Rheinische Post Hilden

„Nicht der homosexuel­le Spieler ist das Problem“

Borussia Dortmund fordert klare Grenzen gegen homophobe Hetzer. Der Bayern-Präsident will Vorurteile abbauen.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R

DÜSSELDORF Das Thema Homosexual­ität im Fußball ist durch den Appell „Ihr könnt auf uns zählen!“von mehr als 800 deutschen Fußballpro­fis so präsent wie lange nicht mehr. In der Aktion des Magazins „11Freunde“setzen die Sportler ein starkes Zeichen. Denn in den deutschen Profiligen gibt es bis heute keinen offen homosexuel­len Fußballer. Aber reichen solche Solidaritä­tszusagen aus, um im Fußballumf­eld ein besseres Klima für homosexuel­le Profis zu schaffen? Was können Vereine tun? Rekordmeis­ter FC Bayern München hat da eine klare Linie: Über alle Abteilunge­n,

Altersgrup­pen und Sportarten hinweg ein stabiles, vertrauens­volles Umfeld zu schaffen, das eine freie Persönlich­keitsentfa­ltung ermögliche, und Sicherheit und Zuwendung biete, sagt Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern.

„Es ist nicht unsere Aufgabe, eine Spielerin oder einen Spieler zu ermutigen, ihre und seine sexuelle Orientieru­ng öffentlich zu leben. Das ist eine Entscheidu­ng, die jede und jeder für sich selbst treffen muss, und selbstvers­tändlich werden wir als Verein unsere Sportlerin­nen und Sportler dann in ihrer und seiner persönlich­en Entscheidu­ng unterstütz­en“, sagt der Bayern-Präsident. „Wir müssen es in der Gesellscha­ft

hinbekomme­n, dass ein Klima entsteht, in dem man niemanden ermutigen muss.“

Diese Haltung vertritt man auch bei Borussia Dortmund: Es stehe das Bedürfnis des Betroffene­n an erster Stelle und nicht die persönlich­e Einschätzu­ng eines anderen, teilte der BVB mit. Im Fußball habe sich in den vergangene­n Jahren viel mehr Bewusstsei­n für die wichtigen Themen wie Rassismus, Antisemiti­smus und auch Homophobie entwickelt „und die Solidaritä­t wäre sicherlich sehr groß. Der BVB würde sich hinter jeden Spieler stellen, auch wenn er ein anderes Trikot trägt.“

Die Angst vor Anfeindung­en schreckt viele Menschen aber immernoch von einem Coming-out ab. Genau in dieser Debatte zeige sich das eigentlich­e Problem, heißt es von Borussia Dortmund: „Nicht der homosexuel­le Spieler, der sich outet, ist das Problem, sondern die Person, die ihn anfeindet. Es muss vielmehr darum gehen, wie man angemessen auf Anfeindung­en reagiert und nicht darum, ob sich jemand outet oder nicht.“Man müsse Anfeindung­en zur Anzeige bringen, die Justiz müsse klare Grenzen setzen.

Die beiden Top-Klubs sind sich ihrer Strahlkraf­t bewusst. Wenn sie und ihre Spieler sich gegen Homophobie positionie­ren, hat das auch Einfluss auf die Fankurve und bringt nicht nur Anhänger zum Nachdenken. Borussia Dortmund ist einer der Modellstan­dorte eines bundesweit­en Projektes für sexuelle Vielfalt im Fußball. „Dadurch lernen wir viel und können die richtigen strukturel­len Voraussetz­ungen schaffen und ausbauen“, so der BVB. Auch beim FC Bayern beschäftig­t man sich intensiv mit dem Thema – in Zusammenar­beit mit den Pädagogen des eigenen Campus. „Wir wissen, dass homophobe Bemerkunge­n oder Einstellun­gen sehr oft mit Unsicherhe­it und Unwissenhe­it verbunden sind. Da setzen wir an. Das ist unsere Aufgabe: Diese Unsicherhe­it und Unwissenhe­it abzubauen, wenn wir sie bemerken’“, sagt Hainer.

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