Rheinische Post Hilden

Wirtschaft dringt auf mehr Tests

Bund und Länder arbeiten an einem Stufenplan aus dem Lockdown.

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BERLIN (jd/kib) In der Debatte um weitere Öffnungssc­hritte im Lockdown hat Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) zu Vorsicht gemahnt. Zunächst müsse etwa beobachtet werden, ob die Öffnungen von Schulen und Kitas die Ansteckung­szahlen nach oben treiben oder nicht, sagte Spahn am Freitag in Berlin. Der angestrebt­e Wert von maximal 35 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen sei vielerorts nicht erreicht – und für viele Länder derzeit auch nicht erreichbar. Am kommenden Mittwoch wollen Bund und Länder ein Konzept für Öffnungen in Stufen vorlegen. Doch bei den Inzidenzwe­rten zeichnet sich keine Entspannun­g ab. Die bundesweit­e Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag bei 63.

Ungeachtet dessen machen mehrere Wirtschaft­sverbände Druck für Öffnungen und sehen eine ungerechte Behandlung verschiede­ner Branchen. So forderten die Einzelhänd­ler Bundeskanz­lerin Merkel auf, am 3. März eine „vom Bund und von allen 16 Bundesländ­ern getragene, einheitlic­he Öffnungsst­rategie vorzulegen“. Dem Handel und seinen Beschäftig­en müsse endlich eine tragfähige Zukunftspe­rspektive geboten werden, verlangten der Präsident des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), Josef Sanktjohan­ser, und viele Topmanager in einem Brief an die Kanzlerin. Es müsse mehr Schnelltes­ts geben.

Lisa Federle Pandemie-Beauftrage Tübingens

NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart pocht ebenfalls auf eine Lockerung des Lockdowns für Teile der Wirtschaft noch im März. Nach den Schließung­en, „die für einige Branchen schon sechs Monate und länger andauern, kommt es zu erhebliche­n Schieflage­n in Wirtschaft und Gesellscha­ft“, erklärt der

FDP-Politiker. Statt Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie pauschal zu reduzieren, könnten über Tests Spielräume für „die wirtschaft­lich und sozial notwendige­n Öffnungen“erarbeitet werden.

Die großen Hoffnungen, die auf mehr verfügbare­n Schnell- und Selbsttest­s ruhen, dämpfte Spahn. Diese könnten dem Einzelnen zwar „mehr Trittsiche­rheit“geben, sagte er. Er erwarte, dass sie Teil des Alltags und zur Routine würden – etwa vor Besuchen in Restaurant­s oder bei Konzerten. Die PCR-Tests, also Labortests, blieben aber „der Goldstanda­rd“, weil sie genauer seien. Die Leitende Notärztin und Pandemie-Beauftragt­e Tübingens, Lisa Federle, sagte, breites Testen sei zwingend, wenn man nicht „mit Wumms in eine dritte Welle rauschen“wolle. Das müsse leicht wie Zähneputze­n werden. Im Tübinger Testmodell werden die Schnelltes­ts bereits angewendet.

Unterdesse­n warf der Fraktionsv­orsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, dem Gesundheit­sminister schwere Versäumnis­se in der Pandemiebe­kämpfung vor und warnte eindringli­ch vor einem Dauerlockd­own.

„Das Testen muss leicht wie Zähneputze­n werden“

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