,Steuerstarke Firmen gezielt nach Hilden locken’
Ökoworld-Chef Alfred Platow verwaltet ein Vermögen von 2,5 Milliarden Euro. Er gibt Tipps, wie Hilden seinen Etat in den Griff bekommen könnte.
HILDEN Alfred Platow hat die Vermögensberatung Ökoworld AG mit seinem Kollegen Klaus Odenthal in einer Garage in Hilden gegründet. Das Unternehmen ist mittlerweile 46 Jahre alt und mit seinen nachhaltigen Investments, die Ethik, Ökologie und soziale Aspekte im Angebot von Investmentfonds, Betrieblicher Altersversorgung und Rentenversicherungen in den Fokus stellen, auch für seine Kunden sehr erfolgreich. Ökoworld verwaltet aktuell mehr als 2,5 Milliarden Euro Kunden-Einlagen.
Herr Platow, wenn jemand etwas von Geld versteht, dann sind Sie es. Die Stadt Hilden schreibt tiefrote Zahlen. Im vergangenen Jahr gab die Stadt
7,5 Millionen Euro mehr aus, als sie einnahm. Corona wird noch mal rund 7,7 Millionen Euro zusätzlich kosten.Was würden sie als Bürgermeister tun?
PLATOW Wir sitzen im Itterpark und haben tolle Büros. Wenn man sich umschaut, stellt man fest, dass rund die Hälfte der Flächen leer steht. In anderen Gewerbegebieten sieht es auch nicht besser aus. Die Eigentümer (Immobilienfonds) haben offensichtlich nicht genug Interesse, sie zu vermieten. Da müsste die Stadt Hilden mehr tun und ein Konzept entwickeln.
Wie soll das aussehen?
Platow Erster Schritt: Alle Leerstände auflisten und die Eigentümer feststellen. Zweiter Schritt: Attraktive Firmen ausfindig machen und nach Hilden locken.
Was sind in Ihren Augen attraktive Firmen?
PLATOW Attraktiv sind Firmen, die viel Gewerbesteuer zahlen – und zwar in Hilden. In Hilden gibt es rund 3000 Betriebe und Unternehmen. Die meisten zahlen keine Gewerbesteuer. Etwa 100 Betriebe zahlen rund 50 Prozent des gesamten Gewerbesteuer-Aufkommens, die besten Zehn geschätzt 30 Prozent. Unser Unternehmen, die Ökoworld AG, hat seinen Börsen-Sitz in Hilden. Wir beschäftigen 31 Mitarbeiter und haben 2019 gut eine Million Euro Gewerbesteuer bezahlt. 2020 wird es noch deutlich mehr sein. Zum Vergleich: Das Biotech-Unternehmen Qiagen hat sein Hauptquartier zwar in Hilden, seinen Börsensitz aber in Frankfurt und New York.
Und wie wollen Sie die Unternehmen „locken“?
PLATOW So wie Bürgermeister Günter Scheib uns 2003 nach Hilden gelockt hat. Wir hatten damals rund 80 Mitarbeiter und saßen auf der Fichtestraße in Düsseldorf neben dem Zakk. Düsseldorf hatte einen Gewerbesteuer-Hebesatz von 480, Hilden von 420. Das war ein entscheidender Punkt. Deshalb darf Hilden seine Gewerbesteuer auf keinen Fall erhöhen, besser wäre senken.
Was hat noch eine Rolle gespielt? PLATOW Günter Scheib hat mich dreimal besucht und hatte noch Goodies dabei. Die Stadtwerke sollten an der Einfahrt der Liebigstraße (da sollten wir hin) eine Solaranlage als Torbogen bauen. Die Stadt wollte 100.000 Euro in unserem Fonds anlegen. Und wir sollten die Stadthalle fünfmal gratis für unsere Aktionärsversammlung nutzen können. Das haben wir dreimal genutzt. Die Solaranlage ist nicht gebaut worden. Was ich damit sagen will: Bei so einer Sache geht es nicht nur um Zahlen, sondern auch um Psychologie: Die umworbene Firma muss das Gefühl bekommen, mit dem Umzug nach Hilden einen Vorteil zu haben.
Wie findet man denn attraktive Firmen?
PLATOW Zeitung lesen, recherchieren, Creditreform fragen: Das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Wer hat im vergangenen Jahr besonders gut verdient? Fahrradhändler mit Elektro-Rädern beispielsweise. Dann muss man solche Firmen ausfindig machen und umwerben. Der Staat fördert E-Räder mit viel Geld. Wen und wie genau: Das muss die Wirtschaftsförderung aufbereiten, Unternehmen anbieten und es sich so zunutze machen.
Welche Extras könnte Hilden umsiedlungswilligen Firmen anbieten? PLATOW Etwa für jeden Mitarbeiter der neuen Firma eine Jahreskarte für das Hildorado/Waldbad. Das wird den Mitarbeitern so gefallen, dass ihre Firma ihnen das im zweiten Jahr spendiert. Oder eine Ladekarte für die E-Tankstellen der Stadtwerke Hilden für die ersten drei Jahre. Wenn man das mal durchrechnet, ist das gar nicht so viel Geld. Aber es vermittelt dem, der es bekommt, ein supergutes Gefühl. Damit könnte Hilden punkten. Eine verkehrsgünstig tolle Lage, viel Grün, eine attraktive Innenstadt – das alles hat Hilden ja schon. Hilden hat alle Möglichkeiten, muss aber mehr daraus machen.