Corona-Zahlen stagnieren trotz Lockdowns
Die Inzidenzwerte bleiben auch in Nordrhein-Westfalen oberhalb der kritischen Grenze von 50. In zwölf von 53 Städten und Kreisen des Landes steigen sie wieder. Experten vermuten als Ursache die Verbreitung der britischen Variante.
DÜSSELDORF Die Zahl der neuen Corona-Fälle in Deutschland ist erstmals seit Tagen wieder auf über 10.000 gestiegen. Die Gesundheitsämter meldeten am Donnerstag dem Robert-Koch-Institut (RKI) 10.207 Neuinfektionen. Auch der zuletzt eher rasche Rückgang bei den wöchentlichen Ansteckungen pro 100.000 Einwohnern ist beendet. Seit einigen Tagen verharrt die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland zwischen 57 und 59. Auf einem ähnlichen Niveau bewegen sich die entsprechenden Werte in Nordrhein-Westfalen. Dort sinken zwar die Zahlen in vielen Kreisen und Städten, darunter Mönchengladbach,
Krefeld und Remscheid, aber in zwölf der 53 Verwaltungsregionen des Landes breitet sich das Virus wieder stärker aus.
Viele Epidemiologen sehen in den aktuellen Zahlen bereits die Spur der neuen britischen Mutation B.1.1.7, die als viel ansteckender gilt als die alten Varianten. In Nordrhein-Westfalen lag der Anteil der neuen problematischen Varianten bei neun Prozent. Das sind jedoch Ergebnisse von Proben vom 27. Januar. Die tatsächliche Zahl dürfte jetzt deutlich höher liegen. So wurde die Mutation in Düsseldorf am Donnerstag schon bei 40 Prozent aller positiven Tests festgestellt, am Dienstag waren es noch 27 gewesen.
Ein lokaler Ausbruch der Pandemie in zwei Wohneinrichtungen für
Senioren führte im Kreis Heinsberg zu einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz von 53,6 (16. Februar) auf 65,3. Bei 16 Bewohnern der Einrichtungen wurde eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt, bei 14 handelte es sich um die britische Variante des Virus, wie die Kreisverwaltung mitteilte.
In Solingen meldete das städtische Gesundheitsamt zu Wochenbeginn sogar einen Wert von 112,4, bevor die Inzidenz jetzt wieder auf 103 fiel. Auch dort ist die britische Mutation nach Angaben der Stadtverwaltung auf dem Vormarsch.
Das uneinheitliche Bild der Infektionszahlen bereitet vielen Experten große Sorge, auch wenn einige warnen, vorschnelle Schlüsse zu ziehen. „Anhand der noch recht spärlichen und in der Breite der Erfassung noch sehr veränderlichen Daten ist derzeit noch keine seriöse Einschätzung möglich“, sagte der Modellrechner Jan Fuhrmann, der für das Forschungszentrum Jülich die Verbreitung der Pandemie regelmäßig untersucht.
Nach einer Simulationsrechnung des RKI könnte selbst bei konservativen Annahmen die Inzidenz Ende April wieder auf 61 steigen, wobei fast alle Neufälle auf den mutierten Erreger zurückzuführen wären. Dabei unterstellen die Epidemiologen des Instituts, dass die bisherigen Kontaktbeschränkungen bis dahin beibehalten werden. Würde zuvor gelockert, wären auch höhere Fallzahlen schnell möglich, eine dritte Welle wäre nicht auszuschließen.