„Nicht der homosexuelle Spieler ist das Problem“
Borussia Dortmund fordert klare Grenzen gegen homophobe Hetzer. Der Bayern-Präsident will Vorurteile abbauen.
DÜSSELDORF Das Thema Homosexualität im Fußball ist durch den Appell „Ihr könnt auf uns zählen!“von mehr als 800 deutschen Fußballprofis so präsent wie lange nicht mehr. In der Aktion des Magazins „11Freunde“setzen die Sportler ein starkes Zeichen. Denn in den deutschen Profiligen gibt es bis heute keinen offen homosexuellen Fußballer. Aber reichen solche Solidaritätszusagen aus, um im Fußballumfeld ein besseres Klima für homosexuelle Profis zu schaffen? Was können Vereine tun? Rekordmeister FC Bayern München hat da eine klare Linie: Über alle Abteilungen,
Altersgruppen und Sportarten hinweg ein stabiles, vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, das eine freie Persönlichkeitsentfaltung ermögliche, und Sicherheit und Zuwendung biete, sagt Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern.
„Es ist nicht unsere Aufgabe, eine Spielerin oder einen Spieler zu ermutigen, ihre und seine sexuelle Orientierung öffentlich zu leben. Das ist eine Entscheidung, die jede und jeder für sich selbst treffen muss, und selbstverständlich werden wir als Verein unsere Sportlerinnen und Sportler dann in ihrer und seiner persönlichen Entscheidung unterstützen“, sagt der Bayern-Präsident. „Wir müssen es in der Gesellschaft
hinbekommen, dass ein Klima entsteht, in dem man niemanden ermutigen muss.“
Diese Haltung vertritt man auch bei Borussia Dortmund: Es stehe das Bedürfnis des Betroffenen an erster Stelle und nicht die persönliche Einschätzung eines anderen, teilte der BVB mit. Im Fußball habe sich in den vergangenen Jahren viel mehr Bewusstsein für die wichtigen Themen wie Rassismus, Antisemitismus und auch Homophobie entwickelt „und die Solidarität wäre sicherlich sehr groß. Der BVB würde sich hinter jeden Spieler stellen, auch wenn er ein anderes Trikot trägt.“
Die Angst vor Anfeindungen schreckt viele Menschen aber immernoch von einem Coming-out ab. Genau in dieser Debatte zeige sich das eigentliche Problem, heißt es von Borussia Dortmund: „Nicht der homosexuelle Spieler, der sich outet, ist das Problem, sondern die Person, die ihn anfeindet. Es muss vielmehr darum gehen, wie man angemessen auf Anfeindungen reagiert und nicht darum, ob sich jemand outet oder nicht.“Man müsse Anfeindungen zur Anzeige bringen, die Justiz müsse klare Grenzen setzen.
Die beiden Top-Klubs sind sich ihrer Strahlkraft bewusst. Wenn sie und ihre Spieler sich gegen Homophobie positionieren, hat das auch Einfluss auf die Fankurve und bringt nicht nur Anhänger zum Nachdenken. Borussia Dortmund ist einer der Modellstandorte eines bundesweiten Projektes für sexuelle Vielfalt im Fußball. „Dadurch lernen wir viel und können die richtigen strukturellen Voraussetzungen schaffen und ausbauen“, so der BVB. Auch beim FC Bayern beschäftigt man sich intensiv mit dem Thema – in Zusammenarbeit mit den Pädagogen des eigenen Campus. „Wir wissen, dass homophobe Bemerkungen oder Einstellungen sehr oft mit Unsicherheit und Unwissenheit verbunden sind. Da setzen wir an. Das ist unsere Aufgabe: Diese Unsicherheit und Unwissenheit abzubauen, wenn wir sie bemerken’“, sagt Hainer.