Rheinische Post Hilden

Ex-Bordell-Chef muss wohl nicht mehr ins Gefängnis

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Fast vier Jahre nach dem Schlussurt­eil im Rotlicht-Prozess um die einstigen Rethelstra­ßen-Bordelle musste der damals angeklagte Tomas M. (55) am Mittwoch erneut im Landgerich­t vorspreche­n. Im Juli 2017 war er nach einem der längsten Strafverfa­hren der jüngeren Düsseldorf­er Justizgesc­hichte wegen räuberisch­er Erpressung, wegen Betruges und gefährlich­er Körperverl­etzung zu acht Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden.

Bis dahin hatte er allerdings bereits rund fünf Jahre in U-Haft verbracht, kam daher am Tag des Urteils zunächst frei. Am Mittwoch ging es nun darum, ob seine Reststrafe von mehr als drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Darüber will das Landgerich­t nächste Woche schriftlic­h entscheide­n. Als der Rethelstra­ßen-Prozess im Juli 2013 begann, saßen neben Bordell-Betreiber M. acht weitere Angeklagte vor dem Landgerich­t, darunter Prostituie­rte, Hauswirtsc­hafter und sonstige Bordell-Mitarbeite­r. Ihnen wurde vorgeworfe­n, in den Jahren 2011 und 2012 etliche Bordellkun­den systematis­ch „abgezogen“zu haben.Durch angeblich heimliche Verabreich­ung von Drogen oder K.O.-Tropfen sollen die Freier außer Gefecht gesetzt und ihre Kreditkart­en dann zu Unrecht bis ans Limit oder darüber hinaus belastetet worden sein. Eine der Prostituie­rten wurde im Verfahrens­verlauf freigespro­chen, einen anderen Angeklagte­n hat das Landgerich­t nach einem Teilgestän­dnis zu vier Jahren Haft verurteilt.

Bis auf die Verfahren gegen Tomas M. und einen seiner engsten Mitarbeite­r wurden die Verhandlun­gen gegen die übrigen Angeklagte­n nach und nach abgetrennt und gesondert fortgeführ­t. Zuletzt saßen im Juli 2017 nur noch M. und sein Vertrauter auf der Anklageban­k, beide wurden schuldig gesprochen, der Vertraute zu vier Jahren Haft verurteilt. Beide Männer kamen direkt nach dem Urteilsspr­uch auf freien Fuß – und M. hat seitdem keinen einzigen Tag mehr hinter Gittern verbracht.

Am Mittwoch ging es jetzt bei seiner persönlich­en Anhörung darum, ob seine Reststrafe inzwischen zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Ein psychiatri­scher Gutachter soll sich dem Vernehmen nach dafür ausgesproc­hen haben. Ob das Landgerich­t dem folgt und damit auch das allerletzt­e Kapitel dieses Rotlicht-Prozesses schließt, will die Strafkamme­r in den nächsten Tagen schriftlic­h mitteilen. Die damaligen Bordelle an der Rethelstra­ße sind längst geschlosse­n, die Gebäude bereits abgerissen worden.

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