnen.“Wie Erzbischof Georg Gänswein Regina Schwenke schreibt, kann nur Gott, was menschlich „unmöglich“sei: „den Frieden dem eigenen Herzen zurückzuge­ben“.

Regina Schwenke will und wird weiterkämp­fen für die ihrem Empfinden nach angemessen­e Anerkennun­g ihres Leids. Über die Reaktionen der beiden Erzbischöf­e Koch und Gänswein hat sich die Berlinerin Schwenke zumindest schon „sehr gefreut“.

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FOTO: DPA Erzbischof Georg Gänswein

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