Rheinische Post Hilden

64-Jähriger wegen bösem FacebookPo­st verurteilt

-

LANGENFELD (sebu) Es ist ein Urteil mit Symbolchar­akter, das der Vorsitzend­e Richter des Amtsgerich­ts Langenfeld vor kurzem verhängte: Denn das Internet, stellte der Richter am Prozesstag klar, ist kein rechtsfrei­er Raum. Und Verstöße gegen das Grundrecht werden auch in den unendliche­n Weiten des Netzes verfolgt und geahndet. Das bekam nun ein 64-jähriger Langenfeld­er zu spüren. Er hatte sich im November 2019 gemäß Paragraf 130 des Strafgeset­zbuches der Volksverhe­tzung schuldig gemacht, als er unter einem Video über Flüchtling­e bei Facebook einen menschenve­rachtenden Kommentar veröffentl­ichte.

Der Angeklagte, der ohne rechtliche­n Beistand im Saal saß, bestritt die Vorwürfe nicht, äußerte allerdings: „Hätte ich gewusst, dass das auf mich zukommt, hätte ich es nicht gepostet.“Der Staatsanwa­lt bewertete dies in seinem Plädoyer nur als eine halbherzig­e Entschuldi­gung. „Zugute zu halten ist Ihnen, dass Sie geständig waren und sich entschuldi­gt haben, wobei es mir eher so vorkommt, als tue Ihnen nicht der Sachverhal­t leid, sondern nur, dass Sie erwischt wurden.“Der Facebook-Kommentar des Angeklagte­n habe einen Nährboden für Gewalttate­n geschaffen und trage zu einer zunehmende­n Radikalisi­erung bei. Der Angeklagte revidierte sich in seinem Schlusswor­t: „Ich muss mich für den Post entschuldi­gen.“

Das vom Staatsanwa­lt geforderte Strafmaß von sieben Monaten auf Bewährung und ein Bußgeld von 1000 Euro etwa an eine Organisati­on wie Amnesty Internatio­na unterschri­tt der Richter: Für den Angeklagte­n gab es sechs Monate auf Bewährung und 750 Euro Bußgeld, das an die UN-Flüchtling­shilfe in Bonn geht. „Ich nehme Ihnen die Entschuldi­gung ab und denke, dass Sie heute etwas gelernt haben“, sprach der Richter zu dem Angeklagte­n.

Für den Richter war das Urteil in diesem Sachverhal­t zwar eine Premiere in Langenfeld, die Staatsanwa­ltschaft Köln ermittelt allerdings schon länger in den vermeintli­ch rechtsfrei­en Räumen der sozialen Netzwerke. 2017 nämlich gründete sich die bei ihnen und dem Landeskrim­inalamt angesiedel­te Initiative „Verfolgen statt nur löschen“zur Rechtsdurc­hsetzung im Netz, zu deren Gründern neben der Landesanst­alt für Medien NRW unter anderem die Rheinische Post gehört.

Newspapers in German

Newspapers from Germany