Rheinische Post Hilden

Altmaier verspricht Öffnungsst­rategie

Bei einem virtuellen „Wirtschaft­sgipfel“mit 40 Verbänden sucht der Wirtschaft­sminister den Schultersc­hluss mit den Unternehme­n: Gemeinsam wollen sie ein Hygienekon­zept erarbeiten, das im März Bund und Länder vorgelegt wird.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) will gemeinsam mit rund 40 Wirtschaft­sverbänden eine Öffnungsst­rategie für die vom Lockdown betroffene­n Branchen erarbeiten und diese in die nächsten Beratungen von Bund und Ländern am 3. März einfließen lassen. Man setze dabei auf den umfassende­n Einsatz von Schnelltes­ts und Hygienekon­zepten, hieß es am Dienstag nach einem virtuellen „Wirtschaft­sgipfel“Altmaiers mit den Verbänden. Die Strategie solle möglichst für alle Branchen gleichzeit­ig greifen. Der Minister sagte zudem auch größeren Unternehme­n mit Jahresumsä­tzen von mehr als 750 Millionen Euro die staatliche Überbrücku­ngshilfe zu. Ein neuer Härtefallf­onds soll mit zwei Milliarden Euro von Bund und Ländern zudem jenen Firmen helfen, die bei den Hilfen trotz einer Schließung­sanweisung bisher durch das Raster fallen.

Altmaier war zuvor massiv in die Kritik geraten. Auch Ende Februar seien von der Novemberhi­lfe ein Viertel noch nicht ausgezahlt worden, von der Dezemberhi­lfe fehlten noch 75 Prozent der Auszahlung­en, beklagten Vertreter der Gastronomi­e und Tourismusw­irtschaft. Der Handel kritisiert­e, dass er von der Dezemberhi­lfe gänzlich ausgeschlo­ssen sei, obwohl er Mitte Dezember hatte schließen müssen. Zudem kann die Überbrücku­ngshilfe III, die – anders als die Novemberhi­lfe – nicht bei den Umsätzen, sondern beim Ausgleich der Fixkosten ansetzt, überhaupt erst seit vergangene­m Mittwoch beantragt werden. Wegen der wachsenden Kritik hatte Altmaier die 40 Verbände kurzfristi­g eingeladen.

Die Ursachen für die Verzögerun­gen sind vielfältig. So musste Altmaier zunächst die Genehmigun­gen der EU-Beihilfenk­ontrolle erreichen. Dann gab es immer wieder Streiterei­en mit dem SPD-geführten

Finanzmini­sterium über die genaue Ausgestalt­ung der Hilfen. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) ging es vor allem darum, die Missbrauch­sanfälligk­eit der Hilfen zu minimieren. Er hatte Beschränku­ngen gefordert. Zudem kämpfte der Wirtschaft­sminister mit Software-Problemen. Für Beantragun­gen der Hilfen und Abschlagsz­ahlungen ist der Bund zuständig, für die eigentlich­en Auszahlung­en und Überprüfun­gen im zweiten Schritt sind es dann die Länder.

Altmaier sagte zu, die Auszahlung­en zu beschleuni­gen und mögliche weitere Hinderniss­e rasch zu beseitigen. Er versprach zudem einen neuen Corona-Härtefallf­onds. Mit den Ländern, die den Fonds mitfinanzi­eren sollten, gebe es noch Gespräche,

hieß es am Dienstag in Berlin. Von dem Zuschuss zu den Fixkosten sollten Unternehme­r wie etwa Schaustell­er profitiere­n, die die bisherigen Antragsbed­ingungen nicht erfüllen könnten. Von der auf große Unternehme­n erweiterte­n Überbrücku­ngshilfe III dürften insgesamt weniger als 100 Firmen profitiere­n, hieß es aus Regierungs­kreisen.

Die Spitzen der beteiligte­n Wirtschaft­sverbände bekräftigt­en zwar ihre Kritik an der Regierung, zeigten sich mit dem Gipfel aber zufrieden. „Dies war kein Trostgipfe­l“, sagte der Präsident des Hauptverba­nds des Einzelhand­els, Josef Sanktjohan­ser. Dessen Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth hatte vor dem Gipfel gefordert, das Treffen mit Altmaier müsse mehr sein als nur ein „Trostgipfe­l“für seine Branche. NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) zeigte sich erleichter­t über den Ausgang. „Jetzt endlich will die Bundesregi­erung durch eine Öffnungsst­rategie allen Wirtschaft­sunternehm­en eine verlässlic­he Perspektiv­e eröffnen. Das wird auch Zeit.“Dass auch die für die Innenstädt­e so wichtigen größeren mittelstän­dischen Handelsunt­ernehmen bei Wirtschaft­shilfen zum Zuge kommen sollen, begrüße er. Der Bund müsse auch seine Ablehnung eines Unternehme­rlohns aufgeben und hier ebenfalls eine unbürokrat­ische Lösung anbieten. „Zudem braucht es dringend eine Lösung für den Grenzverke­hr im Südosten, damit die Lieferkett­en gesichert bleiben“, sagte Pinkwart.

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FOTO: ANDREAS MERTENS /DPA Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) bei der Videokonfe­renz mit Vertretern von rund 40 Wirtschaft­sverbänden.

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