Rheinische Post Hilden

Mit Beharrlich­keit zum Mars

Am Donnerstag soll der Nasa-Rover „Perseveran­ce“auf unserem Nachbarpla­neten landen. Mit seiner Ausrüstung soll er nach Spuren längst vergangene­n Lebens suchen und erste Tests für eine bemannte Mission durchführe­n.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

DÜSSELDORF Am Donnerstag werden es 203 Tage gewesen sein, in denen die Sonde „Perseveran­ce“471 Millionen Kilometer zurückgele­gt haben wird – um den Mars zu erreichen. Mit 19.500 Kilometern pro Stunde wird der Rover gegen 21.48 Uhr unserer Zeit auf die dünne Mars-Atmosphäre treffen, und es beginnen die berühmten „sieben Minuten des Schreckens“: Weil am 18. Februar Signale von der Erde zum Mars mehr als elf Minuten unterwegs sein werden, ist der Rover zeitweise auf sich alleine gestellt – um sicher aufzusetze­n. Und in den vergangene­n Jahrzehnte­n war nach Nasa-Angaben nur rund die Hälfte der Lande-Versuche aller Weltraumag­enturen erfolgreic­h.

Obwohl die Dichte der dünnen Mars-Atmosphäre gerade Mal ein Prozent der irdischen entspricht, wird der Hitzeschil­d beim Abstieg nach 75 Sekunden durch die Reibung dennoch knapp 1300 Grad Celsius erreichen. Der Rover selbst soll sich dabei nur auf Zimmertemp­eratur erwärmen. Sobald er auf 1600 Kilometer pro Stunde abgebremst worden ist, öffnet sich ein Fallschirm mit knapp 22 Meter Durchmesse­r. Das soll etwa 240 Sekunden nach dem Eintritt in die Marsatmosp­häre passieren. Doch wann genau, entscheide­t die Sonde selbst: Sie misst den Abstand und die Position zum vorgesehen­en Landeplatz im Jezero-Krater in der nördlichen Hochebene Syrtis Major. Und erst zum idealen Zeitpunkt soll sich der Fallschirm entfalten. Die Hoffnung der Nasa-Ingenieure: Durch dieses neue System wird der Aufsetzpun­kt genauer erreicht als in allen Missionen zuvor.

Wenn alles nach Plan läuft, wird der Rover dann elf Kilometer über der Marsoberfl­äche sein – und sein Ziel anvisieren. Buchstäbli­ch. 20 Sekunden nach dem Öffnen des Fallschirm­s wird der Hitzeschil­d abgeworfen und ein Kamerasyst­em macht schnell Aufnahmen der Landestell­e. Sollte der Bordcomput­er aufgrund der Bilder entscheide­n, die Stelle sei zu unsicher, kann er den Kurs um bis zu 600 Meter korrigiere­n. Diese neuen Landesyste­me sollen zukünftige Missionen sicherer machen.

In rund zwei Kilometer Höhe dann wird der Fallschirm abgeworfen und die Abstiegsst­ufe bremst den Rover mit ihren Raketen weiter ab – auf 2,7 Kilometer pro Stunde. „Perseveran­ce“wird mit einem Kran abgesetzt, die Nylon-Stränge werden gekappt und die Abstiegsst­ufe zündet noch einmal die Raketen – um in sicherer Entfernung abzustürze­n. Nach sieben Minuten, um 21.55 Uhr, soll der Rover sicher gelandet sein. Auf der Erde dagegen beginnt das lange Warten auf die Erfolgsmel­dung, bevor „Perseveran­ce“seine Arbeit aufnimmt.

Mit seinen 23 Kameras und diversen Instrument­en an Bord soll er nicht nur Bilder aus dem 49 Kilometer durchmesse­nden Jezero-Krater liefern. Dort wurden bereits Tonmineral­e entdeckt, die auf eins schließen lassen: Vor 3,5 bis vier Milliarden Jahren war dort ein großer See. Und weil Wasser nach unserem heutigen Verständni­s eine Grundbedin­gung für die Entwicklun­g von Leben ist, hofft man dort auf Hinweise und Spuren etwaiger Mikroben – die sich auf dem Mars entwickelt haben könnten. „Perseveran­ce“sucht darum unter anderem nach komplexen Kohlenstof­fverbindun­gen, die Aufschlüss­e liefern könnten über mögliches Leben auf unserem Nachbarpla­neten. Zudem wird der Rover eine Reihe von Proben entnehmen, sie versiegeln und auf der Marsoberfl­äche deponieren. Zukünftige Missionen könnten die dann aufsammeln und für noch detaillier­tere Analysen zu Erde bringen. Pläne dazu gibt es bei der amerikanis­chen Weltraumag­entur Nasa und der europäisch­en Weltraumbe­hörde Esa bereits.

Daneben wird der Rover das Klima unseres Nachbarpla­neten untersuche­n und Marsgestei­n analysiere­n, um mehr über die geologisch­e Geschichte herauszufi­nden. Dafür kann „Perseveran­ce“sich anders als seine Vorgänger recht selbststän­dig bewegen. Er ist nicht auf Anweisunge­n von der Erde angewiesen – was bei der Zeitverzög­erung der Funksignal­e bisherige Missionen etwas eingeschrä­nkt hat. Der Computer an Bord soll anhand der Aufnahmen und Daten selbst Routen planen und so ein größeres Gebiet als bislang untersuche­n – und dabei erstmals auch Tonaufnahm­en liefern. Mit seinen Mikrofonen werden wir zum ersten Mal hören, wie der Mars tatsächlic­h klingt.

Doch der Rover hat nicht nur die Vergangenh­eit im Blick: So wird „Perseveran­ce“im kleinen Maßstab das Kohlendiox­id der Marsatmosp­häre aufspalten, um Sauerstoff zu gewinnen. Die Effizienz des Verfahrens wäre entscheide­nd für eine zukünftige bemannte Mission. Wenn Astronaute­n auf dem Mars Sauerstoff produziere­n könnten, würde das die Flüge etwas sicherer machen und vor allem kostengüns­tiger werden lassen. Der notwendige Sauerstoff müsste nicht erst teuer transporti­ert werden.

Die Mission von „Perseveran­ce“ist zunächst für ein Marsjahr (687 Erdtage) geplant und wird am Ende 2,7 Milliarden US-Dollar kosten. Allerdings waren Rover in der Vergangenh­eit auch schon deutlich länger im Einsatz oder sind es wie „Curiosity“aus dem Jahr 2012 noch. Und ganz alleine wird „Perseveran­ce“nicht sein. Der chinesisch­e Rover „Tianwen-1“kreist bereits um unseren roten Nachbarpla­neten und wird in den nächsten Monaten abgesetzt. Und die erste Mars-Sonde der Vereinigte­n Arabischen Emirate namens „Al-Amal“(Hoffnung) hat am 9. Februar den Mars erreicht. Sie soll nun das Klima des Planeten aus dem Orbit untersuche­n und eine neue Generation von Wissenscha­ftlern inspiriere­n.

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FOTO: J. KROHN/NASA VIA AP Der auf der Erde 1025 Kilogramm schwere Nasa-Rover „Perseveran­ce“soll am Donnerstag kurz vor 22 Uhr unserer Zeit auf dem Mars landen.

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