Sieben Legenden
Vor allem um die Düsseldorfer Altstadt ranken sich Sagen. Wir haben einige gesammelt.
DÜSSELDORF In Düsseldorf wimmelt es von Sagen und Legenden, Ammenmärchen und Geschichten, die über die Jahre immer mal wieder ein bisschen abgeändert wurden. Mal sind es Fehler bei der Überlieferung, mal wurden die Erzählungen einfach ein bisschen ausgeschmückt. Jedenfalls gibt es eine Menge Stoff, der auch bei Führungen von Düsseldorf Tourismus im Mittelpunkt steht. Wir haben einige Legenden herausgesucht, die jeder Düsseldorfer kennen sollte.
St. Lambertus
Um die ehrwürdige Kirche inmitten der Altstadt ranken sich einige Legenden. Dabei geht es stets um den gezwirbelten Turm. In einer Geschichte drehte sich die Spitze aus Scham, weil eine Braut vor dem Altar stand und beteuerte, Jungfrau zu sein – was sie aber nicht war. Der Turm wird erst dann wieder seine eigentlich gerade Form annehmen, wenn endlich wieder eine Düsseldorfer Jungfrau in St. Lambertus heiratet. Darauf wartet die Stadt nun seit mehr als 200 Jahren.
Bei Führungen durch die Altstadt sprechen die Experten von Düsseldorf Tourismus aber auch gern vom schiefen Turm von Sankt Lambertus, den der Teufel so zugerichtet habe. Als die Lehren Luthers und Calvins auch in der Landeshauptstadt immer mehr Anhänger gewannen und die Stiftskirche in deren Hände fiel, da soll der Teufel sich gefreut haben. Er dachte, die von der katholischen Lehre Abgefallenen würden bald allen Glauben verlieren und ihm zur Beute werden. Doch einige Jahre später wurden die katholischen Gebräuche in der Lambertuskirche wieder eingeführt. Da geriet der Teufel in große Wut, packte den Turm an der Spitze und wollte ihn ausreißen. Das gelang ihm aber nicht, er hinterließ lediglich einen gedrehten Turmhelm.
Sicher ist, dass die ungewöhnliche Dachform des wohl ältesten Bauwerks der Kernstadt erst 1815 entstanden ist. Eingeweiht wurde die Kirche 1394, nach einem Brand vor knapp 200 Jahren musste die Turmspitze erneuert werden. Vermutlich wurde dazu feuchtes Holz verwendet, kurze Zeit später verzog sich das Holz und die Kirche erhielt so die bekannte Drehung im Dach.
Radschläger Auf Gullydeckeln sind sie zu sehen und auf Brunnen, sie sind Türklopfer oder klassische Skulpturen, sogar ein Markt wurde nach ihnen benannt. Überall in der Stadt gibt es die Radschläger, sie sind seit jeher ein Wahrzeichen Düsseldorf. Wie es dazu kam, geht zurück auf das Jahr 1288. Nach der Schlacht von Worringen zog Graf Adolf von Berg mit seinen Gefährten und dem gefangenen Erzbischof Siegfried von Köln vom Floß auf dem Rhein ans Ufer. Eine Schar Jungen kam gelaufen, voller Neugier auf die Rüstungen und Waffen. Der hohe Herr schnitt ein saures Gesicht. Da sprach Graf Adolf sie lachend an und sagte: „Wisst ihr nichts Lustiges, ihr Rabauken?“Die Jungen fingen an, auf Händen zu laufen und das Rad zu schlagen. Und seit dieer Zeit pflegen die Kinder in Düsseldorf Rad zu schlagen – vor Freunden wie Fremden.
Jan Wellem
Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus steht das Denkmal des Kurfürsten Jan Wellem. Dass es für die Erschaffung des Reiterstandbildes mehrere Versuche brauchte, wissen allerdings nur die wenigsten. Weil das Material nicht ganz ausreichte, war der Guss für das Denkmal einmal verunglückt. Und man zweifelte, ob das Reiterstandbild beim zweiten Versuch gelingen würde. Das Erz war schon geschmolzen, als der Lehrling erklärte, es sei noch nicht genug Metall, um die Form zu füllen.
Sogleich begann er zu sammeln, bei den Zuschauern auf dem Marktplatz und rundherum. In seiner Schürze nahm er alles auf und warf es in den Schmelzkessel. Der Meister Grupello war wenig begeistert vom Einsatz seines Lehrlings und gab ihm eine Ohrfeige. Bald musste er aber feststellen, dass der Guss ganz so war, wie er sein sollte. Ohne das beherzte Eingreifen des Gießerjungen wäre das Denkmal wieder verunglückt. Zum Dank bildete Grupello den Lehrling in Erz ab, wie er die Gaben in seine Schürze sammelte. Er steht nur wenige Schritte von Jan Wellem entfernt.
Frauensteine Auf einer kleinen Anhöhe im Aaper Wald soll sich ein geheimnisvolles Kraftfeld befinden: eine Ansammlung urzeitlicher Steine mit Ritzungen. Gleich drei verschiedene Sagen gibt es zu diesen sogenannten Frauensteinen. Die erste geht zurück auf die Zeit der Germanen, als der „Ur-Rhein“bei einer gewaltigen Überschwemmung das Land überflutete, die Menschen flüchten mussten auf die Höhen des Aaper Waldes und dort aus Steinen einen Altar bauten. Auf dem opferte eine Priesterin ihr schneeweißes Lieblingspferd, um Wotan zu bewegen, die Fluten zu bannen.
Die zweite Sage erzählt von weiß gekleideten Hohepriesterinnen der Germanen, die bei heidnischen Opferfesten Zaubersprüche formuliert haben sollen. Der Opferaltar aus Steinen sei dann bei der Christianisierung auseinandergerissen worden, was erklären würde, dass die Steinbrocken daliegen, als seien sie von einem Riesen geschleudert worden. Die dritte Legende erzählt von den „Wiewerkes“, demnach wurden sieben Frauen nach einem Richterspruch in Steine verwandelt.
Menhir An der Ecke Alte Landstraße/Zeppenheimer Weg ragt ein zwei Meter hoher Steinbrocken aus der Erde, als hätte Obelix dort gerastet und einen seiner Hinkelsteine vergessen. Der Menhir (Keltisch für langer Stein) dürfte aus der Jungsteinzeit (5000 bis 1800 vor Christus) stammen und damit das älteste Kulturdenkmal in Düsseldorf sein. In christlicher Zeit galten diese Steine als heidnische Stätten. Deshalb vermuten Historiker, dass aus diesem Grund gegenüber des Steins im Jahr 1078 die Georgskirche errichtet wurde – um die heidnischen Kräfte abzuwehren, die dem Stein innewohnen. Lange glaubte man auch, dass der Stein blutet, wenn man ihn anritzt, und sich um Mitternacht im Kreis dreht.
Stadtplan Graf Adolf von Berg soll auch den ersten Stadtplan Düsseldorfs erstellt haben. Ihm gefiel das Dörfchen sehr – die Düssel floss ringsherum. Er ließ ein Brett kommen und darauf kratzte er den Plan zur Festung und Stadt. Als die Kölner davon erfuhren, lachten und spotteten sie: „So wenig wie aus einem Stück Holz ein Baum wachsen kann, so wenig wird ein Dorf je zur Stadt werden.“
Blitzableiter Heute gehören sie an jedes hohe Gebäude, es gab aber eine Zeit, da waren sie wenig beliebt: Blitzableiter. Nach dem Glauben der heidnischen Vorfahren entstanden Gewitter dadurch, dass Donar seinen steinernen Hammer als Donnerkeil durch die Luft schleudert. In der 1812 eingeschmolzenen Glocke von St. Lambertus aus dem 17. Jahrhundert war eine Inschrift zu lesen: „Lambertus heiße ich, die Lebenden rufe ich, die Toten begrabe ich, die Ungewitter vertreibe ich.“
Kurfürst Karl Theodor ließ 1781 Schloss und öffentliche Gebäude mit Blitzableitern versehen. Daraufhin gab es einen Aufruhr. Jahrelang wurden Blitzableiter deshalb durch Wachen geschützt.