Minderheiten in Angst
Nach dem Militärputsch in Myanmar befürchten die Rohingya erneute Übergriffe.
NAYPYIDAW Die Proteste gegen den Militärputsch in Myanmar haben ein erstes Todesopfer gefordert. Eine 20 Jahre alte Studentin, der Einsatzkräfte am 9. Februar in der Hauptstadt Naypyidaw in den Kopf geschossen hatten, starb am Freitag an ihren schweren Verletzungen. Ihr Tod bedeutet eine neue Eskalationsstufe des Konflikts. Unklar bleibt, wie es für die festgehaltene, abgesetzte Politikerin Aung San Suu Kyi weitergeht. Unterdessen blockiert das Militär Informationskanäle. Verfolgte Minderheiten befürchten nun das Schlimmste – und hoffen auf Beistand aus dem Ausland.
Die Rede ist von einer Anklage wegen Hochverrats gegen die weggeputschte De-facto-Regierungschefin. Und würde Aung San Suu Kyi, die Anfang Februar durch das Militär festgenommen wurde, so ein Prozess gemacht, droht ihr die Todesstrafe. Der südostasiatische Staat Myanmar scheint am Beginn eines dunklen Kapitels zu stehen. Anfang des Monats erklärte das Militär, das sich in der Nacht zuvor an die Macht geputscht hatte, für ein Jahr den Ausnahmezustand. Politische Urteile sind damit mehr oder weniger offiziell möglich. Der Staatsrätin Aung San Suu Kyi, die für ihren friedlichen Demokratieaktivismus im Jahr 1991 den Friedensnobelpreis erhielt, werden die Militärs Wahlbetrug vor.
In großer Sorge sind die Minderheiten im Land. Im überwiegend buddhistischen Myanmar leiden insbesondere die muslimischen Rohingya im Westen des Landes unter Unterdrückung, Verfolgung und Morden. In der Folge sind in den letzten Jahren rund 750.000 Menschen ins benachbarte Bangladesch geflohen, wo sie bisher in Camps lebend auf Möglichkeiten zur Rückkehr nach Myanmar gehofft haben, nun aber dort auf eine neue Insel umgesiedelt werden.
Zwar hat die 2015 erstmals zur Staatsrätin gewählte Aung San Suu Kyi zum Umgang ihrer Regierung mit den Rohinyga weitgehend geschwiegen. Trotzdem dürfte die
Rücksiedlung nach Myanmar mit der Machtübernahme des Militärs nun noch schwieriger werden. Vielmehr steht zu befürchten, dass sich nun insbesondere für die Rohingya die Lage noch verschlechtern wird. Azeem Ibrahim, Direktor des US-amerikanischen Center for Global Policy und Autor eines Buchs über die Lage der Rohingya, erklärte am Dienstag, es sei damit zu rechnen, dass das Militär „macht, was es will“. Wenn die Militärs durch die Beseitigung ziviler Kräfte in der Regierung nun völlig unkontrolliert walten können, dann scheint weitere Unterdrückung nicht ausgeschlossen. Auch die Vereinten Nationen haben bereits Befürchtungen geäußert, die in diese Richtung gehen.
Ein Grund zur Hoffnung könnte in diesem Fall sein, dass das Ausland massiven Druck aufbauen könnte. Als Myanmar 2008 nach einem halben Jahrhundert der Militärdiktatur eine demokratische Verfassung verabschiedete, begannen Unternehmen aus diversen westlichen Staaten im Land zu investieren. Myanmar hat eine junge Bevölkerung mit niedrigen Lohnkosten, was das Land als Produktionsstandort attraktiv macht. Japan und China unterhielten dabei auch schon zu Zeiten der Militärdiktatur, also vor der Demokratisierung ab 2008, engere Beziehungen zu Myanmar.