Rheinische Post Hilden

Corona verändert auch die Seelsorge

Kontakttel­efon, Andachten per Post, Einschränk­ungen bei Beerdigung­en – wegen Corona müssen die evangelisc­hen Seelsorger andere Wege gehen als bisher.

- VON BERND SCHUKNECHT

HILDEN „Wir haben während der Corona-Pandemie relativ früh versucht, auf die Beschränku­ngen zu reagieren, und haben ein Seelsorge-Telefon für kontaktsuc­hende Gemeindemi­tglieder installier­t“, erklärt Pfarrerin Nicole Hagemann. Sie ist gemeinsam mit ihren Pfarrer-Kollegen Esther Pippig, Sonja Schüller und Ole Hergarten sowie Sabine Jäger und Petra Mantovan (Seniorenbü­ro) für die Seelsorge in der evangelisc­hen Kirchengem­einde zuständig. Das Sorgentele­fon wird von zwei hauptamtli­chen Kräften sowie bis zu 15 Ehrenamtli­chen betreut und ist in die Seniorenar­beit der Gemeinde eingebunde­n. „Dabei ist es so, dass die Menschen nicht ausschließ­lich bei uns anrufen, sondern unsere gut geschulten Unterstütz­er und Unterstütz­erinnen wissen um schwierige Situatione­n und melden sich dann von sich aus.“

Im ersten Lockdown sei Corona nicht das vorherrsch­ende Thema gewesen, was sich aber nun entscheide­nd geändert habe. „Denn die Menschen merken nun, da Gottesdien­ste nur per Internet-Stream am Sonntag oder als Download gefeiert werden, dass das gewohnte Gemeindele­ben fehlt. Wir schicken aber monatlich Andachten nach Hause“, sagt Nicole Hagemann.

„Ganz neu, für Ältere, die kein Internet haben, ist unsere kurze, anderthalb­minütige Andacht mit Mut machenden Worten auf unserem Anrufbeant­worter (Tel. 02103 45533)“, ergänzt Esther Pippig. „Wir haben die Gottesdien­ste nicht abgesagt, weil wir die Standards nicht hätten halten können. Aber bei den steigenden Zahlen ging es darum, vernünftig zu sein. Wir versuchen zudem, uns immer neu zu erfinden, wollen dabei aber verlässlic­h und authentisc­h bleiben“, betont

Nicole Hagemann. „Nur weil man uns nicht sieht, versuchen wir dennoch für die Gemeinde umfassend da zu sein.“Auch von ehrenamtli­chen Helfern betreute Treffs zum Austausch mit Kaffeetrin­ken oder Spielen sind weggefalle­n. Ab Weihnachte­n gab es mit der Ankündigun­g von Impfungen die Hoffnung, es würde alles neu. Aber jetzt wird klar, dass nur alles anders wird, aber nicht unbedingt besser.

„Gravierend waren die Einschnitt­e im ersten Lockdown bei Beerdigung­en. Ich erinnere mich, wo wir gerechnet haben, ob bei der Acht-Personen-Beschränku­ng wir noch die Enkel mit unterkrieg­en, oder ob diese unter freiem Himmel dann lediglich am Grab mit dabei sein konnten“, erzählt Nicole Hagemannk. Sie hält die aktuellen Bestimmung­en für menschenfr­eundlicher. Bei der spontan zugesagten Sterbebegl­eitung des ersten Corona-Patienten wird Nicole Hagemann dann nachdenkli­ch. „Natürlich habe ich zunächst an den Verstorben­en und dessen Angehörige gedacht. Aber dann habe ich auch an mich und meine Aufgaben gegenüber der gesamten Gemeinde gedacht“, so die Vorsitzend­e des Presbyteri­ums. Gespräche mit trauernden Angehörige­n könnten im Vorfeld von Bestattung­en im Gemeindeze­ntrum mit Abstand, Maske und bei geöffneten Fenstern geführt werden, Hausbesuch­e seien nicht möglich, so Esther Pippig: „Aber ich biete Telefonges­präche an, die jedoch wenig wahrgenomm­en werden. Corona-bedingt verschiebe­n sich aktuell Beerdigung­en um eine Woche nach hinten.“

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Pfarrerin Nicole Hagemann hat Corona-Patienten in ihren letzten Stunden begleitet.

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