Das Backsteinhaus am Rheinturm soll bleiben
Das Gebäude von 1915 soll die Landtagserweiterung überstehen – die Frage ist nun, ob es versetzt wird.
UNTERBILK Düsseldorf ist eine moderne Stadt, aber deswegen muss nicht immer das Alte weichen, wenn neu gebaut wird. Das rote Backsteinhaus neben Landtag und Rheinturm soll erhalten bleiben, wenn der Landtag erweitert wird. Das Gebäude ist mehr als 100 Jahre alt, die schwarz-grüne Ratsmehrheit stellt in der Sitzung des Planungsausschusses am heutigen Mittwoch den Antrag, seine Unterschutzstellung zu prüfen. Notfalls solle das Haus transloziert, also abgetragen und gleich in der Nähe wieder neu aufgebaut werden. Die Landtagsverwaltung erklärt gegenüber unserer Redaktion, für den Vorschlag offen zu sein.
Das Haus befindet sich südlich des Landtagsgebäudes an der Stromstraße 2. Der Architekt Andreas Grohmann erbaute es 1915 als Kontor der Kohlenhandlung Gustav Langendorf. „Anno 1915“steht auch auf dem Haus geschrieben. Sein Schicksal ist auf einer Gedenktafel am Gebäude festgehalten, die von den Enkeln des Architekten gestiftet wurde. Aus der Inschrift wird ersichtlich, dass das Gebäude schon einmal zur Disposition stand, nämlich in der Zeit der Bauphase von Rheinturm und Landtag, die hintereinander von 1978 bis 1988 errichtet wurden. „Engagierte Düsseldorfer Bürger und die IDR AG retteten es 1982 vor dem geplanten Abriss“, steht auf der Tafel.
Die Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz AG (IDR) ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Düsseldorf. Ihr gehören der Rheinturm und auch das Backsteinhaus. Anders als vor 30 Jahren würde das Unternehmen jetzt nicht unbedingt auf seinem Erhalt bestehen, ist aus der IDR-Vorstandsetage zu hören. Man wolle einer großen Entwicklung nicht im Wege stehen. Gleichwohl
würde man den Erhalt des Hauses begrüßen. Heute wird es von den Gastronomiepächtern des Rheinturms für die Verwaltung genutzt.
Das Gebäude ist bislang nicht denkmalgeschützt. „Die aktuellen Planungen im Bebauungsplan-Vorentwurf haben Auswirkungen auf das Gebäude an der Stromstraße. Sie drohen das Gebäude in den Schatten zu stellen oder gar rückzubauen“, heißt es im schwarz-grünen Antrag für den Planungsausschuss. Dabei habe das Gebäude identitätsbildenden Charakter für die Umgebung und sei das einzige erhaltene Gebäude aus der Vorkriegszeit, sagt CDU-Planungspolitiker Andreas Schröder. Und es steht für ein untergegangenes Stück Hafen: Im Zusammenhang mit dem Bau des Rheinturms und des neuen Landtages wurde das Becken des alten Berger Hafens zugeschüttet, unter anderem musste auch die dort beheimatete Fortin-Getreidemühle umziehen.
Ideal wäre eine Integration des Kontorhauses in die Erweiterungsbauten des Landtages. Die Visualisierungen des Siegerentwurfs zeigen, dass dies bislang nicht vorgesehen ist. Die Landtagsverwaltung ist darüber in Gesprächen mit dem Architekturbüro Schulz und Schulz, die mit den Grünplanern des Büros R+B Landschaftsarchitektur den Wettbewerb gewonnen haben. Der Pressesprecher des Landtags bestätigt nun aber offiziell gegenüber unserer Redaktion, dass auch die zweite mögliche Zerstörung des Backstein-Oldies scheitern wird. Er ist danach „Teil der Geschichte des Düsseldorfer Hafens, an dem der Landtag liegt. Es wird erhalten bleiben, auch beim Bau des geplanten Erweiterungsgebäudes des Landtags. Die Frage des Standortes ist Gegenstand der Planungen für das Erweiterungsgebäude.“
Der Siegerentwurf der Leipziger Architekten nimmt die Formensprache des Parlamentsgebäudes auf und schließt auch gleich an ihn an, vier runde Gebäude reihen sich wie an einer Kette in den Bürgerpark. Drei der neuen Gebäude, die durch Brücken in der zweiten Etage verbunden sind, sind aufgeständert. Der Zugang in Richtung Rhein bleibt für Spaziergänger also erhalten.
Der Erhalt von Bestehendem spielt auch an anderer Stelle eine Rolle. Beim Heinrich-Heine-Platz vor dem Carsch-Haus, der umgestaltet werden soll, geht es aktuell um die Position des Pavillons. Er soll bestehen bleiben, vermutlich aber an anderer Stelle. Das CarschHaus selbst ist ein sehr prominentes Beispiel für eine Translozierung. Es wurde für den Bau des zentralen U-Bahnhofs an der Heinrich-Heine-Allee Stein für Stein abgetragen, um Platz für die Bagger und Arbeiter zu schaffen. Die denkmalgeschützte Fassade aus 4800 Steinen wurde demontiert und eingelagert. 1983 wurde das um 23 Meter nach Westen versetzte und neu aufgebaute Carsch-Haus mit einer großen Feier wieder eröffnet.