Stadt will Haaner beim Bauen bevorzugen
Etwa 100 Wohneinheiten sollen auf dem Gelände des ehemaligen Gruitener Bürgerhauses entstehen. Sechs Reihenhäuser will die Stadt dabei gezielt an Einheimische abgeben. Die Kriterien dafür soll der Stadtrat erarbeiten.
HAAN In der Stadt Erkelenz wird momentan heftig über ein Bau-Vorrecht für Einheimische diskutiert. Für Bauland gibt es dort lange Bewerberlisten. Weil Ortsansässige angeblich oft gegenüber Zugezogenen auf der Strecke bleiben, wollen die Erkelenzer Grünen sie künftig bei der Vergabe von Bauplätzen bevorzugen.
Eine ähnliche Debatte könnte es bald auch in Haan geben, nur dass hier keine Partei, sondern die Stadt selber Einheimischen künftig einen Vorteil verschaffen möchte – und zwar bei der Vermarktung des Geländes rund um das ehemalige Bürgerhaus Gruiten.
Das bereits lange zuvor geschlossene Bürgerhaus an der Düsselberger Straße war im Frühjahr 2019 abgerissen worden. Dort sollen jetzt etwa 100 Wohneinheiten entstehen, teilweise preisgedämpft. Doch die Parteien im Stadtrat hatten sich auch noch andere Kriterien gewünscht, an die sich Investoren halten sollen, wenn sie den Zuschlag für das Gelände bekommen möchten. Sie reichen von Barrierefreiheit über einen Nachbarschaftstreff bis hin zu klimaschonender und nachhaltiger Bauweise.
Im Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften, Kultur, Städtepartnerschaften und Tourismus überraschte Torsten Rekindt von der städtischen Bauverwaltung jetzt mit der Ankündigung, all diese Wünsche könne man am besten organisatorisch umsetzen, indem man das Areal in drei Baufelder aufteile und getrennt vermarkte. „Wir halten das schlicht für effektiver und erhoffen uns mehr Investoren, die sich für mindestens eines dieser Teile interessieren”, sagte er.
Dem Wunsch der Stadt zufolge sollen die Baufelder relativ zeitgleich entstehen und wie folgt aussehen:
- Im ersten Bereich soll es nach dem beschlossenen Bebauungsplan bis zu 68 Wohneinheiten geben, wovon etwa 31 Wohnungen zwingend im geförderten Wohnungsbau errichtet werden müssen. Die restlichen können aufgeteilt als Eigentumsund Mietwohnungen entstehen. Ein Teil davon soll preisgedämpft sein.
- Im zweiten Bereich sind 30 Wohneinheiten möglich. Der Bau von Räumlichkeiten für „Veranstaltungen,
Nachbarschaftstreff, Begegnung der Generationen“ist ein wesentliches Kriterium, das ein Investor erfüllen müsste. Auch ein höherer Anteil an Eigentumswohnungen ist zu berücksichtigen, damit auf das Gesamtareal bezogen ausreichend Eigentumswohnungen entstehen. Öffentlich geförderter oder preisgedämpfter Wohnraum können in diesem Baufeld nicht zusätzlich gefordert werden.
- Das dritte Baufeld möchte die Stadt nicht nur selbst erschließen, sondern auch in Eigenregie vermarkten. Es handelt sich um zwei Blöcke mit jeweils drei Reihenhäusern. „Dieses Baufeld eignet sich für ein Einheimischenmodell, um jungen Familien den Erwerb eines Einfamilienhauses zu ermöglichen”, betont Torsten Rekindt. Für die Vermarktung der Grundstücke durch die Stadt direkt an die Enderwerber soll es einen Kriterienkatalog geben. Wer die einzelnen Grundstücke bekommt, muss dann jeweils der Stadtrat beschließen.
Spannend dürfte sein, welche Kriterien letzten Endes für die jeweiligen
Baugrund-Bewerber festgesetzt werden. Reicht es aus, wenn man lediglich in Haan wohnt? Andere Städte haben ihr Einheimischen-Modell auch an die finanziellen Verhältnisse der Bewerber gekoppelt. Düsseldorf plant im Stadtteil Gerresheim Wohnungen für Menschen in systemrelevanten Berufen. Und im westfälischen Halle gilt als ein wesentliches Kriterium für den Zuschlag beim Bauland, dass der Bewerber ein Ehrenamt mit sozialer Komponente in der Stadt ausübt.
In den kommenden Wochen wird das Thema die Politik noch weiter beschäftigen. Denn im Ausschuss wurde jetzt noch kein Beschluss gefasst. Die SPD meldete Beratungsbedarf an. Für die CDU wies Annette Braun-Kohl darauf hin, dass Haan schon einmal – beim Wiedenhofgelände – eine Variante mit Bevorzugung Einheimischer verfolgt habe: „Meines Wissens sind solche Verfahren aber bei der EU in die Kritik geraten.” Auch andere betonten, man müsse genau aufpassen, dass es nicht plötzlich heiße: „Haan diskriminiert einen Teil seiner Bewerber.“
Die Grundstückskäufer müssen dem Plan der Stadt zufolge mit dem Grundstückserwerb zeitgleich einen Bauträgervertrag schließen. Die Politik soll in einem parallelen Beteiligungsprozess die Verkaufskriterien festlegen.