Stadt erwägt Sperrung des Rheinufers
Die Promenade und der Carlsplatz waren überfüllt. Die Stadtspitze kritisiert die Polizei wegen fehlender Einsatzkräfte.
DÜSSELDORF Menschenmengen am Rheinufer haben am Wochenende zu vielen Corona-kritischen Begegnungen geführt. „Das waren angesichts der Pandemie absolut unhaltbare Zustände“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller am Sonntagnachmittag. Die Stadtspitze erwägt jetzt die Sperrung der Rheinuferpromenade bei schönem Wetter, wenn viele Besucher zu erwarten sind. Auch der Carlsplatz, wo sich ab Samstagmittag wieder die Menschen knubbelten, soll zu gewissen Zeiten gesperrt werden. Die Entscheidung soll am Montag fallen.
Vor einer Woche noch Eis und Schnee, jetzt Frühlingsgefühle bei fast 20 Grad. Für viele Menschen in der Stadt hieß das: Raus an die frische Luft und das Leben genießen. Dies führte am Samstag bereits an vielen Orten zu Gedrängel. Am Burgplatz wurde am Sonntagmittag die Freitreppe geräumt und abgesperrt. Auch an anderen Stellen in der Stadt passten die Ansammlungen nicht zu den Regeln der Corona-Schutzverordnung, die einzuhalten angesichts der sich ausbreitenden Virusmutationen besonders wichtig ist. Der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) kam angesichts der Massen kaum hinterher, die Streifen sprachen immer wieder Menschen an und ermahnten sie. Die Mitarbeiter leiteten am Samstag mehr als 150 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, meist wegen Ansammlungsverstößen im Bereich der Altstadt, der Rheinuferpromenade und am Joseph-Beuys-Ufer. Am Sonntag waren es bis 17 Uhr 78 Verfahren.
An der Rheinuferpromenade setzte sich am Samstagabend das Treiben vom Sommer fort. Die ersten Auto-Poser rückten an, Nachbarn filmten Gruppen, die über die Promenade zogen und teils Lärm machten. „Es war hier am späten Abend die Hölle los“, berichtet FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die im Viertel wohnt. Stadtspitze und Polizei hätten das erste schöne Wochenende verschlafen, sagt die Liberale. Die Situation sei absolut erwartbar gewesen, so Strack-Zimmermann, die vor allem den Polizeipräsidenten kritisiert. „Es geht hier um das Pandemieschutzgesetz, dessen Einhaltung muss die Polizei durchsetzen.“
Die Polizei stellt das Geschehen am Samstag komplett anders dar. Ab 19 Uhr sei man in der Altstadt präsent gewesen, habe auch mittels Lautsprecherdurchsagen darauf hingewirkt, dass sich die Menschen an die Corona-Schutzverordnung halten sollen. „Natürlich waren sehr viele Personen unterwegs, es gab aber keinerlei Aggressionen, und die allermeisten haben sich vernünftig verhalten“, sagt ein Sprecher. Die relativ geringe Zahl von nur zehn Maßnahmen, die die Polizei durchzuführen hatte, unterstreiche diese Einschätzung. Die Stadtspitze äußert jedoch ebenfalls Kritik. Man habe vorige Woche mehrfach gebeten, die Hundertschaft einzusetzen, dies sei abgelehnt worden. Man halte dies für einen schweren Fehler der Polizeiführung.
Aber nicht nur im Zentrum, auch andernorts herrschte Andrang. Ziemlich voll war es am Sonntag im und rund um den Grafenberger Wald. Zu den vielen Spaziergängern,
Radfahrern und Joggern gesellten sich auch noch jede Menge Reiter, sodass ausreichend Abstand halten kaum möglich war. Eine lange Schlange bildet sich vor dem Eiswagen am Kopf der Fahneburgstraße. Und eine fast noch längere auf dem Gelände der Galopprennbahn, wo eine Bude Kaffee und Kuchen anbot.
Ähnliche Szenen gab es am Benrather Rheinufer, rund ums Schloss und in Urdenbach. „Wir sind extra zum Schlosspark gekommen, weil es sich hier nicht ganz so doll knubbelt wie in der Altstadt und am Rheinufer“, sagten Sarah Conen und Andreas Kruppa, die in Derendorf
leben. Sie hatten den Australien Shepherd „Buddy“mitgebracht. „Ein Tag wie dieser ist Balsam für die Seele, aber man muss mit Blick auf die Mutationen trotzdem vernünftig bleiben und dabei helfen, keine dritte Welle zu provozieren“, sagte die 31-jährige Software-Entwicklerin, die seit elf Monaten im Home-Office arbeitet und auch deshalb „jede freie Minute an der frischen Luft genießt“.
Wie voll es rund um den Unterbacher See sein würde, konnte bereits bei der Fahrt auf die Parkplätze erahnt werden. Als hätten die Freibäder geöffnet, reihten sich die Autos