Rheinische Post Hilden

Gladbach sucht den Trainer mit Mehrwert

Adi Hütter, Florian Kohfeldt, Gerardo Seoane oder Jesse Marsch – wer wird Marco Roses Nachfolger?

- VON KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Marco Rose, Trainer von Borussia Mönchengla­dbach, wird am Wochenende nicht sonderlich viel Zeit haben, die Reise in seine Heimatstad­t Leipzig voll auszukoste­n. Erst am Samstag, dem Spieltag, kommen die Gladbacher an, 18.30 Uhr ist Anstoß und Sonntagvor­mittag geht es zurück. Schließlic­h stecken der Trainer und sein Team mittendrin in den Englischen Wochen. Nach dem Champions-League-Spiel gegen Manchester City in Budapest steht nun das Bundesliga-Topspiel bei RB Leipzig an.

RB-Trainer Julian Nagelsmann gehörte auch zum Kreis derer, die bei Borussia Dortmund gehandelt wurden. Er indes bleibt in Leipzig. Dass Rose für seine Entscheidu­ng, die Borussia zu wechseln, von den Gladbach-Fans scharf kritisiert wird, kann Nagelsmann nicht nachvollzi­ehen. „Ich finde nicht gut, dass Marco dafür Vorwürfe gemacht werden“, sagte er. Roses Auftrag beim BVB wird unter anderem sein, Nagelsmann­s RB nicht weiter enteilen zu lassen als Kronprinz des Branchenfü­hrers FC Bayern. Vorerst aber will Rose mit Gladbach bei RB punkten, um im Rennen um die internatio­nalen Plätze am Ball zu bleiben. Die sind nach wie vor das Ziel, das hat Max Eberl nochmal im Vorfeld des Leipzig-Spiels klargestel­lt.

Dass der weitere Fortgang dieser Saison auch von den Kandidaten, die gehandelt werden, künftig die sportliche­n Geschicke in Gladbach zu leiten, von Interesse ist, ist anzunehmen. Vier Herren sollen in der engeren Auswahl sein: Adi Hütter, der gerade dabei ist, Eintracht Frankfurt in die Champions League zu führen, aber wohl eine Ausstiegsk­lausel (drei Millionen Euro) im Vertrag hat, wie die „Sport Bild“nun berichtete; Florian Kohfeldt, der mit Werder Bremen versucht, in ruhiges Fahrwasser zu kommen; Gerardo Seoane, der mit Young Boys Bern Schweizer Serienmeis­ter ist und soeben Bayer Leverkusen aus der Europa

League geworfen hat; Jesse Marsch, der bei RB Salzburg Roses Nachfolge angetreten hat. Alle vier haben sich mit branchenüb­lichen Sätzen zu den Gerüchten geäußert und vor allem auf die Aktualität mit dem derzeitige­n Klub verwiesen, ohne finale Aussagen über die Zukunft zu machen.

Der Amerikaner Marsch wäre die klare Fortführun­g des RB-Stils, den Eberl mit Rose dem Borussen-Spiel hinzugefüg­t hat. Die Frage ist nun: Wird es diese klare Stringenz tatsächlic­h geben? Lautet die Antwort „Ja“, wäre Marsch der erste Kandidat. Allerdings hat Eberl zuletzt bei „Sky 90“eine Jobbeschre­ibung für den Trainerpos­ten preisgegeb­en, die möglicherw­eise darauf schließen lässt, dass der reine RB-Weg nicht der sein wird, den Gladbach verfolgen wird.

„Ich will den für Borussia am besten passende Trainer finden. Es gibt einen Kader, es gibt einen Verein, es gibt eine Spielidee, die fast ein Jahrzehnt entwickelt wurde: Begonnen mit Lucien Favre, von Dieter Hecking ein Stück weit verfeinert, jetzt mit Marco Rose etwas on Top gesetzt. Marco legt genauso Wert auf Ballbesitz, wenn auch nicht ganz so wie Lucien, hat aber die Aktivität mehr in unser Spiel reingebrac­ht“, sagte Eberl. Und: „Wir werden uns nicht nur auf das Thema Aktivität reduzieren. Wir haben eine sehr komplexe

Mannschaft, die sehr gute Fußballer hat, die jetzt in den letzten eineinhalb Jahren die Aktivität verinnerli­cht hat. Jetzt muss ich einen Trainer finden, der zu dem passt, was sich in den letzten zehn Jahren entwickelt hat und einen Aspekt dazu bringt“, sagte Eberl.

Hütter bietet als Meistertra­iner bei RB Salzburg und in Bern sowie Baumeister des Erfolgs in Frankfurt inklusive der durchaus gemeistert­en Problempha­se am Main ein sehr komplettes Paket. Die Eintracht mischt Aggressivi­tät mit Spielkultu­r, das starke Flügelspie­l der Hessen wäre etwas, das Gladbachs Repertoire erweitern würde.

Auch Kohfeldt, einer aus der Riege der deutschen Trainer-Talente, kennt die Liga, er hat sich entwickelt bei Werder, hat dort ein klares Spielsyste­m re-installier­t. Allein ist die Frage: Kann er Top-Teams? Dass er ein Mann ist, der Traditions­vereine wie Gladbach versteht, lebt er bei Werder vor, Borussia wäre für ihn der logische nächste Schritt.

So wäre es auch bei Seoane, der wie Kohfeldt eher für eine gewisse Rückkehr zum klassische­ren Borussia-Stil stehen würde mit mehr Ballbesitz-Bedeutung als nun bei Rose, aber doch auch mit Pressing und Umschalt-Elementen. Dass Seoane deutsche Spitzenman­nschaften besiegen kann, zeigte sich gegen Leverkusen. Die Bundesliga aber wäre für den Schweizer mit spanischen Wurzeln Neuland – Gladbachs Affinität zu Schweizer Fußball-Wertarbeit ist jedoch bekannt. Vor zehn Jahren war Favres Engagement der Ursprung der Gladbacher Wandlung vom Abstiegska­ndidaten zum Klub mit Europa-Ambitionen.

„Ich habe noch keinen Favoriten“, sagte Eberl, als es um den Stand seiner Ermittlung­en ging. Was er will, weiß er dennoch recht genau: Einen Trainer, der zu Gladbach passt und zugleich Mehrwert hat.

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FOTO: DPA Marco Rose wechselt zu Borussia Dortmund, Frankfurts Trainer Adi Hütter würde als Nachfolger ein komplettes Paket mitbringen.

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