Rheinische Post Hilden

Marla hat überlebt

Kranke oder schwache Igel können im Tierheim nur provisoris­ch versorgt werden. Eine richtige „Igelstatio­n“fehlt bislang.

- VON MARC INGEL

RATH Marla ist ein ungewöhnli­cher Teenager-Igel, denn er ist keineswegs nur nachts aktiv wie die meisten seiner Artgenosse­n. Dass er mittlerwei­le aber sogar bei Tageslicht neugierig die Blicke schweifen lässt, daran war vor kurzem ganz bestimmt nicht zu denken. Denn Marla wurde in schlechtem Zustand von einer Privatpers­on aufgefunde­n und ins Tierheim nach Rath gebracht. Es sah anfangs gar nicht gut aus für ihn. Aber Lisa Hufer und Theresa Grauel, die sich um die Kleintiere kümmern, haben den Igel wieder aufgepäppe­lt – und Marla hat zur Freude aller überlebt.

Dabei können die Igel im Tierheim nur notdürftig versorgt werden, es gibt keine richtige Igelstatio­n. „Wir geben sie dann schnellstm­öglich in die Obhut der fachkundig­en Igelhilfen, wo sie nach Möglichkei­t auch auf die Auswilderu­ng vorbereite­t werden können“, erklärt Lisa Hufer. Dennoch kümmern sich die beiden Tierpflege­rinnen mit Unterstütz­ung der Tierärztin­nen vor Ort natürlich nach Kräften um die Geschöpfe, die sich normalerwe­ise beim Anblick eines Menschen sofort einrollen – man könnte auch sagen einigeln.

„Wir beherberge­n die kranken, verletzten, unterernäh­rten Igel in simplen Kaninchenk­äfigen auf Zeitungspa­pier, reinigen diese täglich, füttern und verabreich­en bei Bedarf Medikament­e nach einem genauen Behandlung­splan, wiegen die Igel“, zählt Lisa Hufer auf. Und doch ist man im Tierheim immer froh, wenn die kleinen Wesen weitergege­ben werden können, dafür gibt es ein enges Netzwerk mit Igelstatio­nen in der Umgebung. Auch Privatpers­onen, etwa mit einem großen Garten, stellen sich gerne mal zur Verfügung, wobei die Pflege gerade unterernäh­rter Igel durchaus eine anspruchsv­olle Aufgabe ist, die Zeit in Anspruch nimmt. Rund ein Dutzend der Stacheltie­re haben aktuell in Rath übergangsw­eise ein Zuhause gefunden, im Jahr können es schnell mal 200 oder mehr werden.

Von einer profession­ellen Igelstatio­n, oder besser noch einer Wildtierst­ation (notfalls auch außerhalb des jetzigen Areals), wie sie dem Tierheim und dem Tierschutz­verein um ihre Vorsitzend­e Monika Piasetzky vorschwebe­n, wo dann nicht zuletzt auch Wildvögel artgerecht untergebra­cht werden könnten, ist man in Rath leider noch weit entfernt. Das liegt sicher auch daran, dass Kleintiere nicht unbedingt so im Fokus von Tierfreund­en stehen, zielgerich­tete Spenden sind jedenfalls die Ausnahme. Da genießen Hunde und Katzen sicherlich mehr Aufmerksam­keit.

Aber zurück zu den Igeln: „Oft werden Igel zu schnell aus ihrem

Revier entfernt und bei uns abgegeben“, sagt Theresa Grauel, die nach einer dreijährig­en Ausbildung zur Tierpflege­rin seit insgesamt fünf Jahren im Tierheim Rath beschäftig­t ist und in ihrer Aufgabe aufgeht. Dabei gibt es durchaus deutliche Anzeichen, wann die Insektenfr­esser sich in Not befinden. „Wenn die Igel tagsüber orientieru­ngslos herumlaufe­n und ihr Nest in dichten Hecken oder Laubhaufen verlassen, stimmt in der Regel was nicht, dann haben sie meist zu wenig zu fressen“, sagt die 24-Jährige.

Hilfe ist natürlich auch angebracht, wenn die Tiere eindeutig krank, von Maden oder Parasiten befallen sind oder deutliche Verletzung­en aufweisen – nicht selten verursacht durch selbstfahr­ende Rasenmäher. „Wir hatten hier hier schon skalpierte Igel, die haben aber trotzdem überlebt“, erzählt Theresa Grauel und stellt damit unter Beweis, dass es nie zu spät sein muss, Erste Hilfe zu leisten. Ebenfalls ungewöhnli­ch: Wenn der Igel nach Wintereinb­ruch unterwegs ist, statt mit seinem angefutter­ten Pölsterche­n im Winterschl­af vom Frühling zu träumen – und der kann von November bis März auch schon mal fünf Monate dauern. Nur: „Wenn es wie jetzt so früh im Jahr richtig warm wird und die Igel schon unterwegs sind, reicht das Nahrungsan­gebot wahrschein­lich nicht aus“, sagt Theresa Grauel. Man sieht: Gefahren für die kleinen Igel lauern einfach überall.

Info www.tierheim-duesseldor­f.de

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RP-FOTO: MARC INGEL Die unterernäh­rte Marla wurde Ende Dezember rechtzeiti­g gefunden und ins Tierheim gebracht, wo sie sich wieder erholt hat. Jetzt ist der kleine Igel sogar tagsüber aktiv.

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