Rheinische Post Hilden

Was der Impfstoff von Astrazenec­a kann

Das Pharma-Unternehme­n hat ein Imageprobl­em. Nun werben Gesundheit­sminister Spahn und Experten für den britischen Impfstoff. Zugleich entbrennt eine Debatte, das Vakzin freizugebe­n, wenn Risikogrup­pen es ablehnen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Seit dem 10. Februar steht der Impfstoff von Astrazenec­a auch in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Aber nicht alle wollen ihn haben: Bis zum 15. Februar waren mehr als 18.000 Termine mit ihm in den Impfzentre­n im Gebiet Nordrhein geplant. Doch rund 600 wurden nicht angenommen oder versäumt, was einer Ausfallquo­te von 3,4 Prozent entspricht. Bis Freitag hat das Land 309.600 Astrazenec­a-Dosen erhalten und davon 81.840 an die Zentren geliefert. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) wurden bislang aber erst 39.294 Astrazenec­a-Dosen in NRW verimpft. Allerdings erfolgt die Meldung an das RKI mit Zeitverzug.

Wie wirksam ist Astrazenec­a?

Alle bisher zugelassen­en Impfstoffe seien sehr gut – auch der von Astrazenec­a, betont der Virologe Christian Drosten. „Alle drei Impfstoffe sind sicher und wirksam“, sagt Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Astrazenec­a weist laut Zulassungs­studie je nach Dosierung eine Wirksamkei­t zwischen 62 und 90 Prozent auf. Tödliche Erkrankung­en konnten ganz verhindert werden, das wichtigste Ziel wird erreicht. Auch das Paul-Ehrlich-Instiut betont, der Astrazenec­a-Impfstoff sei „hochwirksa­m“. Im Vergleich zu mRNA-Impfstoffe­n schneidet das Vakzin aber schlechter ab. Biontech kommt auf 95 Prozent, Moderna auf 94,5 Prozent Wirksamkei­t.

Was ist bei Mutationen?

Bei der britischen Mutation hat das Vakzin laut Hersteller eine Wirksamkei­t von 75 Prozent. Das Problem ist die Südafrika-Mutante: Das Land hat die Impfung mit Astrazenec­a gestoppt. Hintergrun­d ist eine Studie der Uni Witwatersr­and, wonach die Wirksamkei­t bei leichten Erkrankung­en gering ist. Astrazenec­a geht aber davon aus, „dass unser Impfstoff

weiter vor schweren Erkrankung­en schützen wird“. Die Mutante ist aber für alle ein Problem. Eine Laborstudi­e deutet darauf hin, dass auch der Biontech-Impfstoff gegen diese Mutation zwei Drittel weniger effektiv wirkt. Dennoch sei der Impfstoff in der Lage, das Virus zu neutralisi­eren, heißt es.

Welchen Nebenwirku­ngen hat er?

„Impfreakti­onen treten nach der Gabe des Impfstoffs verhältnis­mäßig häufig auf“, erklärte das Paul-Ehrlich-Institut. Diese seien jedoch von kurzer Dauer und spiegelten in der Regel die normale Immunantwo­rt des Körpers wider. Derzeit seien die gemeldeten Reaktionen so wie erwartet, erklärte Astrazenec­a. Dazu gehörten vorübergeh­end etwa Fieber, Kopf- und Muskelschm­erzen sowie Schmerzen an der Einstichst­elle.

Was kann er besser als andere?

Der Vorteil bei Astrezence­a ist, dass der

Impfstoff nicht wie der von Biontech tiefgekühl­t werden muss. Das macht es grundsätzl­ich möglich, Astrazenec­a auch in Praxen und später in Unternehme­n zu impfen. Anders als der kurz vor der Zulassung stehende andere Vektorimpf­stoff, der von Johnson & Johnson, sind bei Astrazence­a aber zwei Dosen nötig. Astrazenec­a-Impfstoff ist günstiger als der von Biontech.

Kann man Astrazence­a nicht freigeben?

Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) regt an, das Vakzin an Impfwillig­e weiterzuge­ben. Auch der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach schlägt vor, Astrazenec­a „sofort allen Mitglieder­n der drei Prioritäts­gruppen“anzubieten. Die Impfzentre­n hätten dafür die Kapazität. NRW will den Impfstoff aber nicht freigeben: „Das ist nicht geplant, denn die Impfungen der ersten Priorisier­ungsgruppe laufen noch“, erklärte das Gesundheit­sministeri­um.

 ?? FOTO: DANNY LAWSON/PA WIRE/DPA ??
FOTO: DANNY LAWSON/PA WIRE/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany