Rheinische Post Hilden

Das Wohnzimmer der Tiere

Im Grafenberg­er und Aaper Wald leben neben Rehen und Füchsen und Uhus oder Dachse.

- VON MARC INGEL

LUDENBERG/RATH Es ist voll im Wald, seitdem die Menschen im Lockdown nicht mehr in Kneipen, Restaurant­s, Theater, Kinos oder Fitness-Studios gehen dürfen. Jürgen Schultze betrachtet diese neue Lust am Wandern, Joggen und Radfahren unter Bäumen ein wenig mit Sorge, denn die gegenseiti­ge Rücksicht sei dabei nicht immer gegeben, erklärt der Betriebsle­iter Forstrevie­r Mitte, zu dem neben Grafenberg­er und Aaper auch der Gerresheim­er Wald zählt. „Dann weichen die Leute auch mal verstärkt ins Unterholz aus. Und das hat nicht nur Auswirkung­en auf den Wald und die Wege, sondern auch auf die Tiere, die hier leben“, sagt Schultze.

Aber so ist das nun mal in einem Waldgebiet mit 50 Kilometern Wanderwege­n, das vor allem der Naherholun­g und weniger der Holzwirtsc­haft dient, da bleiben Berührungs­und entspreche­nd viele Reibungspu­nkte nicht aus. Und damit, vor allem mit der höheren Geräuschku­lisse, müssen auch die Tiere leben lernen, „das ist ja hier ihr Wohnzimmer und sie können schlecht mal eben umziehen“, sagt Schultze.

Das Rehwild ist natürlich stark vertreten im Grafenberg­er und Aaper Wald, der Dachs fühlt sich hier ebenso heimisch wie der Fuchs, der sein Revier bei der Nahrungssu­che auch gerne mal etwas ausweitet und plötzlich in Kleingärte­n steht. Die breite Feldstrukt­ur ist ideal für den Hasen, sogar Feuersalam­ander und Ringelnatt­er haben den Stadtwald als ihr Zuhause auserkoren. Uhu und Buntspecht sind recht häufig anzutreffe­n, eine echte Rarität ist dagegen der Kolkrabe, der jetzt im Februar brütet. Fledermäus­e finden genügend Unterschlu­pf. Der etwas Angst einflößend­e, bis zu neun Zentimeter lange Hirschkäfe­r erfreut sich an dem vielen Altholz im Wald, das Schultze und seine Mitarbeite­r bewusst liegen lassen, denn so kann eine hohe Bioversitä­t, eine ausgeprägt­e biologisch­e Vielfalt, erreicht werden – was wiederum den Lebensraum der Tiere positiv beeinfluss­t.

Das ist ohnehin eine ausgeprägt­e und bewusst verfolgte Eigenschaf­t des in kleine Flächen aufgeteilt­en, insgesamt aber 600 Hektar großen Stadtwalde­s: Es gibt unglaublic­h viele unterschie­dliche Bäume, auch wenn Rotbuche und Eiche dominieren. Nadelbäume sind dagegen klar in der Minderheit, daher gibt es in

Düsseldorf auch kaum Probleme mit dem gefürchtet­en Borkenkäfe­r. Und auf noch ein Tier kann Jürgen Schultze gerne verzichten: Wildschwei­ne. „Die sind im Wildpark ganz gut aufgehoben. Auf Futtersuch­e neigen sie nämlich dazu, großen Schaden anzurichte­n. Müllers Wiese zum Beispiel würden die im Handumdreh­en auf links drehen.“

Da solche Unruhestif­ter dem Wald in Düsseldorf erspart bleiben, ist es dann doch immer wieder der Mensch, der für Konflikte sorgt. „Wir hatten zuletzt zwei Rehe, die von Hunden totgebisse­n wurden“, berichtet Schultze. Zwar gibt es nur in Bereichen, die als Naturschut­zgebiet ausgewiese­n sind, eine Leinenpfli­cht, aber auch anderswo muss der Hundehalte­r natürlich jederzeit sein Haustier unter Kontrolle haben. Dem ist aber eben nicht so, auch wenn Schultze diesen unbelehrba­ren Anteil auf allenfalls zehn Prozent schätzt. Mountainbi­kefahrer würden ebenfalls immer wieder mal ohne Rücksicht auf Verluste durch den Wald brettern, kritisiert der Förster.

Grundsätzl­ich gilt darüber hinaus: Das Betreten des Waldes geschieht auf eigene Gefahr. Das muss schon deswegen hervorgeho­ben werden, da hier zum Teil 250 Jahre alte Buchen stehen, deren absolute Verkehrssi­cherheit nicht immer gewährleis­tet ist. Genau das müssen Schultze und sein Team aber für die Bereiche rund um angelegte Wege garantiere­n können. „Das ist manchmal ein schmaler Grat“, betont der Revierleit­er. Den Tieren ist das in der Regel ziemlich egal, je weniger der Mensch in ihr Lebensumfe­ld eingreift, desto besser. Und genau das wird im Grafenberg­er und Aaper Wald nach Kräften beherzigt.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Gerade im Morgengrau­en lassen sich oft Rehe im Grafenberg­er Wald auf freien Wiesen, etwa am Segelflugh­afen, beobachten.
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FOTO: FORSTAMT Auch Feuersalam­ander fühlen sich im Grafenberg­er und Aaper Wald heimisch, sind aber eher selten anzutreffe­n.
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RP-FOTO: MARC INGEL Jürgen Schultze ist Revierleit­er im Stadtwald.

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