Rheinische Post Hilden

Mieterbund übt scharfe Kritik an Wohnungspo­litik

Die „Wohnraumof­fensive“habe ihre Ziele verfehlt. Nach einer neuen Studie verfügen Mieter im Schnitt über 35 Quadratmet­er.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Deutsche Mieterbund hat Bund und Länder aufgeforde­rt, in Zukunft deutlich mehr in den Bau neuer Sozialwohn­ungen zu investiere­n. „Die Bilanz der Wohnraumof­fensive ist nicht gut. So wird das selbst gesetzte, nicht einmal sonderlich ambitionie­rte Hauptziel, in der laufenden Legislatur­periode 1,5 Millionen Wohnungen zu schaffen, deutlich verfehlt“, sagte der Präsident des Mieterbund­es, Lukas Siebenkott­en.

„Und das, was gebaut wurde, ist für viele Menschen nicht bezahlbar“, fügte er hinzu.

Bundesbaum­inister Horst Seehofer (CSU), Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) wollen am Dienstag eine Bilanz ihrer „Wohnraumof­fensive“ziehen. Sie war vor zwei Jahren begonnen worden, um die Wohnungskn­appheit in vielen Städten zu bekämpfen. Die Zahl der fertiggest­ellten Wohnungen ist in den vergangene­n beiden Jahren zwar leicht gestiegen, die Summe von 1,5 Millionen wurde aber nicht erreicht. Nach Darstellun­g des Mieterbund­s dreht sich auch deshalb die Mietenspir­ale nach oben.

„Obwohl in dieser Situation der Bau neuer Wohnungen, die man nur mit Wohnberech­tigungssch­ein anmieten kann, das Gebot der Stunde wäre, wurden davon pro Jahr nur etwa 25.000 fertiggest­ellt, während gleichzeit­ig jeweils etwa 60.000 Wohnungen wegen des

Auslaufens entspreche­nder Bindungen ihren Sozialwohn­ungscharak­ter verloren“, erklärte Siebenkott­en. „Im Ergebnis wird die Zahl der Sozialwohn­ungen immer kleiner und liegt inzwischen bei nur noch gut 1,1 Millionen, während sie in den 80er-Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts noch bei nahezu drei Millionen lag“, sagte Siebenkott­en. „Wir fordern neben der effektiven Beschränku­ng der Umwandlung von Miet- in Eigentumsw­ohnungen ein soziales Bodenrecht, das die ungezügelt­e

in die Hauptstadt, um sich Wissen und Einfluss zu sichern.

Hört man sich in seinem Umfeld nach den engsten Vertrauten um, fällt meist zuerst der Name Alexander Dobrindt, Landesgrup­penchef der CSU. Das ist keineswegs selbstvers­tändlich. In den Jahren vor 2018 war das Verhältnis eher von Feindschaf­t denn Freundscha­ft geprägt. Heute lassen Söder und Dobrindt keine Gelegenhei­t aus, um vor laufenden Kameras ihre exzellente Zusammenar­beit zu betonen. „Ich kenne kaum jemand, der so tief in der Sache ist, der so innovativ ist im Finden von Lösungen“, schwärmte Söder bei der CSU-Neujahrskl­ausur Anfang Januar in Berlin. Es wäre aber naiv zu glauben, dass das gegenseiti­ge Lob nur aus Sympathie resultiert. „Sie sind echte Profis und brauchen sich gegenseiti­g“, sagt einer, der beide gut kennt. Söder und Dobrindt sitzen für die CSU zu zweit im Koalitions­ausschuss. Will man Interessen platzieren, muss man strategisc­h vorgehen. Man müsse „sich blind aufeinande­r verlassen können“, sagt Söder über die Zusammenar­beit im Koalitions­ausschuss.

Zu Söders engsten Kontakten zählen auch Dorothee Bär und Florian Hahn. Als Digital-Staatsmini­sterin ist Bär im Kanzleramt angesiedel­t und sitzt im Bundeskabi­nett. Dort „kriegt sie Dinge mit“, hört man aus CSU-Kreisen. Damit ist Bär eine wichtige Quelle. Zudem gibt sich der CSU-Vorsitzend­e gerne als Modernisie­rer: Will er der Partei ein jüngeres, weiblicher­es Gesicht geben, braucht er Leute wie Dorothee Bär. Sie gilt auch als Kandidatin für mögliche Parteipost­en nach der Bundestags­wahl.

Florian Hahn ist europapoli­tischer Sprecher der Unionsfrak­tion – und deckt in Zeiten europäisch­er Impfstoffb­eschaffung und Grenzkontr­ollen ein wichtiges Themenfeld ab. Der stellvertr­etende Generalsek­retär gilt schon lange als enger Söder-Verbündete­r. Schließlic­h gehörte er auf dem Höhepunkt des Machtkampf­s zwischen Horst Seehofer und Söder zu jenen CSUKreisun­d Ortsvorsit­zenden, die offen Seehofers Rückzug forderten.

Apropos Seehofer: Bemerkensw­ert ist, dass unter den Verbündete­n die Namen der CSU-Bundesmini­ster fehlen. Nach langer Gegnerscha­ft Explosion der Baulandpre­ise stoppt, und deutlich mehr bezahlbare­n Wohnraum.“

Nach einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist die Wohnfläche pro Kopf seit 1990 um 34 Prozent gestiegen. Sie wuchs zuletzt aber deutlich langsamer – vor allem, weil sie unter Mietern seit 2010 stagnierte. In Großstädte­n ist die Wohnfläche pro Mieter sogar rückläufig. Mieter verfügen im Schnitt pro Kopf über 35 Quadratmet­er, Eigentümer über 48.

sei das Verhältnis zu Innenminis­ter Seehofer heute zwar „entspannte­r“als früher und die Zusammenar­beit unproblema­tisch, hört man aus CSU-Präsidiums­kreisen. Von Einigkeit ist aber auch keine Rede. Bei der Frage, ob es ein gutes Verhältnis zu Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer gebe, fällt die Antwort knapp aus: weniger! Den Namen von Entwicklun­gsminister Gerd Müller, der seinen politische­n Rückzug bereits angekündig­t hat, hört man in Verbindung mit Söder gar nicht.

Die Kanäle nach Berlin sind wichtig. Am liebsten ist es Söder aber doch, wenn er selbst aus der Hauptstadt kommunizie­ren kann. Da kam dem bayerische­n Regierungs­chef der Vorsitz der Ministerpr­äsidentenk­onferenz (MPK) während der Corona-Krise, der Söder turnusmäßi­g zufiel, sehr gelegen. Gnadenlos nutze er die bundesweit­e Sichtbarke­it bei den Pressekonf­erenzen neben der Bundeskanz­lerin aus, sagt einer, der Söders Kommunikat­ionsfähigk­eit bewundert. Zugleich baue er schnell neue Netzwerke auf. Im Kreis der Ministerpr­äsidenten gilt die „junge Garde“der CDU-Amtskolleg­en Michael Kretschmer (Sachsen), Daniel Günther (Schleswig-Holstein) und Tobias Hans (Saarland) als diejenigen, mit denen Markus Söder besonders gut kann. Er sei ein „absoluter Profi“darin, Chancen wie die wichtige Rolle der MPK während der Pandemie für sich persönlich zu nutzen. Ob Söder diese Fähigkeit am Ende zur Kanzlerkan­didatur führt, liege nicht alleine in seiner Hand – auch das sagt ein Vertrauter. Das liege vor allem bei der großen Schwester CDU.

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