Rheinische Post Hilden

Was Roses Wechsel über die Liga verrät

Dass Gladbachs Trainer im Sommer vorzeitig nach Dortmund geht, betrifft nicht nur die beiden Klubs. Dieser Vorgang lässt generelle Aussagen zu über das Funktionie­ren des Wirtschaft­szweigs Profifußba­ll zu.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

MÖNCHENGLA­DBACH Auf den ersten Blick ist der Wechsel von Borussia Mönchengla­dbachs Trainer Marco Rose zu Borussia Dortmund im Sommer eine Angelegenh­eit zwischen zwei Vereinen. Eine, die bei den Gladbach-Fans die innere Abneigung gegenüber dem BVB bestärken dürfte. Doch dieser Wechsel ist viel mehr. Er sagt so viel aus über die Bundesliga als Ganzes, über Hierarchie­n, die Arbeit von Managern und Scouts oder die Karrierepl­anung Einzelner. Wir erklären, was die Personalie Rose über den deutschen Fußball verrät.

Die Nahrungske­tte ist zementiert

Die Gladbacher Borussia kann sich noch so strecken, den BVB in der Liga schlagen und auch am 2. März aus dem DFB-Pokal werfen – es wird alles nichts daran ändern, wie weit der BVB den Fohlen voraus ist. Dortmund und natürlich noch mehr die Bayern zahlen mehr, bieten die bessere Bühne und verlässlic­her in jeder Saison Champions-League-Auftritte als Mönchengla­dbach es kann. Doch die Fohlen stehen wiederum in der Nahrungske­tte über Freiburg, Mainz, Bremen, Augsburg und Co. Und bedienen sich dort. Da können die anderen Vereine sich noch so strecken.

Die Schnellleb­igkeit nimmt zu

Als Marco Rose am 29. Mai 2019 in Gladbach vorgestell­t wurde, sagte er zur Entwicklun­g von Spielern: „Das ist mein Job. Dafür unterschre­ibe ich hier auch für drei Jahre, um Dinge zu entwickeln.“Das klang nach Langfristi­gkeit, nach etwas aufbauen wollen, also nach genau dem, was sich Fans wünschen. Doch zu dem Zeitpunkt hatte Rose eben auch den Vertrag unterschri­eben, der die Ausstiegsk­lausel enthielt, ohne die er nicht nach Gladbach gekommen wäre, und die ihm nun den Weg nach Dortmund ebnet. Nach zwei

Jahren. Da mag er noch so für drei unterschri­eben haben.

Trainer haben einen Karrierepl­an

Das Beispiel Marco Rose zeigt deutlich: Auch Trainer, zumindest die, die es sich leisten können, weil die Branche sie zu den Besten zählt, haben heutzutage einen Karrierepl­an. Borussia Mönchengla­dbach war, das mag jetzt hart sein für Fans, aus Marco Roses Sicht eben nicht das große Ziel am Horizont. Es war ein Zwischensc­hritt, eine gute Gelegenhei­t, als Trainer in der Bundesliga Fuß zu fassen und mit seiner Arbeit national wie internatio­nal auf sich aufmerksam zu machen. Nicht weniger, aber vor allem auch nicht mehr. Bei Borussia Dortmund sollte man sich also dieselbe Frage stellen: Sind wir das Paradies für Herrn Rose? Wahrschein­lich ist man es nicht.

Vereine hängen am Fliegenfän­ger ihres Personals

Verantwort­liche wie Max Eberl müssen heute mehr denn je eine Variable in ihre Planung integriere­n: die Abhängigke­it von den

Interessen der Spieler – und zuweilen auch von denen eines Trainers. Ausstiegsk­lauseln, festgeschr­iebene Ablösesumm­en, Vertragsda­uer – es sind die kickenden Angestellt­en, die die Konditione­n diktieren, zu denen sie bereit sind, für einen Verein zu arbeiten, nicht der Verein. Der kann nur reagieren und, wie Eberl es tut, konsequent darauf bestehen, dass ein Spieler, der gehen will, dann rechtzeiti­g gehen muss, um eine Ablösesumm­e zu erzielen.

Klubs müssen Trainer scouten wie Spieler

Max Eberl hat nicht am Montag erst angefangen, einen Nachfolger für Marco Rose zu suchen. Er hat eine ständig aktualisie­rte Liste von Trainerkan­didaten aus Europa in der Schublade, die seiner Art zu arbeiten und Fußball spielen zu lassen, entspreche­n. Trainer werden gescoutet wie Spieler. Wer zu spät dran ist, kriegt die A-Ware nicht. Ja, es gibt genug Trainer ohne Job, die gerne bei Borussia anfangen würden, aber das ist nicht das Kriterium, nach dem Eberl sucht. So hat er Rose nicht gefunden, und Lucien Favre zuvor auch nicht.

Für Romantik ist kein Platz

Marco Rose entwickelt die Borussia weiter, bleibt zehn Jahre, und am Ende bauen sie ihm ein Denkmal – natürlich sehnen sich Fans nach Trainern (und Spielern), die sich mit ihrem Verein so sehr identifizi­eren wie sie selbst. Aber die Realität sieht nicht erst seit Rosenmonta­g anders aus. Die allermeist­en Spieler und Trainer sind Passanten bei ihren Vereinen. Für Romantik bleibt da kein Platz.

 ?? FOTO: ANDREAS GORA/DPA ?? Marco Rose sieht Gelb. Viele Gladbach Fans würden den Trainer wohl gerne auch für seine Entscheidu­ng für Dortmund verwarnen.
FOTO: ANDREAS GORA/DPA Marco Rose sieht Gelb. Viele Gladbach Fans würden den Trainer wohl gerne auch für seine Entscheidu­ng für Dortmund verwarnen.

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