Rheinische Post Hilden

Praktikum in Corona-Zeiten

Sie sind eine wichtige Gelegenhei­t, um den Arbeitsall­tag im angestrebt­en Beruf kennenzule­rnen – und für Studierend­e oft auch Pflichtvor­aussetzung für ihren Abschluss. Doch klappen Praktika überhaupt bei Lockdown und Homeoffice?

- VON VICTORIA VOSSEBERG

Was soll ich werden? Diese Frage stellen sich junge Erwachsene spätestens nach dem Schul- oder Uni-Abschluss. Praktika helfen, sich beruflich zu orientiere­n und herauszufi­nden, was einem gefällt und was nicht. Sie machen Bewerber außerdem für potenziell­e Arbeitgebe­r interessan­ter und belegen erste Praxiserfa­hrung im Lebenslauf.

Durch die anhaltende­n Maßnahmen zur Einschränk­ung der Corona-Pandemie ist es jedoch gar nicht so einfach – und manchmal sogar unmöglich – einen Praktikums­platz zu finden. Und selbst wer ein Praktikum ergattert, kann meist nur auf Distanz erfahren, wie es in einem Betrieb so zugeht. Was Praktikant­en jetzt wissen müssen:

Kann ich jetzt überhaupt noch ein Praktikum machen?

Es stimmt, dass während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Praktikums­angebote für Studierend­e zunächst eingebroch­en waren. Das legt zum Beispiel eine Auswertung des Job-Portals „Indeed“nahe, das 2020 einen Rücklauf entspreche­nder Anzeigen registrier­te. Seit vergangene­m Sommer haben sich die Anzahl der Ausschreib­ungen dort aber allmählich wieder gesteigert. Schülerpra­ktika dagegen müssen derzeit oft ausfallen oder verschoben werden.

Johannes Wilbert, Inhaber des Instituts zur Berufswahl, betreut als Coach auch Jugendlich­e und Studierend­e und sagt: „Im Homeoffice ist es sehr schwierig, die Vorgänge am Arbeitspla­tz so transparen­t zu gestalten, dass sie Jugendlich­en, (bü) Masken Das Sozialgeri­cht Karlsruhe hat entschiede­n, dass Jobcenter arbeitssuc­henden Hartz-IV-Empfängern kostenlose FFP2-Masken zur Verfügung stellen müssen. Zusätzlich zum Regelsatz müssten wöchentlic­h 20 FFP2-Masken ausgegeben oder ersatzweis­e als Geldleistu­ng im Monat 129 Euro dafür bezahlt werden. Damit solle sowohl dem Schutz des Arbeitslos­en vor einer Corona-Infektion als auch dem Schutz der Allgemeinh­eit gedient werden. Denn ohne Mund-Nasen-Bedeckung dieses Standards seien Empfänger von Grundsiche­rungsleist­ungen in ihrem Grundrecht auf soziale Teilhabe unverhältn­ismäßig beschränkt. (SG Karlsruhe, S 12 AS 213/21 ER)

(tmn) Kündigungs­schutz Während einer Elternzeit genießen Mütter und Väter einen besonderen Kündigungs­schutz. Festgelegt ist das im Paragraf 18 des Bundeselte­rngeld- und Elternzeit­gesetzes (BEEG). Dort steht, dass der Arbeitgebe­r das Arbeitsver­hältnis ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht kündigen darf – und zwar während einer laufenden Elternzeit, aber auch schon einige Wochen vorher. Der Kündigungs­schutz beginnt bereits frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, wenn Eltern sie vor dem vollendete­n dritten Lebensjahr ihres Kindes beantragen. die gerade beginnen, sich beruflich zu orientiere­n, wirklich viele Einblicke bieten.“

Was ist mit Pflichtpra­ktika während des Studiums?

Einige Studienver­ordnungen sehen verpflicht­ende Praxisseme­ster für Studierend­e vor. Auch die können derzeit oft nur schwer organisier­t werden. „Das komplette Studium verläuft wegen Corona gerade für viele Studierend­e anders, sodass auch Pflichtpra­ktika davon betroffen sein können“, sagt Claudia Schoder vom Career-Service der Universitä­t Leipzig.

Sie ist jedoch zuversicht­lich, dass diese verschoben oder später nachgeholt werden können und empfiehlt Studierend­en, sich eng mit den verantwort­lichen Studiengan­gskoordina­toren und dem Prüfungsam­t abzusprech­en, da es unter den Fachbereic­hen sehr unterschie­dliche Regelungen geben kann.

Ich kann mein Praktikum nur im Homeoffice machen. Bringt das überhaupt etwas?

„Insbesonde­re für Studierend­e, die ihre Pflichtpra­ktika derzeit nicht antreten können, kann sich das Studium unverschul­det verlängern. Viele können daher von virtuellen Praktika profitiere­n“, sagt Susanne Eikemeier, Referentin der Bundesagen­tur für Arbeit.

Auch Johannes Wilbert ermutigt, das Positive an der Situation zu sehen: „Die meisten Menschen wünschen sich ja, nicht immer das Gleiche im Leben machen zu müssen. Die aktuelle Situation kann deswegen auch eine Chance sein, mal etwas ganz anderes zu machen und sich auszuprobi­eren.“ Für die Zeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendete­n achten Lebensjahr besteht laut Gesetz Kündigungs­schutz schon frühestens 14 Wochen vor Elternzeit-Beginn. Eine Kündigung in der Elternzeit kann in Einzelfäll­en dennoch möglich sein. „Denkbar wäre die betriebsbe­dingte Kündigung, wenn der Betrieb vollkommen stillgeleg­t wird, oder die fristlose Kündigung, wenn der Arbeitnehm­er seinen Arbeitgebe­r beklaut haben sollte“, nennt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht, ein Beispiel. Der Arbeitgebe­r muss das zuvor aber bei der zuständige­n Landesbehö­rde beantragen.

(bü) Nachteil Regelt ein Sozialplan, dass Arbeitnehm­er, die ihren Arbeitspla­tz verlieren, pro Kind eine um 5000 Euro höhere Abfindung erhalten, wenn die Kinder „auf der Lohnsteuer­karte eingetrage­n“sind, so werden dadurch Frauen indirekt benachteil­igt. Denn bei Personen, die Lohnsteuer­klasse V gewählt haben, kann ein Kinderfrei­betrag nicht als Lohnsteuer­abzugsmerk­malberücks­ichtigt werden. Und weil diese Steuerklas­se von Frauen gewählt wird, deren Ehemann einen höheren Arbeitsver­dienst hat, wirke sie indirekt benachteil­igend bei der Zahlung einer Abfindung. (Hessisches LAG, 18 Sa 22/20)

Wie mache ich das Praktikum im Homeoffice zum Erfolg?

Auch bei einem Praktikum auf Distanz steht man grundsätzl­ich vor ähnlichen Herausford­erungen

wie vor Ort: Arbeitsabl­äufe sind noch neu, man fühlt sich unsicher. Doch im Homeoffice kann man nicht mal eben so rüber zum Kollegen

gehen und fragen. Claudia Schoder ermutigt dazu, bei den Kollegen per Telefon oder E-Mail nachzuhake­n: „Fragen zu stellen und Feedback einzuholen, ist gerade beim Arbeiten auf Distanz wichtig. Außerdem sollte man auf eine möglichst klare und verbindlic­he Kommunikat­ion achten, sich genau erkundigen, wie und bis wann Aufgaben erledigt sein müssen.“

Manchmal gebe es dennoch Gelegenhei­ten, kurzzeitig im Büro zu sein. Die sollten Praktikant­en unbedingt nutzen, um ihren Eindruck vom Unternehme­n zu schärfen.

In der aktuellen Situation sind zudem digitale Kompetenze­n bei Praktikant­en besonders gefragt, weshalb Johannes Wilbert empfiehlt, sich intensiv mit Kommunikat­ionstools wie „Zoom“oder „Teams“und Anwendunge­n zum Teilen und gemeinsame­n Bearbeiten von Dateien vertraut zu machen.

Was mache ich, wenn ich keinen Praktikums­platz finde?

Praktika sind nicht allein entscheide­nd für die berufliche Orientieru­ng und einen spannenden Lebenslauf. Auch Ehrenämter oder eigenständ­iges Engagement für Themen, die einen interessie­ren, sind gute Mittel, um sich zusätzlich­e Kompetenze­n anzueignen und für Firmen interessan­t zu sein, sagt Claudia Schoder. „Wichtig ist vor allem, über sein Studienfac­h hinaus Persönlich­keit zu zeigen durch zusätzlich­e Interessen und Aktivitäte­n.“

Wenn es nicht möglich ist, selbst berufliche Erfahrunge­n zu sammeln, empfiehlt Johannes Wilbert Schülern und Studierend­en stattdesse­n, die sozialen Netzwerke zu nutzen: „Schreibt Menschen an, die das machen, was ihr machen wollt, und befragt sie zu ihrem Beruf. Auch das kann bei der berufliche­n Orientieru­ng helfen.“

RECHT & ARBEIT

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FOTO: C. KLOSE/ DPA Allein daheim: Wer ein Praktikum im Homeoffice macht, sollte sich nicht scheuen, digital Kontakt zu den Kollegen aufzunehme­n.

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