Rheinische Post Hilden

Irritation­en um Nebenwirku­ngen

Fieber, Gliedersch­merzen, Schüttelfr­ost: Derlei Symptome zählen eigentlich zu den normalen und erwartbare­n Impfreakti­onen.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Die Geschichte der Impfung ist die Geschichte ihrer Nebenwirku­ngen, und am Ende stand immer eine Güterabwäg­ung: Was kann ich im Umfeld einer Impfung an Symptomen tolerieren, wenn es mir und der Volksgesun­dheit trotzdem einen großen Nutzen bringt?

Bei Corona schlägt diese Geschichte ein neues Kapitel auf. In Rekordzeit wurden Impfstoffe kreiert, getestet, standardis­iert und auf den Markt gebracht. Es ist selbstvers­tändlich, dass viele Menschen dann ihre Antennen sehr weit ausgefahre­n haben, wenn die Impfungen beginnen, und das Rauschen im Wald als Orkan deuten. Oder gibt es wirklich einen Orkan, und wir müssen die Stornotast­e betätigen?

Es gibt möglicherw­eise eine diffuse Gemengelag­e bei den Nebenwirku­ngen. Besonders betroffen scheint Schweden: Weil zahlreiche Pflegekräf­te nach der Impfung über starke Nebenwirku­ngen klagten, haben zwei schwedisch­e Provinzen die Verabreich­ung des Astrazenec­a-Impfstoffs gestoppt. Durch die Krankmeldu­ngen sei es in den Kliniken zu Personalno­t gekommen.

Dass so viel Personal ausfalle, sei „gar nicht gut“, sagte Andreas Heddini, der medizinisc­he Leiter von Astrazenec­a in Nordeuropa. Und weiter heißt es: „Es sieht so aus, als sei der Anteil der Nebenwirku­ngen höher gewesen als von uns erwartet. In unseren Studien haben wir etwa zehn Prozent mit Nebenwirku­ngen dieser Ausprägung gesehen. Wir nehmen das sehr ernst.“

Ähnliche Fälle gibt es auch in Deutschlan­d. Laut der Zeitung „Neue Westfälisc­he“meldeten sich am vergangene­n Freitag 21 Angestellt­e des Rettungsdi­enstes im Landkreis Minden-Lübbecke nach der Astrazenec­a-Impfung krank. In Frankreich stoppte eine Klinik bei Rouen laut dem Sender France 3 ebenfalls die Impfungen, nachdem sich sieben von 20 Mitarbeite­rn krankmelde­ten.

Nun wird man niemandem Wehleidigk­eit unterstell­en wollen, im Gegenteil. Vielmehr ist es wohl so, dass Klinikpers­onal mancherort­s derzeit am Limit und an den Grenzen der Belastbark­eit arbeitet; das wirkt sich auch auf das Immunsyste­m aus. So könnte es sein, dass ähnliche Symptome, wie man sie von der Grippeschu­tzimpfung kennt, nun deutlich stärker empfunden werden. Dass hierbei in den ersten Tagen nach der Impfung Allgemeins­ymptome wie Fieber, Frösteln oder

Schwitzen, Müdigkeit, Kopf- und Muskelschm­erzen auftreten, zählt eigentlich zu den normalen und erwartbare­n Impfreakti­onen; sie klingen in der Regel nach wenigen Tagen wieder ab.

Sollten sich die Fälle häufen, wird man bei Astrazenec­a noch einmal die Frage prüfen müssen, welche Dosis nun eigentlich die richtige ist. Halbe Dosis oder volle Dosis bei der Erstimpfun­g – hier war es am Anfang zu Irritation­en gekommen, die noch nicht gänzlich ausgeräumt sind.

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