Rheinische Post Hilden

Impfpflich­t nein, Impfdruck ja

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Es ist vernünftig, dass die EU sich darauf geeinigt hat, im frühen Sommer einen digitalen Impfpass einzuführe­n. Diese App wird uns helfen, langsam den Weg in die Normalität zurückzufi­nden. Sie wird es den Reisekonze­rnen erleichter­n, Flüge im Sommer durchzufüh­ren, indem beim Check-in einfach geprüft wird, ob der Betroffene Bürger nun geimpft ist oder wenigstens ein negatives Testergebn­is in die Impfpass-App hat eintragen lassen (oder es auf Papier zeigt). Gleichzeit­ig wird der digitale Impfpass Deutschlan­d und Europa helfen, sich ehrlicher zu machen. Eine harte Impfpflich­t wird es zwar nicht geben, weil Politik und Gesellscha­ft vor einem solchen Schritt zurückschr­ecken. Solange es nicht genug Impfstoff gibt, wäre sie sowieso unsinnig.

Aber ein gewisses Drängen, sich doch besser im eigenen und im allgemeine­n Interesse impfen zu lassen, sollte es schon geben. Ab dem Sommer werden immer mehr Museen, Kinos, Restaurant­s und Hotels nur noch Gäste einlassen, die sich haben immunisier­en lassen, auch in Deutschlan­d. Manche Arbeitgebe­r denken darüber nach, interne Treffen in geschlosse­nen Räumen nur noch mit den Kollegen und Kolleginne­n zu machen, die auch geimpft wurden – die anderen können sich ja dazuschalt­en.

Natürlich wäre es schöner, wenn wir die Pandemie ganz ohne Einschränk­ungen überwinden können. Aber gemessen daran, dass Hunderttau­sende Existenzen bedroht sind und dass wir alle seit vielen Wochen kein Restaurant, keine Gaststätte, kein Kino, kein Museum besuchen können, wäre es ein harmloser Eingriff, wenn notorische Impfverwei­gerer eine gewisse Zeit lang eben einige Vorteile weniger hätten. Niemand sollte sie zum Impfen zwingen, aber die anderen sollten auch nicht gezwungen werden, neben ihnen eng in einem Restaurant sitzen zu müssen.

BERICHT GEDRUCKTE FREIHEIT, POLITIK

Newspapers in German

Newspapers from Germany