„Sparer sind auf der Verliererseite“
Dem Beispiel der Düsseldorfer Sparkasse, die Kunden mit hohen Guthaben kündigte, will die Sparkasse HRV nicht folgen. Sie sucht in naher Zukunft das Gespräch zu Kunden mit hohen Guthaben, kündigt der Vorstand an.
HILDEN/RATINGEN/VELBERT „2020 war volkswirtschaftlich kein gutes Jahr“, bringt es Udo Zimmermann, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hilden/Ratingen/Velbert (HRV) auf den Punkt. Auch das Geldinstitut bekam die Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich zu spüren – wenngleich die Jahresbilanz unterm Strich noch ganz gut aussieht.
Eine der Auswirkungen: „Die Sparquote unserer Kunden erreichte mit 16,3 Prozent Rekordniveau“, so Zimmermann. Der Einzelhandel geschlossen, Urlaube nicht möglich, Freizeitgestaltung begrenzt – also blieb das Geld auf den Konten vieler Kunden liegen. Ein Umstand, der dem Sparkassenvorstand Sorgenfalten beschert: „Die Inflationsrate lag im Februar bei 1,3 Prozent“, berichtet Zimmermann. Für die Kunden bedeutet das: „Das Geld auf den Konten ist immer weniger wert. Wer hohe Summen auf Spar-, Terminoder Tagesgeldkonten hat, ist auf der Verliererseite“, mahnt der Vorstandsvorsitzende.
Dem Beispiel der Düsseldorfer Sparkasse, die Kunden mit hohen Guthaben kündigte, will die Sparkasse HRV nicht folgen. Einige Kunden können aber in den kommenden Wochen mit einem Anruf ihrer Sparkasse rechnen. „Wir suchen das Gespräch und beraten die Kunden für das Wertpapiergeschäft“, so Zimmermann. Dieses Vorgehen schlägt sich bereits in den Bilanzzahlen nieder. So nahmen die Wertpapierumsätze
mit einem Wachstum von rund 55 Prozent deutlich gegenüber 2019 zu. 2020 wurden 56 Prozent mehr neue Depots angelegt als in den Vorjahren.
Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigen sich auch bei den gewerblichen Kunden. Anzeichen für eine Insolvenzwelle gebe es derzeit nicht, so Zimmermann, aber: „Wir haben im vergangenen Jahr 800 Gespräche mit Gewerbetreibenden geführt.“Insgesamt wurden Fördermittelkredite in einer Höhe von 26,9 Millionen Euro vergeben, dazu kommen Kredite in einer Höhe von 417 Millionen Euro. „Damit konnten wir in schwierigen Zeiten den Kunden
Sicherheit geben“, sagt Zimmermann.
Eine zunehmende Digitalisierung machte sich auch bei der Sparkasse HRV bemerkbar. „Corona hat vieles beschleunigt“, berichtet der Vorstandvorsitzende. 66 Prozent aller Girokonten werden inzwischen online geführt (3,5 Prozent mehr als im Vorjahr). Rund 18.000 digitale Transaktionen zählt die Sparkasse pro Tag. Knapp 35.000 Kunden haben inzwischen die Sparkassen-App auf das Mobiltelefon geladen (14 Prozent mehr als im Vorjahr), und auch das kontaktlose Zahlen wird immer beliebter.
Doch nicht alles läuft auf digitalem Wege. Deutlich mehr Kunden als früher griffen zum Telefon. 236.000 Anrufe beantwortete die Sparkasse im Jahr 2020. Das sind rund 770 Telefonate am Tag. Das Personal im Kunden-Service-Center musste aufgestockt werden, um der Flut der Anfragen Herr zu werden.
Der persönliche Kontakt soll auch weiterhin in den Filialen der Sparkasse möglich sein. „Aktuell steht bei uns keine Entscheidung zum Filialnetz an“, so Zimmermann. Will heißen: Schließungen sind derzeit nicht geplant, langfristig aber nicht ausgeschlossen: „Corona war beim Thema Digitalisierung ein Beschleuniger. Das müssen wir beobachten, für uns bewerten und gegebenenfalls Rückschlüsse ziehen“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Auch bei den Gebühren für Girokonten sieht die Sparkasse derzeit keinen Handlungsbedarf.