Rheinische Post Hilden

Restaurant serviert Menü im Wohnmobil

Sebastian Schinköthe vom Karl’s tischt trotz Lockdown mehrgängig­e Menüs auf. Der Trick: Die Gäste speisen 50 Meter weiter.

- VON HOLGER LODAHL

PEMPELFORT Der Frust war groß bei Sebastian Schinköthe: Der 36-Jährige führt als Betriebsle­iter das Restaurant­s Karl’s, das wegen der Maßnahmen gegen das Coronaviru­s im November ebenso schließen musste wie alle Lokale. „Da haben wir zuerst versucht, ein To-go-Geschäft aufzubauen“, sagt er. „Aber es hat sich nicht gelohnt. Auf Dauer hätten wir kräftig draufgezah­lt.“

Eine Weile gab sich der Koch einer kleinen Sinnkrise hin. Was sei schon ein Koch, wenn er nicht kochen darf? Außerdem trägt er auch die Verantwort­ung für seine Servicekrä­fte, einen Auszubilde­nden und drei Köche. Einem Freund war die schlechte Laune von Sebastian Schinköthe bald zu viel. Er bot ihm sein Wohnmobil an. „Den alten Fiat könnt ihr haben“, sagte er. „Macht was draus!“

„Das war wie ein Klaps auf den Hinterkopf“, erzählt Schinköthe, der auf die Idee kam, das kleine, 27 Jahre alte Wohnmobil wie einen ausgelager­ten Restaurant-Tisch zu nutzen. „Wir kochen, die Gäste sitzen im Wohnmobil und wir bringen die Speisen und Getränke – eigentlich ganz easy“, sagt er. Schnell war eine erste Speisefolg­e aufgestell­t. „Mit 0 km/h durch Fernost“heißt sie und bietet Burrata im Karotten-Orangen-Nest, Tom Kha Gai von der Jakobsmusc­hel, Dumplings mit Beef und Gambas sowie Lammrücken und final ein Dessert mit Pistazie. Alles flott aufgeschri­eben für die sozialen Medien und schon ging es los. „Wir haben eine so große Nachfrage nicht erwartet. Das ging total durch die Decke“, erinnert sich der Koch. Schnell waren viele Termine (je einer abends pro Wochentag, zwei Termine an den Wochenendt­agen) ausgebucht. „Unsere Kochleiden­schaft war wieder geweckt. Endlich wieder kreativ in der Küche arbeiten, endlich wieder mit Gästen sprechen – toll!“Inzwischen gibt es auch ein zweites Menü mit französisc­hen Speisen.

Gut zwei Stunden können sich die Gäste Zeit nehmen für das Essen. Sie sitzen allein im Wohnmobil, das gut 50 Meter entfernt auf einem Parkplatz gegenüber von Karl’s Restaurant

steht. Diese Distanz muss eingehalte­n werden, um die aktuellen Corona-Regeln einhalten zu können. Sind die Gäste mit einem Gang fertig oder haben sie sonst einen Wunsch, klingeln sie per Funk, sodass die Köche im Karl’s schnell den nächsten Gang zubereiten und ihn abgedeckt zum Wohnmobil bringen und überreiche­n – kontaktlos, versteht sich. Die Gäste selbst dürften nur aus einem Haushalt stammen, „meist sind es Ehepaare, die sich endlich wieder ein gutes Essen außer Haus gönnen möchten“, sagt Sebastian Schinköthe. Ihm liegen schon Anfragen für April vor, obwohl die Möglichkei­t besteht, dass das Restaurant im April wieder öffnen kann. „Aber beides parallel werden wir wohl nicht machen können.“Theoretisc­h könnte das Karl’s-Team noch ein weiteres Wohnmobil bewirten oder einen Termin mehr pro Tag annehmen. „Aber das würde für die Gäste schon wieder bedeuten, dass sie zeitlich eingeschrä­nkt sind. Das wollen wir nicht – Druck gibt es im Moment ja genug im Alltag.“

Zwischen 109 und 149 Euro kostet ein Menü im Wohnmobil – je nach Anzahl der Gäste (maximal drei Personen) und Weinbeglei­tung. Diese Einnahmen reichen freilich nicht, um das Karl’s auf Dauer zu retten – erst recht nicht, wenn das alte Fiat-Wohnmobil wie kürzlich seinen Geist aufgibt. Da musste das Gefährt in Reparatur und ein anderes wurde gemietet. „Trotzdem ist das eine Win-Win-Sache: Wir können endlich wieder kochen und die Gäste haben einen schönen Abend.“

Info Karl’s Restaurant, Schloßstra­ße 82, Telefon 0211 98465380, www.karls-restaurant.de

 ?? RP-FOTO: A. BRETZ ?? Sebastian Schinköthe vom Restaurant Karl’s bietet Menüs im Wohnmobil vor dem Restaurant an.
RP-FOTO: A. BRETZ Sebastian Schinköthe vom Restaurant Karl’s bietet Menüs im Wohnmobil vor dem Restaurant an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany