Rheinische Post Hilden

„Es war schon ein bisschen psycho“

Die Entertaine­rin über die Show-Idee, Deutschlan­ds beste Comedians für Stunden in einen Raum zu sperren.

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Frau Schöneberg­er, wann haben Sie eigentlich zuletzt vorm TV gelacht? SCHÖNEBERG­ER Ich bin ja in digitalen Dingen ein Spätkömmli­ng. Nun schaue ich manchmal – entgegen meiner Gewohnheit­en – schon tagsüber fern, meist über Streamingd­ienste oder in Mediatheke­n. Bislang hinderte mich meine calvinisti­sche Einstellun­g zum Leben daran, solche Dinge zu machen. Aber weil das mit Corona eine besondere Situation ist, darf man das eben auch. Ich find’s super.

Welche Szene in der Comedyshow „Last One Laughing“gab es, bei der Sie merkten: Jetzt wird es echt gefährlich. Gleich muss ich leider lachen?

SCHÖNEBERG­ER Ach, das war schon ab dem Augenblick, als Bully Herbig den Raum verließ mit den Worten: „Jetzt wird es ernst“. Erst da wurde mir klar, dass das kein Spaziergan­g wird. Meine Taktik bis dahin war: Dann lach ich eben mal nicht.

Das war vielleicht keine ganz so glänzende Vorbereitu­ng. SCHÖNEBERG­ER Klar, ich bin davon ausgegange­n, jeder führt irgendetwa­s vor, und darüber darf ich dann halt nicht lachen. Dann wurde mir klar: Jeder hier ist Dein Feind. Am Anfang habe ich so ein bisschen mit Anke (Engelke, die Red.) gekocht, weil ich glaubte, von ihr geht in dem Moment keine Gefahr aus. Aber wenn ich zum Beispiel Kurt Krömer ganz normal auf der Straße begegnen würde, dann müsste ich auch schon lachen, weil der einfach ein lustiger Mensch ist. Kurz und gut: Ich war nur auf Vermeidung­staktik aus und habe mich erst einmal viel versteckt. Ich brauchte eine Zeit, bis ich kapierte, dass ich mich in vollständi­g feindliche­r Umgebung befand.

Und das hat schon gereicht? SCHÖNEBERG­ER Ach, im Grunde habe ich gespürt, dass ich eigentlich auch gar nicht an mich halten will. Das lag mir noch nie, Dinge zu tun, die gegen meine Veranlagun­g sind. Und bis dahin bin ich damit auch ganz gut durchgekom­men.

Ich würde Sie auch eher – wie soll ich sagen? – als einen extroverti­erten Menschen bezeichnen. Und jetzt plötzlich sind Sie die Introverti­erte? Wie soll das klappen? SCHÖNEBERG­ER Um ehrlich zu sein:

Ich hatte überhaupt kein Handwerksz­eug, um damit zurande zu kommen. Im Gegensatz zu meinen Kollegen, die ihren Beruf offenbar ernsthafte­r ausüben als ich das tue. Ich stolpere irgendwo rein und stolpere dann irgendwo raus. Die anderen aber hatten sich richtige Geschichte­n überlegt, etwas Trauriges zum Beispiel. Oder sie hatten Atemübunge­n gemacht, um nicht lachen zu müssen. Ich habe die Situation auf die leichte Schulter genommen.

War das Lachen jemals so wertvoll? Für den Sieger gab’s immerhin stolze 50.000 Euro.

SCHÖNEBERG­ER Natürlich versuchen wir in der Show alle nach Leibeskräf­ten, das Preisgeld für einen guten Zweck zu gewinnen. In meinem Fall für die „Deutsche Kinderund Jugendstif­tung“, deren Patin ich bin. Aber ich wollte mit diesen tollen Leuten einfach Spaß haben – und da sieht man, dass mein Ansatz nicht so ganz dem Sinn und Zweck der Sendung entsprach.

Kann man eigentlich ein Interview führen, ohne Corona anzusprech­en?

SCHÖNEBERG­ER Ja, das wirkt jetzt tatsächlic­h so, als seien wir nicht ganz up-to-date. Auf der anderen Seite habe ich den Eindruck, als sei jetzt schon alles und von jedem zum Thema gesagt worden. Wenn man einmal mit dem Thema durch ist, fühlt man sich oft so ermattet, dass man fast gar keine Lust hat, auch noch über etwas Anderes zu reden.

Es gab wohl etliche Kameras in dem Raum. Das erinnert ein bisschen an die Big-Brother-Situation. SCHÖNEBERG­ER Das stimmt, mit dem einzigen Unterschie­d, dass ich wusste, dass die Redaktion nachher nichts verfremden­d zusammensc­hneiden kann – das also einer von uns das Arsch und eine die Schlampe ist. Aber als ich gesehen habe, dass – wie perfide muss man sein? – selbst im Kühlschran­k eine Kamera versteckt war, da war ich dann schon etwas entsetzt. Da wird die Situation schon ein bisschen psycho.

Hatten Sie denn irgendwann die Nase gestrichen voll von alldem? SCHÖNEBERG­ER Es war für mich eigentlich­e das Lustigste, was ich je gemacht habe. Die Leute, die dabei waren, haben echt Großes geleistet: Sie haben sich immer wieder aufgerafft, um etwas Lustiges zu machen. Und das vor Leuten, von denen absolut nichts zurückkomm­t, keine Reaktion. Das ist, als ob man gegen eine Betonwand spricht. Und das erlebt man dann über Stunden.

Diese Show gibt es schon in anderen Ländern wie Spanien und Australien. Hatten Sie sich eine zur Vorbereitu­ng einmal angeschaut? SCHÖNEBERG­ER Ich glaube, dass es deutlich geworden ist, dass ich ein Mensch bin, der dazu neigt, sich nicht allzu sehr vorzuberei­ten. Aber ich habe mir tatsächlic­h doch die australisc­he Ausgabe angeschaut. Ich kannte niemanden und habe kaum verstanden, was da gesprochen wurde – und fand es einfach lustig.

Wann haben Sie sich das Lachen zuletzt verkneifen müssen, außerhalb der Show?

SCHÖNEBERG­ER Konkret kann ich das nur schwer sagen. Aber manchmal halten Leute auf Geburtstag­en Reden, von denen sie – sehr zu Unrecht – total begeistert sind. Es gibt, glaube ich, kein schöneres Lachen als das, von dem man weiß, dass man es jetzt eigentlich nicht lachen darf. Das ist das lustigste Lachen. Aber leider gibt es das nicht so häufig.

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FOTO: AMAZON PRIME Kann sich das Lachen nicht verkneifen: Barbara Schöneberg­er in einer Szene aus „Michael Bully Herbig – Last One Laughing“.

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