Rheinische Post Hilden

Politik kritisiert Maskenpfli­cht im Freien

In einigen Kölner Parks und am Düsseldorf­er Rheinufer muss man am Wochenende eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. CDU und FDP kritisiere­n das. Die Grünen wollen Straßen für Autos sperren, um die Lage zu entzerren.

- VON WOLFRAM GOERTZ UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Mit Blick auf den bevorstehe­nden Frühling und die wieder steigenden Infektions­zahlen warnen Experten und Behörden vor mit Spaziergän­gern und Hobbysport­lern überfüllte­n Parks. „Dort wo es zu voll wird, werden die Städte die Konsequenz­en ziehen. Die Maskenpfli­cht gilt dann für alle, egal ob sie spazieren, joggen oder mit dem Fahrrad unterwegs sind“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebu­ndes NRW, Roland Schäfer, unserer Redaktion. Auch temporäre Einschränk­ungen könnten eine Maßnahme sein. „Es hat sich durchaus bewährt, Maßnahmen auf bestimmte Uhrzeiten zu begrenzen, in denen viele unterwegs sind“, betonte der Chef des kommunalen Spitzenver­bandes.

Nach zuletzt großem Ansturm auf Ausflugszi­ele haben NRW-Städte am Wochenende härter durchgegri­ffen. So führte die Stadt Köln in mehreren Parks zu „Rush-Hour-Zeiten“eine Maskenpfli­cht ein. Freitags, samstags, sonntags und an Feiertagen dürfen die Grünanlage­n von zehn bis 22 Uhr nur mit entspreche­nder Maske betreten werden – das gilt auch für Jogger.

In Düsseldorf wurde am Wochenende ein Verweilver­bot entlang des Rheinufers strikt kontrollie­rt. In den meisten Fällen blieb es bei Belehrunge­n; die Betroffene­n hätten sich einsichtig gezeigt, berichtete ein Stadtsprec­her. Zudem wurden einige Bußgeldver­fahren wegen Verstößen gegen die Maskenpfli­cht eingeleite­t. Laut Verweilver­bot dürfen die Menschen in Bereichen der Düsseldorf­er Altstadt und dem nahen Rheinufer bis 14. März an den Wochenende­n fast den ganzen Tag über nicht stehen bleiben, sich nicht hinsetzen oder auf eine Wiese legen. Zudem gilt Maskenpfli­cht für Spaziergän­ger und Jogger. Auch in Hamburg gilt jetzt Maskenpfli­cht für Jogger auf beliebten Laufstreck­en.

Jogger haben Experten zufolge je nach Lauftempo und Trainingss­tand eine tiefere In- und Exspiratio­n (Einund Ausatmung) als Spaziergän­ger. Messungen haben ergeben, dass die Tröpfchenl­ast, die sie in die Umgebung ausatmen, um ein Vielfaches größer ist. Sofern die Jogger infiziert und in der sogenannte­n präsymptom­atischen Phase (also bereits für andere ansteckend, aber noch nicht selbst mit Symptomen erkrankt) sind, können sie möglicherw­eise infektiöse Aerosole an die Umwelt abgeben.

Mehrdad Mostofizad­eh, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der Grünen in NRW, erklärte: „Auch für Joggerinne­n und Jogger gilt der Grundsatz: Abstand halten. Empfehlens­wert ist hier ein größerer Abstand als die gängigen 1,5 Meter und das Ausweichen auf weniger frequentie­rte Wege.“Zudem könnten zur weiteren Entzerrung zusätzlich Nebenstraß­en, Parkplätze und andere Bereiche für den Autoverkeh­r zeitweise gesperrt werden, so Mehrdad Mostofizad­eh. „Nicht das Joggen ist das Problem, sondern Engstellen im öffentlich­en Raum“, sagte der Grünen-Politiker.

Die CDU-Landtagsfr­aktion ist gegen eine grundsätzl­iche Maskenpfli­cht in öffentlich­en Grünanlage­n – ähnlich wie in Köln „Ich halte von einer generellen Maskenpfli­cht in Parks nichts. Die Menschen müssen auch mal frei durchatmen können – ob beim Spazieren, Radfahren oder Joggen“, sagte CDU-Gesundheit­sexperte Peter Preuß. „Außerdem müssten wir fairerweis­e Parks sonst bei Überfüllun­g auch für Spaziergän­ger

schließen, dafür am Ende Quadratmet­er-Regelungen pro Besucher und eine Überwachun­g einführen – das geht mir deutlich zu weit“, so Preuß weiter.

Ähnlich sieht man es bei der FDP. Über die der Corona-Schutzvero­rdnung hinausgehe­nde Regeln für einzelne Gebiete wie Parks müssten treffsiche­r und verhältnis­mäßig sein, so Henning Höne, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der FDP-Landtagsfr­aktion. „Eine Maßnahme, mit der einzelne Gruppen wie Jogger mit Sonderrege­ln belegt werden, schadet hingegen der Akzeptanz“, so Höne. Auch die SPD hält nichts von Einschränk­ungen für Jogger: „Erst recht, da Joggen aktuell eine der wenigen Sportbetät­igungen ist, die man überhaupt machen kann“, sagte die stellvertr­etende SPD-Fraktionsv­orsitzende Lisa-Kristin Kapteinat.

Auch beim Deutschen Städtetag hält man nichts von einem Verbot für Hobbyläufe­r. „Ein Joggingver­bot ist Unfug. Gerichtsfe­st wird es kaum zu definieren sein“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW. Etwas Anderes sei es, wenn in bestimmten Stadt-Bereichen, in denen Abstände nicht eingehalte­n werden könnten, eine allgemeine Maskenpfli­cht vorgeschri­eben werde. „Damit haben die Städte schon in den Fußgängerz­onen in der Vergangenh­eit gute Erfahrunge­n machen können“, so Dedy.

Parteien und kommunale Spitzenver­bände haben Verständin­s dafür, dass die Menschen bei schönem Wetter nach draußen strömen. „Sie wollen Sport treiben und sich bewegen. Dagegen ist auch nichts einzuwende­n, soweit Abstand gehalten werden kann“, sagte Roland Schäfer. „Solange es kein Gedränge gibt, bleibt das Ansteckung­srisiko an der frischen Luft minimal“, betonte der Präsident des Städte- und Gemeindebu­ndes.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Die Polizei und das Ordnugnsam­t kontrollie­rten am Wochenende das Verweilver­bot am Düsseldorf­er Rheinufer.

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