Sorge um Impf-Nebenwirkungen
NRW will die Verabreichung des Astrazeneca-Vakzins an Einsatzkräfte staffeln. So soll der Rettungsdienst trotz möglicher Ausfälle handlungsfähig bleiben.
WUPPERTAL Bei der Impfkampagne geht es holpernd voran. Nun gibt es Meldungen zu mutmaßlichen Nebenwirkungen des Impfstoffs von Astrazeneca, der seit einigen Tagen auch in Nordrhein-Westfalen an unter 65-Jährige verimpft wird. Beim Rettungsdienst in Dortmund etwa meldete sich rund ein Viertel der Mitarbeiter nach der Impfung krank. „Grundsätzlich sind die auftretenden Nebenwirkungen ein Zeichen für die gewünschte Gegenreaktion des Körpers. Sie entsprechen als relativ häufig vorkommend, aber mild verlaufende und schnell vorübergehende Symptome den Hinweisen in der Fachinformation“, erklärte eine Sprecherin von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Das Ministerium fordert nun die Städte auf, die Belegschaften gestaffelt zu impfen: „Im Rahmen der fachlichen Beurteilung vor Ort sollte geprüft werden, wie die Belegschaft einer Einrichtung zeitlich gestaffelt sinnvoll geimpft wird, um größere Personalausfälle zu verhindern.“Düsseldorf hat bereits reagiert: Durch das Terminmanagement werde sichergestellt, dass Mitarbeiter der einzelnen Standorte über mehrere Tage verteilt ihre Impfung erhalten, „und dadurch die Einsatzfähigkeit des Rettungsdienstes der Landeshauptstadt nicht beeinträchtigt ist“, erklärte ein Sprecher der Stadt.
Sorgen machen dagegen die Varianten des Virus. Südafrika hat die Verimpfung des Stoffs von Astrazeneca gestoppt, weil die Wirksamkeit bei der dortigen Mutante zu schwach sein soll. Die Ständige Impfkommission (Stiko) wartet nun auf genaue Daten, um daraus ihre Schlüsse für Deutschland zu ziehen. „Leider stehen uns die wirklichen Daten noch nicht zur Verfügung, diese sind aber ganz essenziell für die Bewertung der Situation“, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens unserer Redaktion. Zugleich wachsen Zweifel an der Durchimpfung in diesem Jahr. Auf die Frage, ob 2021 alle Menschen in Deutschland geimpft werden können, sagte Mertens: „Ohne genaue Kenntnis der Impfstoffverfügbarkeit ist dies nicht sicher vorhersagbar. Wenn es gut läuft, kann es möglich sein, allen berechtigten Menschen in Deutschland eine Impfung anzubieten.“Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat versprochen, dass bis Sommer alle ein Impfangebot erhalten.
Gleichzeitig bemühen sich Wirtschaft und Politik, die Produktion hochzufahren. Der Bayer-Konzern will aus seinem Werk in Wuppertal
noch in diesem Jahr die ersten Dosen des Impfstoffs ausliefern, den Bayer in Zusammenarbeit mit dem Tübinger Unternehmen Curevac herstellt. „Wir sind zuversichtlich, dass wir noch vor Jahresende, wenn alles gut geht, die ersten Impfstoffe ausliefern können“, sagte Bayer-Chef Werner Baumann während eines Werksbesuchs von Ministerpräsident Armin Laschet.
Curevac rechnet im zweiten Quartal mit der EU-Zulassung. Bayer will im nächsten Jahr 160 Millionen Dosen in Wuppertal herstellen. Derzeit wird das Gebäude 151, in dem bislang Krebsmedikamente entwickelt werden, umgerüstet. Hier sollen die Botenstoffe mRNA hergestellt und in Lipidnanopartikel verpackt werden. Erstmals steigt der Konzern damit in die Impfstoffproduktion ein – und das in Wuppertal, wo er vor 160 Jahren gegründet wurde. Laschet betonte, NRW werde die Genehmigungen so schnell wie möglich erteilen: „Ziel muss es sein, dass Deutschland wieder Spitzenstandort für Pharmatechnologie wird.“