Rheinische Post Hilden

Einzimmerw­ohnung statt Atelier

Wie hat sich der Alltag von Studierend­en durch Corona verändert? Joshua Poschinski hat sich bei Kommiliton­en umgehört. Das erste Pandemiepo­rträt dreht sich um einen Kunststude­nten, der einen Weg gefunden hat, sich weiter kreativ auszuleben.

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Rund 83 Millionen Einwohner bedeuten ebenso viele individuel­le Schicksale, verschiede­ne Lebensumst­ände und damit unterschie­dliche Einschnitt­e in das eigene Leben, den Alltag. Knapp drei Millionen Menschen sind in diesem Winterseme­ster in Deutschlan­d immatrikul­iert. Was hat sich durch die Pandemie verändert?

Jeremie Pamphile studiert an der Kunstakade­mie in Düsseldorf. Er ist im achten Semester, lebt in einer kleinen Einzimmerw­ohnung und hört am liebsten Jazz. „Jazz Fusion aus den 80ern“, um genau zu sein. Vieles habe sich schon verändert, erzählt er, als das Thema Alltag zur Sprache kommt. Die Akademie habe geschlosse­n, und da er lange kein Atelier hatte, musste er alles zu Hause machen: arbeiten, studieren, leben. „Das hat mich am Anfang ein bisschen genervt.“Es habe ihm vieles erschwert, auch wenn er die Schließung für wichtig hält. „Ich bin auch schizophre­n“, fügt er in einem Nebensatz ganz gelassen hinzu. Lange erzählt er davon – was das für ihn bedeutet, und wie er damit umgeht. Als ich ihn danach frage, ob er sicher sei, dass das gedruckt werden soll, erwidert er: „Klar, was ist schlimm daran? Das war für mich am Anfang hart, so viel alleine zu Hause zu sein. Wenn die Normalität aus den Fugen gerät und zunächst niemand so recht weiß, was überhaupt gerade passiert. Das hat mich Anfang letzten Jahres zugegebene­rmaßen etwas aus der Bahn geworfen.“

Er habe sich nun aber an die Situation gewöhnt, sagt er, der Ruhe könne er auch etwas abverlange­n.

Kurz wirkt er verhalten, er wolle den Ernst der Lage nicht heruntersp­ielen. Weil ich ihn aber danach frage, erzählt er mir weiter: „Ich habe seit April nicht mehr getrunken. Das hilft mir und meiner Krankheit.“Die Versuchung sei einfach nicht mehr da, Alkohol sei so tief in der Gesellscha­ft verankert, dass es zu „normalen“Zeiten, also vor der Pandemie, schwierig war, beim Ausgehen oder bei Treffen mit Freunden davon fernzublei­ben. „Ich habe einen Weg gefunden, mit der aktuellen Situation umzugehen. Ich kanalisier­e meine Kreativitä­t auf’s Internet und bin da jetzt viel aktiver als früher“, sagt er. In so einer skurrilen Zeit versuche ich mich mit Hoffnung auseinande­rzusetzen. Ich will von positiven Geschichte­n erzählen.“

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FOTO: PRIVAT Joshua Poschinski studiert Germanisti­k und Politikwis­senschafte­n in Düsseldorf an der HHU.

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