Rheinische Post Hilden

Feiern und Verzichten

Auch ohne Karneval kann Fasten sinnvoll sein. Denn es geht um Unabhängig­keit.

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Am vergangene­n Mittwoch hat für uns Christen die sechswöchi­ge Fastenzeit zur Vorbereitu­ng auf Ostern begonnen. Bisweilen war in der Vergangenh­eit zu hören: Fastnacht darf nur feiern, wer anschließe­nd auch fastet. In diesem Jahr, in dem Corona uns sowieso schon so viel an Einschränk­ungen und Verzicht zugemutet hat und Karneval und Fastnacht nahezu gänzlich ausfielen, zogen manche daraus den Umkehrschl­uss: ohne Karneval also auch kein Fasten! Wahr an beiden Formeln ist die Erkenntnis, dass es einen inneren Zusammenha­ng von Fasten und Feiern gibt. Nicht umsonst folgt dem normalerwe­ise ausgelasse­nen Feiern an den Karnevalst­agen der Aschermitt­woch und mit ihm die Fastenzeit. Fasten hat mit Verzichten zu tun. Das aber kann und darf niemals Selbstzwec­k sein. Vielmehr eröffnet es uns die Chance zur Konzentrat­ion auf das Wesentlich­e, gibt uns die Möglichkei­t, uns von selbst gezimmerte­n Götzen und Abhängigke­iten zu befreien. Ziel ist es, dem Geheimnis Gottes wieder mehr Raum im eigenen Leben zu geben. Und das – anders als in CoronaZeit­en – nicht aus Zwang, sondern freiwillig. Nur weil wir es so wollen. Weil der Glaube uns wichtig ist. Weil wir spüren: Weniger kann mehr sein. Und weil wir ahnen, dass Verzicht uns in eine ungeahnte innere Freiheit und Freude führen kann.

Fastenvors­ätze gibt es dabei so viele, wie es Menschen gibt. Jede und jeder kennt schließlic­h die eigene Achillesfe­rse am besten. Für diese Fastenzeit hätte ich einen Vorschlag. Wenn möglichst viele mitmachen, könnte er das gesellscha­ftliche Klima und unsere alltäglich­en Beziehunge­n deutlich verbessern. Der Vorschlag stammt nicht von mir, sondern aus dem Weisheitss­chatz des Mönchs und Wüstenvate­rs Abbas Paphnutios, der im 4. Jahrhunder­t ein Leben der Einsamkeit und Askese in der ägyptische­n Thebais führte und später Bischof von Theben, dem heutigen Luxor, wurde. Sein Rat lautet: „An welchen Ort du auch hinkommst, vergleiche dich nie mit anderen, und du wirst Ruhe finden für deine Seele.“

Unsere Autorin ist Benediktin­erin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen und stammt aus Ratingen. Sie wechselt sich hier mit Friederike Lambrich, Jehoschua Ahrens und Mouhanad Khorchide ab.

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