Rheinische Post Hilden

Offensive mit begrenzter Wirkung

- VON BIRGIT MARSCHALL

Der kleinste gemeinsame Nenner der großen Koalition ist die Summe der Wünsche aller Seiten. So verfuhr sie auch vor gut zwei Jahren, als sie ihre „Wohnraumof­fensive“gegen die Wohnungskn­appheit startete. Die Koalition packte alles in ein Paket und hoffte auf einen Bauboom. Das Ergebnis sieht nicht ganz so schlecht aus, wie Kritiker behaupten, aber es ist auch nicht so gut, wie es nötig wäre. Das Ziel, in dieser Legislatur­periode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, wird nach unabhängig­er Schätzung um etwa 300.000 verfehlt, da mag der Bauministe­r mit Bauüberhän­gen noch so sehr tricksen. Doch immerhin, der Wohnungsba­u hat angezogen, die Zahl der Fertigstel­lungen 2020 war mit rund 300.000 die höchste seit 20 Jahren.

Das Ergebnis wäre aber deutlich besser, wenn sich die „Wohnraumof­fensive“wirklich nur auf die Ausweitung des Wohnungsan­gebots konzentrie­rt hätte. Wesentlich­e Teile des Pakets hatten jedoch andere politische Motive. So sollte das höhere Wohngeld die soziale Not lindern; neue Wohnungen entstehen dadurch aber nicht. Auch ein verbessert­er Mieterschu­tz zielt nicht auf mehr Wohnungen, sondern verhindert eher Investitio­nen. Der Flaschenha­ls ist der Mangel an Bauland. Die Städte werden ihn stärker bekämpfen müssen, indem sie noch konsequent­er freie Flächen und leerstehen­de Häuser zu Bauland erklären. Dabei sollten sie Investoren neuer Projekte noch häufiger darauf verpflicht­en, eine größere Anzahl preisgebun­dener und damit bezahlbare­r Wohnungen zu planen. Die Häuser der Zukunft müssen in Ballungsge­bieten in die Höhe gehen, nicht mehr in die Breite. Große repräsenta­tive Eingangsha­llen sind Platzversc­hwendung. Auch ein Teil der Gewerbeimm­obilien kann angesichts der Zunahme von Menschen im Homeoffice in Wohnungen umgewidmet werden.

BERICHT REKORD, ABER ZU WENIG WOHNUNGEN, WIRTSCHAFT

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