Impfstoff-Freigabe statt Impfbeauftragtem
Wer gehofft hat, der Frühling bringe Entspannung in der Pandemie, wird ernüchtert: Der Vormarsch der britischen Mutante verhindert, dass die Infektionszahlen sinken. Das Robert-Koch-Institut warnt bereits vor einem Wendepunkt. Umso dringlicher ist es, dass die Impfungen Fahrt aufnehmen. Dass die Bundesregierung nun einen Impfbeauftragten einsetzt, ist allerdings mehr ein Akt der Hilflosigkeit. Das zeigt sich schon daran, dass der dafür ausgeguckte Christoph Krupp nicht etwa ein in der Pharmabranche vernetztes Schwergewicht ist, sondern der Chef einer braven Immobilienbehörde. Weggefährte von Olaf Scholz zu sein, kann kaum als einschlägige Qualifikation gelten. Dass der Beauftragte beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt ist, ist keine Beruhigung. Das Haus schafft es nicht einmal, für eine schnelle Auszahlung der Hilfsgelder an Firmen in Not zu sorgen.
Die Impfkampagne leidet nicht nur an den Lieferengpässen, sondern nun auch noch am Image-Problem von Astrazeneca. Auch wenn der Hersteller mit seinen Studien, in denen er kaum Ältere getestet hat, selbst den Rufschaden befördert hat, scheint die Aufregung um die Nebenwirkungen unnötig – sie sind spürbar wie erwartet. Und zwei Tage Fieber sollten bei sachlicher Risiko-Abwägung niemanden von dem lebensrettenden Piks abhalten. Wenn trotzdem viele Bürger den Impfstoff von Astrazeneca ablehnen, sollte der Staat ihn freigeben für alle, die die Bedenken nicht haben. Dabei muss man zunächst nicht mal die Impfverordnung umwerfen. In den Risikogruppen zwei und drei gibt es womöglich viele Polizisten, Erzieher, Lehrer, Lebensmittelhändler, die ein vorzeitiges Angebot gerne annehmen. Das Pandemie-Geschehen ist dynamisch, die Politik sollte es auch sein. Impfstoff auf Halde können wir uns gerade jetzt nicht leisten.
BERICHT DER MANN, DER ES RICHTEN SOLL, POLITIK