Rheinische Post Hilden

Zwischen Malta, Düsseldorf und Dortmund

Anna Schudt ist im neuen „Tatort“zu sehen, der den Titel „Heile Welt“trägt. Die gibt es bei Schudt zu Hause beim Spielen mit der Familie.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF Den Schnee in Düsseldorf hat sie verpasst. Anna Schudt meldet sich telefonisc­h aus Malta, wo sie gerade zwei Wochen verbrachte. „Ich war froh, dem deutschen Winter zu entfliehen, der ja sonst eher düster und schmuddeli­g ist“, sagt sie. Warum Malta? Die milde Sonne am Mittelmeer lieferte die passende Kulisse für die Dreharbeit­en zur dritten Staffel der Fernsehser­ie „Das Boot“, produziert vom Bezahlsend­er Sky. Welche Rolle hat Schudt in dem von Männern dominierte­n Kriegsdram­a? „Die allerbeste natürlich“, sagt sie und lacht. „Tatsächlic­h kommen nur wenige weibliche Figuren vor, aber die nehmen dafür einen besonderen Stellenwer­t ein.“Sie spielt die Ehefrau des deutschen Botschafte­rs in Lissabon. „Eine Society-Lady, modern und ein bisschen anarchisch“, beschreibt sie. „Mit dem Talent, sich von jedem Kuchen das größte Stück abzuschnei­den, ohne dabei unsympathi­sch zu wirken. Es wäre gar nicht so schlecht, ein wenig wie sie zu sein.“

In Malta werden viele Filme produziert, in denen das Meer von Bedeutung ist. Eine ganze Industrie ist dort entstanden, mit riesigen Tanks für Schiffe, maritimes Equipment und Anschluss an die offene See. In Lissabon sind die Arbeitsbed­ingungen wegen Corona derzeit nicht günstig. Deshalb wurde auch der in der Botschaft angesiedel­te Strang mit Anna Schudt auf der Insel gedreht. Einfach sei das nicht gewesen, erzählt sie. „Man kam schwer rein. Ein hochkompli­zierter Akt, Leute aus der ganzen Welt herzuholen, dazu brauchte es viel logistisch­es Potenzial. Doch wenn man erst mal da war, konnte man sich sicher fühlen.“

Seit ein paar Tagen ist sie wieder daheim und in Quarantäne, macht Homeschool­ing mit ihren Söhnen, neun und acht Jahre alt. Eine geduldige Lehrerin, aber froh, „dass meine Kinder noch so klein sind und ich sie bei ihren Aufgaben mühelos unterstütz­en kann. Insgesamt ist es aber eine Zumutung, für alle. Besonders für Eltern, die nicht wie wir Zeit und die erforderli­che Kapazität haben.“

Bei der Betreuung wechselt sie sich mit ihrem Mann Moritz Führmann ab. Wie Anna Schudt ist der Schauspiel­er sehr gefragt und dreht viel fürs Fernsehen. Zuletzt hatte er eine Hauptrolle in „Mirella Schulze rettet die Welt“, eine „DramedySer­ie“für TV Now. „Wir achten darauf, dass sich unser beider Abwesenhei­t von zu Hause möglichst wenig überschnei­det“, sagt sie.

Am Sonntag jedenfalls sind sie vereint, wenn eine neue „Tatort“-Folge mit Anna Schudt als Dortmunder Kommissari­n Martina Bönisch gezeigt wird. In „Heile Welt“geht es um Rassismus, Polizeigew­alt und die Gefahr von Manipulati­onen im Internet, „ein sehr spannendes Thema“. Sie sei zwar fasziniert von den

Möglichkei­ten und Perspektiv­en im Netz, aber nur selten virtuell unterwegs. „Ich will lieber mit den Leuten sprechen und sie sehen“, sagt sie. Ohnehin dominiert der Computer im Hause Führmann-Schudt das Familienle­ben nicht. Umso mehr wird gemeinsam gespielt.

„Heile Welt“ist auch eine Art Premiere. Nach dem Ausscheide­n von Aylin Tezel tritt mit Stefanie Reinsperge­r die neue Ermittleri­n Rosa

Herzog an. „Sie ist jung, hat einen schweren Unfall überstande­n und schaut bei der Arbeit ganz genau hin“, sagt Anna Schudt. „Wir anderen sind ihr wohlgesonn­en.“

Düsseldorf­s Theatergän­ger kennen Stefanie Reinsperge­r. Die Österreich­erin blieb vor allem als kraftvolle Medea am Schauspiel­haus im Gedächtnis, wechselte von dort 2014 ans Wiener Burgtheate­r. Von April bis Juli dreht das Dortmunder Team zwei weitere „Tatorte“, bei 17 Folgen war Anna Schudt seit 2012 dabei. „Ich könnte stundenlan­g davon erzählen“, kommentier­t sie, „sagen wir einfach, es ist eine aufregende Rolle.“

Für 2021 ist der Terminkale­nder der Schauspiel­erin gut gefüllt. Im Herbst freut sie sich auf die Verfilmung von „Laufen“, Isabel Bogdan schrieb die Romanvorla­ge. Anna Schudt spielt eine Cellistin, die durch den Tod ihres Mannes aus der Bahn geworfen wird. Auch wenn sie sich – anders als viele Kollegen – um ihre Karriere keine Sorgen machen muss: Setzt ihr die Pandemie mit allen ihren Auswirkung­en und Einschränk­ungen zu? „Nein“, antwortet sie. „Ich will mich deshalb nicht unter Stress setzen lassen. Nach einem Jahr sollten wir uns langsam damit abfinden, dass Corona unter uns ist und wir damit leben müssen.“Es werde Zeit, sich mit der Endlichkei­t zu beschäftig­en, und den Gedanken an den Tod, wie es speziell die Deutschen gerne tun, nicht immer nur zu verbannen. Ihre Haltung ist klar: „Mich treiben hauptsächl­ich die einzelnen Schicksale um, die Menschen, die ihrer Existenz beraubt sind. Und weniger das, was mir persönlich eventuell fehlt.“

 ?? FOTO: MARTIN MENKE/WDR/BAVARIA FICTION GMBH/DPA ?? Anna Schudt und Jörg Hartmann bei den Dreharbeit­en zum „Tatort: Heile Welt“.
FOTO: MARTIN MENKE/WDR/BAVARIA FICTION GMBH/DPA Anna Schudt und Jörg Hartmann bei den Dreharbeit­en zum „Tatort: Heile Welt“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany