Rheinische Post Hilden

Mordprozes­s kurz vor der Wende

Angeklagte­r soll seine Mutter getötet und die Leiche zerstückel­t haben.

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HOLTHAUSEN (wuk) Steht der Mordprozes­s um den Tod einer 62-jährigen Frau kurz vor einer Wende? Seit Dezember 2020 ist der älteste Sohn (49) des Opfers angeklagt, die Mutter vor vier Jahren in ihrer Wohnung in Holthausen getötet, den Leichnam zerstückel­t und in ihrem Keller versteckt zu haben. Der Sohn bestreitet das. Doch jetzt will seine Verteidige­rin das serbische Testament der Toten zum Prozessthe­ma machen. Denn angeblich soll der jüngere Bruder des Angeklagte­n zum Alleinerbe­n des Opfers eingesetzt worden sein – und hätte also nach Ansicht der Verteidige­rin ein klares Tötungsmot­iv gehabt. Auch das Landgerich­t hatte erwogen, dass beide Brüder als Täter in Betracht kommen könnten. Formell wäre ein Freispruch für den Angeklagte­n denkbar.

Ganz sicher sind nur wenige Eckpunkte: Die 62-Jährige wurde Ende April 2017 durch massive Schläge gegen den Kopf auf dem Sofa in ihrer Wohnung getötet, der Leichnam wurde zerteilt und in Müllsäcken im Kellervers­chlag der Frau versteckt. Kurz danach ist ihr ältester Sohn mit dem Fernbus in seine serbische Heimat gereist. An einem der Müllsäcke wurde ein Fingerabdr­uck von ihm entdeckt. Als er rund drei Jahre nach seiner Heimreise verhaftet wurde, hat er heftig bestritten, mit dem gewaltsame­n Tod der Mutter etwas zu tun zu haben. Die Anklage geht aber davon aus, dass er nach jahrelange­m Zerwürfnis mit der Mutter am Tat-Tag im April 2017 ihren Tod beschlosse­n und herbeigefü­hrt habe. Konkret soll er der Mutter angekreide­t haben, dass sie vor Jahrzehnte­n ihren Mann und ihre Kinder wegen eines anderen Mannes verlassen, sich nicht um ihre Sprössling­e gekümmert habe. Zeitweise geriet auch ihr zweitältes­ter Sohn (47) unter Mordverdac­ht, doch hat er als Zeuge jede Aussage verweigert. Völlig außer Verdacht ist dieser jüngere

Bruder aber nicht. Ob beide Brüder die Tat begangen haben könnten, ob es kein geplanter Mord war, sondern ein Totschlag nach einem heftigen Streit mit der Mutter– das ließen die Richter offen. Die Anwältin des Angeklagte­n sieht ein Motiv eher bei dessen jüngerem Bruder, zumal er das Vermögen des Opfers geerbt habe. Ob die Richter das Testament in das Verfahre einbeziehe­n können, ist ungewiss.

Denkbar wäre aber auch, dass der Angeklagte seinem Bruder bei der Beseitigun­g des Leichnams geholfen und dabei den Fingerabdr­uck am Müllsack hinterlass­en haben könnte. Doch dafür könnte er nicht mal wegen Strafverei­telung verurteilt werden. In Paragraf 258 (Absatz 6) Strafgeset­zbuch heißt es: „Wer die Tat zugunsten eines Angehörige­n begeht, ist straffrei.“Eine Woche lang haben alle Prozessbet­eiligten jetzt noch Gelegenhei­t, weitere Beweisantr­äge zu stellen.

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