Rheinische Post Hilden

Reisekonze­rne bieten Umbuch-Optionen

Bei vielen Urlaubsanb­ietern kann gegen einen Aufschlag storniert werden, aber das bringt den Kunden nicht immer einen Vorteil. Zugleich zeichnet sich jetzt schon ab: Manche Regionen, speziell im Inland, werden im Sommer sehr voll.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Der 23. Februar wird Europas Reisebranc­he noch lange als Tag der Hoffnung in Erinnerung bleiben: Großbritan­niens Premier Boris Johnson hatte angedeutet, dass die Corona-Beschränku­ngen im Laufe des Mai fast ganz fallen sollen. Sofort gingen bei der Airline Easyjet die Buchungen um 300 Prozent hoch; direkt buchten massenhaft Kunden auch beim dort stark vertretene­n deutschen Touristik-Riesen Tui. „Die Entwicklun­g in Großbritan­nien zeigt, dass die Menschen reisen wollen“, sagt Tui-Vorstandsc­hef Fritz Joussen. „Feststelle­n lässt sich: Aus Interesse am Urlaub werden wieder Buchungen und Umsatz.“

Um trotz des Lockdowns in Deutschlan­d die Nachfrage anzuheizen, haben die Reisekonze­rne ihre Angebote stark flexibilis­iert. Im Winter boten sie noch an, dass man fast jede Reise bis zu 14 Tage vor Abreise ohne spezielle Begründung absagen könne, jetzt halten sie diese Angebote entweder aufrecht oder bieten breite Absageopti­onen gegen einen geringen Aufpreis. Dies bestätigt Ute Dallmeier, Geschäftsf­ührerin des First Reisebüros in Mönchengla­dbach. „Flexibilit­ät ist den Kunden sehr wichtig, weil viele neue Reisebesch­ränkungen befürchten.“Dies sieht auch Martin Lohmann, Experte für die Reiseindus­trie, aus Kiel so: „Die Abwartehal­tung der Bürger ist bemerkensw­ert. Sie wollen reisen, legen sich aber ungern früh fest.“

Bei Tui können Kunden bei einem Flex-Tarif bis 14 Tage vor Abreise gebührenfr­ei umbuchen oder stornieren. Bis 2500 Euro liegt der Aufpreis bei 39 Euro, bis 4000 Euro bei 69 Euro, bis 6000 Euro bei 99 Euro. Bei vielen Autoreisen bietet Europas größter Reisekonze­rn in rund 6000 Hotels kostenlose­s Stornieren bis 18 Uhr am Anreisetag an.

Bis Ende April bietet Schauinsla­nd aus Duisburg für 29 Euro an, dass viele Reisen bis 22 Tage vor Abreise kostenfrei umgebucht oder storniert werden können. Im Stornofall wird allerdings der Aufschlag einbehalte­n.

Beim Portugal-Experten Olimar sind 30 Euro fällig für eine FlexFee.

DER Touristic bietet für Flugpausch­alreisen unter anderem für die Anbieter IST, Jahn Reisen und Meiers Weltreisen drei verschiede­ne Flexi-Raten an, die unter anderem bei 79 Euro für eine Reise bis zu 2000 Euro liegen. Bei Hotels mit Eigenanrei­se kann bis fünf Tage vorher abgesagt oder umgebucht werden. FTI verlangt drei Prozent vom Reisepreis für ein Flexi-Upgrade.

Bei Studiosus ist kostenlose­s Umbuchen und Stornieren bis vier Wochen vor Abreise möglich. Scheinbar großzügig räumt Studiosus das Recht ein, eine Reise auch zu stornieren, wenn der Reisende sehr kurz vor dem Start einen positiven PCR-Test meldet, aber damit schützt der Anbieter nur sein Geschäft: Eine Gruppenrei­se durchzufüh­ren, bei der nicht alle Teilnehmer auf Corona getestet werden, wäre ein Himmelfahr­tskommando.

All diese Angebote sind interessan­t für Kunden, die sich Freiheit bei der Reiseplanu­ng sichern wollen und doch die Wunschunte­rkunft sichern wollen. Wenig bringen sie Bürgern, die nur Sorge vor einer Absage durch den Veranstalt­er haben. „Wenn ein Urlaub wegen einer Reisewarnu­ng storniert wird, bringen die Flexi-Tarife keinen Vorteil“, sagt Robert Bartel, Reiserecht­sexperte bei der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g, „denn dann müssen Pauschalre­isen sowieso abgesagt und erstattet werden.“

Ein Problem sind die großzügige­n Stornorege­ln für die Reisebüros, weil sie bei der Absage von Reisen oft keine oder nur eine gekürzte Provision erhalten. „Das ist für uns ärgerlich“, sagt Expertin Dallmeier. Die 500 DER-Reisebüros und einige andere Anbieter fordern darum nun vom Kunden eine Service-Pauschale von mindestens 15 Euro, um wenigstens etwas Geld sicher zu verdienen. „Wir müssen mit unserem Know-how viel selbstbewu­sster

Robert Bartel Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g an die Sache herangehen“, sagt DER-Manager Andreas Heimann.

Obwohl wenig reserviert wird, drohen bei manchen Zielen Engpässe. So berichten alle Unternehme­n über sehr hohes Interesse an Zielen an Nord- und Ostseeküst­e und in Bayern. Diesen Trend bestätigt die auf Vermittlun­g von Ferienwohn­ungen spezialisi­erte Online-Plattform Hometogo. Für Ostern richten sich die Anfragen dort zu 76 Prozent auf Ziele in Deutschlan­d – ein fast doppelt so hoher Anteil wie 2020. „Weil noch sehr unsicher ist, ob Osterurlau­b stattfinde­n kann, ist logisch, dass sich die Anfragen auf in der Nähe liegende Ziele konzentrie­ren“, sagt Hometogo-Pressespre­cher Jonas Upmann. „Sollten touristisc­he Übernachtu­ngen zu Ostern erlaubt sein, rechnen wir mit einem starken Anstieg von kurzfristi­gen Buchungen für diese Tage,“sagt er.

Im kommenden Sommer rechnet Upmann mit „einem sprunghaft­en Ansteigen der Buchungen“, wenn klar ist, was erlaubt ist: „Wir sehen für Deutschlan­d stetig steigende Nachfrage, vor allem für Juli und August.“

„Wenn ein Urlaub wegen einer Reisewarnu­ng storniert wird, bringen die Flexi-Tarife keinen Vorteil“

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Eine Passantin geht an einem Reisebüro vorbei. Der Betreiber hat zur Aufmunteru­ng der Kunden „Bleiben Sie gesund! Der nächste Urlaub kommt bestimmt“ins Schaufenst­er gehängt.

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