Verwirrende Zeichen der Hoffnung
Noch sind der Bund und die Landesregierungen weit weg von Beschlüssen – eine Verhandlungsrunde von 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs mit der Kanzlerin hat ihre eigene Dynamik. Kommt es aber bei den Gesprächen am Mittwoch so ähnlich wie in dem jetzt lancierten Entwurfspapier vorgeschlagen, dürfen sich die Inhaber bestimmter Einzelhandelsgeschäfte wie Buch- und Blumenläden berechtigte Hoffnung auf rasche Öffnungen machen. Und die anderen? Schauen noch in die Röhre. Es wird Besitzern von Bekleidungsgeschäften kaum zu vermitteln sein, warum sie noch keine Kunden einlassen dürfen. Und dennoch ist schon einmal positiv, dass die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche nicht mehr allein ausschlaggebend sein soll für die Entscheidung über weitere Öffnungen. Zusammen mit einem sehr weitgehenden Anspruch auf Schnell- und Selbsttests, der angesichts der vom Bund bestellten 800 Millionen Tests aber leider kaum zu halten sein wird, könnten wieder mehr Freiheiten möglich werden.
Zugleich verwirrt der Vorschlag aus der Feder von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und ranghohen Beamten, weil der beim letzten Treffen vereinbarte Zielwert von 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche nicht mehr konsequent verfolgt werden soll. Mit Öffnungsschritten trotz höherer Inzidenzwerte wird diese für viele Wissenschaftler zentrale Marke ausgehöhlt, zugleich taucht sie etwa bei Regeln zu Kontaktbeschränkungen weiter auf. So wirkt es wie ein Sowohl-als-auch-Konzept, das viel Angriffsfläche für Klagen bieten könnte. Ein Hoffnungszeichen bleiben die möglichen Ausnahmen für Ostern. Kaum vorstellbar, dass die Politik vor diesem so wichtigen Fest wirklich die im Papier vorgeschlagene Notbremse ziehen sollte, wenn die Inzidenzzahlen wieder steigen.
BERICHT GASTRONOMIE WILL SCHNELLER ÖFFNEN, TITELSEITE