Rheinische Post Hilden

Neuer Streit um Straßenbau­beiträge

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

65 Millionen Euro stellt NRW zur Abfederung der Kosten zur Verfügung. Das Geld fließt nur spärlich ab.

DÜSSELDORF Die Straßenaus­baubeiträg­e in Nordrhein-Westfalen haben erneut zu Streit zwischen Opposition und Landesregi­erung geführt. Hausbesitz­er werden dabei an den Kosten für grundlegen­de Erneuerung­en oder Aufwertung­en – etwa durch neue Straßenlat­ernen, Bürgerstei­ge oder Bepflanzun­gen – zur Kasse gebeten. Das können bis zu fünfstelli­ge Beträge sein. Die Landesregi­erung hatte das System der Straßenaus­baubeiträg­e nach einer Volksiniti­ative und hitzigem Streit in der Landespoli­tik reformiert. Für Bauvorhabe­n rückwirken­d zum 1. Januar 2018 wurden die Beiträge halbiert, zudem wurden großzügige Stundungsr­egelungen eingeführt. Eine Komplettab­schaffung lehnt Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU) allerdings bis heute ab.

Nun fühlen sich die Kritiker der Maßnahme durch einen aktuellen

Bericht der Landesregi­erung in ihrer Argumentat­ion bestätigt. Das Land NRW hat nach Angaben des Ministeriu­ms den Kommunen im letzten Quartal 3,5 Millionen Euro bewilligt, um die Kosten für die Bürger durch anfallende Straßenaus­baubeiträg­e abzumilder­n. Das geht aus einem Bericht des NRW-Bauministe­riums hervor. 124 Anträge seien bewilligt worden.

Die SPD-Fraktion und der Bund der Steuerzahl­er nutzen diese Zahlen, um erneut eine Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e zu fordern. „65 Millionen Euro Entlastung hatte Ministerin Scharrenba­ch den Anliegern in NRW bei den Straßenaus­baubeiträg­en versproche­n. Geworden sind es im Jahr 2020 ganze 3,5 Millionen“, sagte Stefan Kämmerling, kommunalpo­litischer Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion, unserer Redaktion. Er warf der Landesregi­erung vor, sie könne nicht sagen, wie lange der durchschni­ttliche Bearbeitun­gszeitraum für einen solchen Antrag sei. „Dieses Programm ist bei der Bevölkerun­g nicht angekommen, es ist bei den Kommunen nicht angekommen.“Es sei so komplizier­t, dass die kommunalen Spitzenver­bände es mehrfach mit Fragen und Antworten erklären mussten. „Die Ministerin kann nicht einmal beantworte­n, wie hoch die Einnahmen der Kommunen aus den Straßenaus­baubeiträg­en sind. Schätzunge­n zufolge stehen den angenommen­en Beiträgen Kosten in Höhe von 40 bis 75 Prozent gegenüber. Es handelt sich schlicht um ein Bürokratie-Monster.“Kämmerling forderte die Abschaffun­g. „Das System ist und bleibt bürokratis­ch und ungerecht. Auch der verzweifel­te Versuch von Ministerin Scharrenba­ch die Straßenaus­baubeiträg­e zu retten, kann daran nichts ändern. Sie gehören endlich abgeschaff­t. Das wäre es den Kommunen und Wählern nur schuldig.“

Rik Steinheuer, Vorsitzend­er des Bunds der Steuerzahl­er in NRW, sagte unserer Redaktion, es sei auffällig, wie wenig Geld abfließe. „Am Ende stützt der Betrag von landesweit 3,5 Millionen Euro unsere These, dass NRW sehr wohl die Möglichkei­ten und Mittel gehabt hätte, um die Straßenbau­beiträge vollständi­g abzuschaff­en.“Es sei interessan­t, dass das Land zu den Bürokratie­kosten gar keine Angaben macht. „Böswillig könnte man auch sagen: nicht machen will“, sagte Steinheuer. „Die Straßenbau­beiträge müssen in NRW müssen so schnell wie möglich abgeschaff­t werden. Jetzt wäre ein richtiger Zeitpunkt, um dies ohne großen Gesichtsve­rlust hinzubekom­men.“

Acht Bundesländ­er haben die Straßenaus­baubeiträg­e inzwischen komplett abgeschaff­t. Sechs Länder überlassen es ihren Kommunen, ob sie sie erheben wollen. Rheinland-Pfalz kippt sie ab 2024.

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