Ist das Verweilverbot eine gute Idee?
41,2 Kilometer misst der Rhein in der Landeshauptstadt am rechten Ufer, dazu kommen noch mal acht Kilometer im linksrheinischen Düsseldorf (plus mehr als 30 Kilometer, die zum Rhein-Kreis Neuss gehören). An den meisten Stellen gibt es Spazier- und Fahrradwege, Wiesen oder Strände, an denen man sitzen und liegen darf – ganz gleich, ob links- oder rechtsrheinisch. Ganz schön viel Platz also, um das schöne Wetter draußen genießen zu können.
Deshalb ist es umso unverständlicher, dass immer noch so viele Menschen in die Altstadt geströmt sind. Junge, Alte, Paare, Grüppchen oder ganze Familien. Zwar war der Andrang jetzt nicht mehr ganz so groß wie am Wochenende davor, trotzdem hielten sich immer noch viel zu viele Menschen zwischen Apollo-Wiese und Rheinterrasse auf.
Der Stadt blieb eigentlich nichts anderes übrig, als auf die Massen vom vorletzten Wochenende zu reagieren. Sie ordnete das Verweilverbot an, hat das aber nicht sehr konsequent durchgesetzt. Viele Menschen ignorierten schlicht die Ansagen von Ordnungsamt und Polizei, die eigentlich schon jetzt hätten Knöllchen verteilen müssen. Ganz einfach zum Schutz aller, vor allem aber jener, die sich an die Regeln halten. Die Frage ist auch, ob die Verbotsschilder ausreichen, die die Stadt montiert hat. Oder ob nicht doch Mäuerchen mit Gittern abgesperrt werden sollten, so wie es schon bei der Freitreppe passiert ist. Wenn das immer noch nicht hilft, müssen die Bänke abgebaut werden und in einem letzten Schritt eben alle Zufahrten im Bereich zwischen Apollo-Wiese und Rheinterrassen zum Rhein gesperrt werden.
All jenen, die sich jetzt ärgern über die oben genannten Vorschläge, sei gesagt: Es gibt in Düsseldorf fast 50 Kilometer Rhein, dazu kommen unzählige Parks und Freiflächen, wo man nach dem langen Winter und all den Einschränkungen durch die Pandemie mit mehr Platz den Frühling genießen kann. Warum also wissentlich dorthin kommen, wo es viel zu eng ist?
Nicole Kampe
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ein Andrang wie am vorletzten Wochenende an und auf der Rheinuferpromenade darf sich nicht wiederholen. Wenn es so eng zugeht, dann ist die Ansteckungsgefahr auch draußen zu hoch. Das heißt zudem: Die Ordnungsbehörden sind gefordert, künftig zu verhindern, dass sich zu viele Menschen unvernünftigerweise ins Getümmel stürzen. Nur: Das Verweilverbot hilft nicht gegen den Andrang.
Möglicherweise hat es gewisse abschreckende Wirkung. Zu der hat das Ordnungsamt allerdings nicht beigetragen, da es bislang nur ermahnt und lediglich eine einzige Geldbuße verhängt hat. Womöglich strömen die Massen aber auch allein aufgrund wärmerer Temperaturen bald wieder ans Rheinufer. Und was kann die Stadt dann auf Grundlage des Verweilverbots dagegen tun? Richtig: streng genommen nichts. Denn die Aufforderung zum Weitergehen lässt es ja nicht leerer werden. Gerade bei den Spaziergängern an den Kasematten wurde es ja viel zu eng. Und dieses Flanieren ist nun mal die Hauptbeschäftigung an der Promenade.
Genau das wiederum ist der große Unterschied zum Brüsseler Platz in Köln, wo Düsseldorfs heutiger Oberbürgermeister Stephan Keller im vergangenen Jahr noch als Stadtdirektor
ein Verweilverbot miteinführte. Dort wirkte es, weil man sich dort eben zum Verweilen traf, und nicht zum Spaziergang, was dort gar keinen Sinn ergeben würde. Der Effekt des Verweilverbots in Düsseldorf war dagegen ein ganz anderer. Ordnungsamt und Polizei waren permanent damit beschäftigt, Menschen von Bänken zu verscheuchen, die eigentlich genug Abstand zu anderen einhalten konnten. So schafft man kein Verständnis für Corona-Regeln. Das waren zum Teil absurde Szenen. (Nebenbei: Es geht natürlich gar nicht, wenn jeder glaubt, er könne sich aus guten Gründen über geltende Regeln hinwegsetzen.) Ob mit oder ohne Verweilverbot: Am Ende wird die Stadt Gedränge konkret vor Ort auflösen müssen, ob da gesessen oder gegangen wird, macht dabei keinen Unterschied.
Alexander Esch