Rheinische Post Hilden

Sieben Legenden

Vor allem um die Düsseldorf­er Altstadt ranken sich Sagen. Wir haben einige gesammelt.

- VON NICOLE KAMPE

DÜSSELDORF In Düsseldorf wimmelt es von Sagen und Legenden, Ammenmärch­en und Geschichte­n, die über die Jahre immer mal wieder ein bisschen abgeändert wurden. Mal sind es Fehler bei der Überliefer­ung, mal wurden die Erzählunge­n einfach ein bisschen ausgeschmü­ckt. Jedenfalls gibt es eine Menge Stoff, der auch bei Führungen von Düsseldorf Tourismus im Mittelpunk­t steht. Wir haben einige Legenden herausgesu­cht, die jeder Düsseldorf­er kennen sollte.

St. Lambertus

Um die ehrwürdige Kirche inmitten der Altstadt ranken sich einige Legenden. Dabei geht es stets um den gezwirbelt­en Turm. In einer Geschichte drehte sich die Spitze aus Scham, weil eine Braut vor dem Altar stand und beteuerte, Jungfrau zu sein – was sie aber nicht war. Der Turm wird erst dann wieder seine eigentlich gerade Form annehmen, wenn endlich wieder eine Düsseldorf­er Jungfrau in St. Lambertus heiratet. Darauf wartet die Stadt nun seit mehr als 200 Jahren.

Bei Führungen durch die Altstadt sprechen die Experten von Düsseldorf Tourismus aber auch gern vom schiefen Turm von Sankt Lambertus, den der Teufel so zugerichte­t habe. Als die Lehren Luthers und Calvins auch in der Landeshaup­tstadt immer mehr Anhänger gewannen und die Stiftskirc­he in deren Hände fiel, da soll der Teufel sich gefreut haben. Er dachte, die von der katholisch­en Lehre Abgefallen­en würden bald allen Glauben verlieren und ihm zur Beute werden. Doch einige Jahre später wurden die katholisch­en Gebräuche in der Lambertusk­irche wieder eingeführt. Da geriet der Teufel in große Wut, packte den Turm an der Spitze und wollte ihn ausreißen. Das gelang ihm aber nicht, er hinterließ lediglich einen gedrehten Turmhelm.

Sicher ist, dass die ungewöhnli­che Dachform des wohl ältesten Bauwerks der Kernstadt erst 1815 entstanden ist. Eingeweiht wurde die Kirche 1394, nach einem Brand vor knapp 200 Jahren musste die Turmspitze erneuert werden. Vermutlich wurde dazu feuchtes Holz verwendet, kurze Zeit später verzog sich das Holz und die Kirche erhielt so die bekannte Drehung im Dach.

Radschläge­r Auf Gullydecke­ln sind sie zu sehen und auf Brunnen, sie sind Türklopfer oder klassische Skulpturen, sogar ein Markt wurde nach ihnen benannt. Überall in der Stadt gibt es die Radschläge­r, sie sind seit jeher ein Wahrzeiche­n Düsseldorf. Wie es dazu kam, geht zurück auf das Jahr 1288. Nach der Schlacht von Worringen zog Graf Adolf von Berg mit seinen Gefährten und dem gefangenen Erzbischof Siegfried von Köln vom Floß auf dem Rhein ans Ufer. Eine Schar Jungen kam gelaufen, voller Neugier auf die Rüstungen und Waffen. Der hohe Herr schnitt ein saures Gesicht. Da sprach Graf Adolf sie lachend an und sagte: „Wisst ihr nichts Lustiges, ihr Rabauken?“Die Jungen fingen an, auf Händen zu laufen und das Rad zu schlagen. Und seit dieer Zeit pflegen die Kinder in Düsseldorf Rad zu schlagen – vor Freunden wie Fremden.

Jan Wellem

Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus steht das Denkmal des Kurfürsten Jan Wellem. Dass es für die Erschaffun­g des Reiterstan­dbildes mehrere Versuche brauchte, wissen allerdings nur die wenigsten. Weil das Material nicht ganz ausreichte, war der Guss für das Denkmal einmal verunglück­t. Und man zweifelte, ob das Reiterstan­dbild beim zweiten Versuch gelingen würde. Das Erz war schon geschmolze­n, als der Lehrling erklärte, es sei noch nicht genug Metall, um die Form zu füllen.

Sogleich begann er zu sammeln, bei den Zuschauern auf dem Marktplatz und rundherum. In seiner Schürze nahm er alles auf und warf es in den Schmelzkes­sel. Der Meister Grupello war wenig begeistert vom Einsatz seines Lehrlings und gab ihm eine Ohrfeige. Bald musste er aber feststelle­n, dass der Guss ganz so war, wie er sein sollte. Ohne das beherzte Eingreifen des Gießerjung­en wäre das Denkmal wieder verunglück­t. Zum Dank bildete Grupello den Lehrling in Erz ab, wie er die Gaben in seine Schürze sammelte. Er steht nur wenige Schritte von Jan Wellem entfernt.

Frauenstei­ne Auf einer kleinen Anhöhe im Aaper Wald soll sich ein geheimnisv­olles Kraftfeld befinden: eine Ansammlung urzeitlich­er Steine mit Ritzungen. Gleich drei verschiede­ne Sagen gibt es zu diesen sogenannte­n Frauenstei­nen. Die erste geht zurück auf die Zeit der Germanen, als der „Ur-Rhein“bei einer gewaltigen Überschwem­mung das Land überflutet­e, die Menschen flüchten mussten auf die Höhen des Aaper Waldes und dort aus Steinen einen Altar bauten. Auf dem opferte eine Priesterin ihr schneeweiß­es Lieblingsp­ferd, um Wotan zu bewegen, die Fluten zu bannen.

Die zweite Sage erzählt von weiß gekleidete­n Hohepriest­erinnen der Germanen, die bei heidnische­n Opferfeste­n Zaubersprü­che formuliert haben sollen. Der Opferaltar aus Steinen sei dann bei der Christiani­sierung auseinande­rgerissen worden, was erklären würde, dass die Steinbrock­en daliegen, als seien sie von einem Riesen geschleude­rt worden. Die dritte Legende erzählt von den „Wiewerkes“, demnach wurden sieben Frauen nach einem Richterspr­uch in Steine verwandelt.

Menhir An der Ecke Alte Landstraße/Zeppenheim­er Weg ragt ein zwei Meter hoher Steinbrock­en aus der Erde, als hätte Obelix dort gerastet und einen seiner Hinkelstei­ne vergessen. Der Menhir (Keltisch für langer Stein) dürfte aus der Jungsteinz­eit (5000 bis 1800 vor Christus) stammen und damit das älteste Kulturdenk­mal in Düsseldorf sein. In christlich­er Zeit galten diese Steine als heidnische Stätten. Deshalb vermuten Historiker, dass aus diesem Grund gegenüber des Steins im Jahr 1078 die Georgskirc­he errichtet wurde – um die heidnische­n Kräfte abzuwehren, die dem Stein innewohnen. Lange glaubte man auch, dass der Stein blutet, wenn man ihn anritzt, und sich um Mitternach­t im Kreis dreht.

Stadtplan Graf Adolf von Berg soll auch den ersten Stadtplan Düsseldorf­s erstellt haben. Ihm gefiel das Dörfchen sehr – die Düssel floss ringsherum. Er ließ ein Brett kommen und darauf kratzte er den Plan zur Festung und Stadt. Als die Kölner davon erfuhren, lachten und spotteten sie: „So wenig wie aus einem Stück Holz ein Baum wachsen kann, so wenig wird ein Dorf je zur Stadt werden.“

Blitzablei­ter Heute gehören sie an jedes hohe Gebäude, es gab aber eine Zeit, da waren sie wenig beliebt: Blitzablei­ter. Nach dem Glauben der heidnische­n Vorfahren entstanden Gewitter dadurch, dass Donar seinen steinernen Hammer als Donnerkeil durch die Luft schleudert. In der 1812 eingeschmo­lzenen Glocke von St. Lambertus aus dem 17. Jahrhunder­t war eine Inschrift zu lesen: „Lambertus heiße ich, die Lebenden rufe ich, die Toten begrabe ich, die Ungewitter vertreibe ich.“

Kurfürst Karl Theodor ließ 1781 Schloss und öffentlich­e Gebäude mit Blitzablei­tern versehen. Daraufhin gab es einen Aufruhr. Jahrelang wurden Blitzablei­ter deshalb durch Wachen geschützt.

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RP-FOTOS (2): NIKA Vom Rheinufer aus ist die eingedreht­e Turmspitze von St. Lambertus sehr deutlich zu sehen.
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Auf dem Burgplatz in der Altstadt steht der Brunnen, auf dem zwei Jungen Rad schlagen.
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RP-FOTO: END Weil das Erz nicht reichte, verunglück­te der Guss für das Reiterstan­dbild für Jan Wellem beim ersten Versuch.
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RP-FOTO: HJBA Weiß gekleidete Hohepriest­erinnen sollen den Altar gebaut haben, der von den Christen zerstört wurde.

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