Rheinische Post Hilden

Spurensuch­e im Kopf

Die Neuroradio­logie macht mehr als nur Bilder vom Gehirn. Mit differenzi­erten Methoden löst sie auch Rätsel wie unbestimmt­e Kopfschmer­zen.

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Unser Leser Ulf K. (47) aus Erkelenz fragt: „Wegen meiner chronische­n Kopfschmer­zen hat mich mein Hausarzt zum Radiologen geschickt. Warum denn das?“

Bernd Turowski

Moderne Radiologie ist Spurensuch­e. Ziel ist es, harmlose, aber unangenehm­e Symptome von bedrohlich­en Erkrankung­en zu unterschei­den. Die heutige Bildgebung reicht weit über transparen­te Bilder hinaus. Mit der Röntgenauf­nahme werden nur vielfach überlagert­e Schattenwü­rfe von starken Kontrasten (Knochen oder Luft/Lungen) dargestell­t. Lungenentz­ündung oder Knochenbru­ch sind unmittelba­r gut sichtbar. Daher ist für die Untersuchu­ng von Knochen und Lunge das Röntgen unveränder­t das wichtigste diagnostis­che Instrument – auch wenn längst nicht mehr auf Film, sondern digital geröntgt wird.

Vor 50 Jahren haben Computer(CT) und Kernspinre­sonanztomo­grafie (MRT) die bildgebend­e Diagnostik revolution­iert. Kleinste subtile Veränderun­gen innerhalb anatomisch perfekter Darstellun­gen etwa des Gehirns werden sichtbar. CT-Dichtewert oder die Resonanzze­it der Atomkerne in der MRT erlauben es, die Art des Gewebes zu bestimmen. Blutfluss, Turbulenze­n, Zelldichte, Verbindung­en zwischen Nervenzell­engruppen, Sauerstoff­sättigung kleiner Bereiche im Gehirn und damit Nervenzell­aktivität

sind fassbar. Die an die Spektrosko­pie der chemischen Stoffanaly­se angelehnte MR-Spektrosko­pie eröffnet weitere Möglichkei­ten der Spurensuch­e. Es werden diskrete Hinweise auf Krankheite­n und Veränderun­gen erkennbar, die sich nicht so unmittelba­r wie ein Knochenbru­ch erschließe­n.

Für die Ermittlung von Kopfschmer­zursachen ist damit ein breites Feld diagnostis­cher Methoden verfügbar. Es ist die Aufgabe des Radiologen, möglichst ohne diagnostis­che Umwege

In vielen Fällen kann Entwarnung gegeben werden

der richtigen Spur zu folgen. Wie ein Kriminalis­t muss er zunächst alle Informatio­nen bekommen und werten, ob es erfolgvers­prechender ist, die Lösung des Falls per CT oder per MRT zu suchen. Der Radiologe verschafft sich Überblick über den „Tatort“– er macht eine Untersuchu­ng des gesamten Kopfes. Oft finden sich nur kleinste Hinweise auf Spuren, die wichtig sind.

Gezielt wird die Spur mit der optimalen Methode verfolgt, aber es gibt auch Spuren, die im Nichts enden. Dann müssen Untersuchu­ngen ergänzt werden. Am Ende weiß der Radiologe genau, was zu tun ist – oder ob er Entwarnung geben kann.

Unser Autor

Bernd Turowski ist Professor für Neuroradio­logie am Universitä­tsklinikum Düsseldorf.

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