Rheinische Post Hilden

Oma gegen Rechts veröffentl­icht Buch

Die Hildenerin Veronika John-Wickel hat das Buch „Der Zweck heiligt die Mittel nicht“geschriebe­n. Darin erzählt sie anhand verschiede­ner Protagonis­ten in unterschie­dlichen Epochen, wie leicht Menschen radikalisi­ert werden können.

- VON SANDRA GRÜNEWALD

HILDEN Anstoß war eine Zeitungsme­ldung, in der es hieß, dass 40 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 34 Jahren nach eigenen Angaben nichts oder nicht besonders viel über den Holocaust wissen. Diese Zahlen fand Veronika John-Wickel so erschrecke­nd, dass sie kreativ wurde. „Das kann ich nicht so stehen lassen“, erklärt die 65 Jahre alte Hildenerin. „Wenn wir nicht wissen, wie harmlos es damals angefangen hat, können wir nicht verstehen, warum heute so vielen das Engagement gegen Rechts so wichtig ist.“Auch in der Gegenwart scheine alles ganz harmlos zu sein. „Es fängt immer damit an, dass die Leute schweigen“, erklärt Veronika John-Wickel.

Etwas, was sie nicht tut. Deshalb hat sie ein Buch geschriebe­n, dem sie den vielsagend­en Titel „Der Zweck heiligt die Mittel nicht“gegeben hat. Dass Veronika und ihre Frau Dorothee noch recht unerfahren in Sachen Buchlayout sind, zeigt die wirklich sehr kleine Schrift und so mancher Gestaltung­sfauxpas, aber davon sollte man sich nicht abschrecke­n lassen. Denn wer die ersten Seiten gelesen hat, wird das Büchlein so schnell nicht weglegen wollen.

Anhand von völlig verschiede­nen Charaktere­n, die in unterschie­dlichen Zeiten leben, hat Veronika John-Wickel Motivation­en, Hintergrün­de, Sehnsüchte und Seelenabgr­ünde sichtbar und – vor allem – verständli­ch gemacht. In kurzen Textabschn­itten zeigt sie die menschlich­e Seite von Fanatismus und Radikalism­us auf und macht die Identifika­tion mit ihren Protagonis­ten leicht. „Ich wollte zeigen, wie leicht es passiert, zum Nazi zu werden“, sagt die Autorin. In ihrem Buch kommen neben dem überzeugte­n Nationalso­zialisten auch die Themen „RAF“, „Stasi“und „Judentum“zur Sprache.

Es ist eine Reise durch die Zeit von 1941 bis heute. Auch, wenn Veronika

John-Wickel ihre Protagonis­ten frei erfunden hat und betont, das Buch sei „kein historisch­es Werk“, so kommen autobiogra­phische Anklänge darin vor. „Zum Beispiel mein Großvater, von dem ich so gut wie nichts weiß. Er war im Krieg“, erzählt sie. „Ich habe versucht, zu ermitteln, hab aber nichts rausbekomm­en.“Die RAF-Geschichte berührt sie, „weil es meine Zeit war. Ich gehörte am Anfang auch zu den Sympathisa­nten.“In ihrem Buch wirft sie die Fragen auf, wie man zum Fanatiker wird. „Wo ist die Grenze?“

Veronika John-Wickel lebt seit 20 Jahren in Hilden und war bis zu ihrem Burnout im Projektman­agement tätig. Den Burnout nutzte sie als Chance, ihr Leben neu auszuricht­en. „Es war Zeit, mich um vernünftig­e Sachen zu kümmern“, sagt

sie. Sie engagierte sich für Umwelt und Klima und war Gründungsm­itglied der „Omas gegen Rechts“im Kreis Mettmann. Für die Kreisgrupp­e der „Omas“führt sie einen Twitter-Account und freut sich riesig über die Auszeichnu­ng für Zivilcoura­ge, die die Initiative vom Zentralrat der Juden erhalten hat.

Die Aktionen und Projekte der „Omas gegen Rechts“möchte sie nun auch mit dem Erlös aus ihrem Buch unterstütz­en. „Ich will keinen Euro für mich behalten“, versichert sie. Ihr erstes Ziel ist es jedoch, mit dem Buch junge Menschen zu erreichen. Deshalb wird in Kürze „Der Zweck heiligt die Mittel nicht“auch als E-Book erhältlich sein. „Ich würde sehr gerne mit dem Buch an Schulen und in Jugendzent­ren gehen“, sagt John-Wickel, „und dort Lesungen machen.“

Infos zu den „Omas gegen Rechts“gibt es unter www.omasgegenr­echts.de

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FOTO: JOHN-WICKEL Die Hildenerin Veronika John-Wickel ist Buchautori­n und Gründungsm­itglied der Initiative „Omas gegen Rechts“. „Der Zweck heiligt die Mittel nicht“heißt ihr Werk.

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