Rheinische Post Hilden

„Microsoft-Experte“war ein Betrüger

Immer öfter werden Computer-Nutzer von angebliche­n Mitarbeite­rn des Software-Riesen angerufen, weil sie einen infizierte­n Rechner hätten. Auch der Haaner Sven Kübler wäre solchen Gaunern fast auf den Leim gegangen.

- VON PETER CLEMENT

HAAN Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang seriös und gut informiert. Sven Kübler hatte keinen Grund, ihr zu misstrauen: „Hier ist die Firma Microsoft“, meldete sich ein Mann: „Wir haben festgestel­lt, dass Ihr Computer infiziert ist und würden Ihnen gerne helfen.“

„Das kann ja jeder behaupten“, dachte sich Kübler und ging instinktiv sofort auf Distanz. Der Haaner – vielen bekannt als Vorstandsm­itglied der Arbeitsgem­einschaft Natur und Umwelt (Agnu) – ist schließlic­h weder leichtgläu­big noch ahnungslos, was moderne Technik angeht.

Der angebliche IT-Experte des Software-Riesen am anderen Ende der Telefonlei­tung ließ jedoch nicht locker und klang dabei ausgesproc­hen glaubwürdi­g: „Der hat mir ein Fenster mit einer Nummer auf meinen Bildschirm geschickt und sie mir dann vorgelesen als Beleg dafür, dass Microsoft meinen Rechner sozusagen lesen könne“, berichtet Kübler, der anfangs beeindruck­t war. Erst als der Anrufer beharrte, der Haaner solle elektronis­ch bestätigen, dass sich der Mitarbeite­r auf sein Gerät schalten könne, wurde es ihm zu viel, und er legte auf.

„Da hat er noch mal Glück gehabt“, sagt Ulrich Löhe. Der Sprecher der Kreispoliz­ei Mettmann wird immer wieder mit dieser Betrugsmas­che konfrontie­rt: „Es geht den Tätern ausschließ­lich darum, die Freigabe für das jeweilige Gerät zu bekommen“, sagt er, „dann greifen sie die Daten ab bis hin zu Bankverbin­dungen und anderen privaten Informatio­nen.“Die Täter sprächen ihre Opfer teils sogar gezielt zunächst auf Englisch an, um glaubwürdi­ger zu wirken, sagt der Hauptkommi­ssar.

Bei der Verbrauche­rzentrale Deutschlan­d beobachtet man seit Anfang vergangene­n Jahres eine neue Variante solcher Anrufe: „Seit Microsoft am 14. Januar 2020 den

Support für Windows 7 beendet hat, behaupten die Betrüger am Telefon oft, das Betriebssy­stem vor Schäden schützen oder beim Umstieg auf neuere Windows-Versionen helfen zu wollen“, berichtet ein Sprecher. Eines sei dabei jedoch immer gleich: „Die falschen Support-Mitarbeite­r versuchen, ihre Opfer am Telefon zu überreden, unter ihrer Anleitung bestimmte Schritte am PC auszuführe­n“– um auf den Rechner zu gelangen.

Was sagt Microsoft dazu? Das Unternehme­n

führt nach eigenen Angaben keine unaufgefor­derten Telefonanr­ufe durch, um schadhafte Geräte zu reparieren. Selbst auf offizielle Support-Anfragen erfolgten Hilfestell­ungen fast ausschließ­lich per E-Mail, heißt es.

Die Verbrauche­rzentrale warnt in diesem Zusammenha­ng: „Haben Sie bereits mit einem falschen Microsoft-Mitarbeite­r gesprochen, trennen Sie Ihren PC vom Netz und ändern Sie Ihre Passwörter!“

Damit es gar nicht erst soweit kommt, rät Ulrich Löhe: „Werden Sie von einem angebliche­n Microsoft-Mitarbeite­r angerufen, beenden Sie das Gespräch sofort.“

Sven Kübler hat sich inzwischen seine eigene Taktik zurechtgel­egt – denn er wird immer noch im Abstand von etwa 14 Tagen angerufen: „Ich sage einfach ,Warten Sie bitte einen Moment, ich schalte nur schnell die Aufzeichnu­ng für die Polizei ein’ – dann dauert es nur Sekunden, bevor am anderen Ende aufgelegt wird.“

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FOTO: DPA Internetnu­tzer können viel dafür tun, dass persönlich­e Informatio­nen in den richtigen Bahnen bleiben. Vor allem eins: auflegen.

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