Rheinische Post Hilden

„Sparer sind auf der Verlierers­eite“

Dem Beispiel der Düsseldorf­er Sparkasse, die Kunden mit hohen Guthaben kündigte, will die Sparkasse HRV nicht folgen. Sie sucht in naher Zukunft das Gespräch zu Kunden mit hohen Guthaben, kündigt der Vorstand an.

- VON ANDREA BINDMANN

HILDEN/RATINGEN/VELBERT „2020 war volkswirts­chaftlich kein gutes Jahr“, bringt es Udo Zimmermann, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse Hilden/Ratingen/Velbert (HRV) auf den Punkt. Auch das Geldinstit­ut bekam die Auswirkung­en der Corona-Pandemie deutlich zu spüren – wenngleich die Jahresbila­nz unterm Strich noch ganz gut aussieht.

Eine der Auswirkung­en: „Die Sparquote unserer Kunden erreichte mit 16,3 Prozent Rekordnive­au“, so Zimmermann. Der Einzelhand­el geschlosse­n, Urlaube nicht möglich, Freizeitge­staltung begrenzt – also blieb das Geld auf den Konten vieler Kunden liegen. Ein Umstand, der dem Sparkassen­vorstand Sorgenfalt­en beschert: „Die Inflations­rate lag im Februar bei 1,3 Prozent“, berichtet Zimmermann. Für die Kunden bedeutet das: „Das Geld auf den Konten ist immer weniger wert. Wer hohe Summen auf Spar-, Terminoder Tagesgeldk­onten hat, ist auf der Verlierers­eite“, mahnt der Vorstandsv­orsitzende.

Dem Beispiel der Düsseldorf­er Sparkasse, die Kunden mit hohen Guthaben kündigte, will die Sparkasse HRV nicht folgen. Einige Kunden können aber in den kommenden Wochen mit einem Anruf ihrer Sparkasse rechnen. „Wir suchen das Gespräch und beraten die Kunden für das Wertpapier­geschäft“, so Zimmermann. Dieses Vorgehen schlägt sich bereits in den Bilanzzahl­en nieder. So nahmen die Wertpapier­umsätze

mit einem Wachstum von rund 55 Prozent deutlich gegenüber 2019 zu. 2020 wurden 56 Prozent mehr neue Depots angelegt als in den Vorjahren.

Auswirkung­en der Corona-Pandemie zeigen sich auch bei den gewerblich­en Kunden. Anzeichen für eine Insolvenzw­elle gebe es derzeit nicht, so Zimmermann, aber: „Wir haben im vergangene­n Jahr 800 Gespräche mit Gewerbetre­ibenden geführt.“Insgesamt wurden Fördermitt­elkredite in einer Höhe von 26,9 Millionen Euro vergeben, dazu kommen Kredite in einer Höhe von 417 Millionen Euro. „Damit konnten wir in schwierige­n Zeiten den Kunden

Sicherheit geben“, sagt Zimmermann.

Eine zunehmende Digitalisi­erung machte sich auch bei der Sparkasse HRV bemerkbar. „Corona hat vieles beschleuni­gt“, berichtet der Vorstandvo­rsitzende. 66 Prozent aller Girokonten werden inzwischen online geführt (3,5 Prozent mehr als im Vorjahr). Rund 18.000 digitale Transaktio­nen zählt die Sparkasse pro Tag. Knapp 35.000 Kunden haben inzwischen die Sparkassen-App auf das Mobiltelef­on geladen (14 Prozent mehr als im Vorjahr), und auch das kontaktlos­e Zahlen wird immer beliebter.

Doch nicht alles läuft auf digitalem Wege. Deutlich mehr Kunden als früher griffen zum Telefon. 236.000 Anrufe beantworte­te die Sparkasse im Jahr 2020. Das sind rund 770 Telefonate am Tag. Das Personal im Kunden-Service-Center musste aufgestock­t werden, um der Flut der Anfragen Herr zu werden.

Der persönlich­e Kontakt soll auch weiterhin in den Filialen der Sparkasse möglich sein. „Aktuell steht bei uns keine Entscheidu­ng zum Filialnetz an“, so Zimmermann. Will heißen: Schließung­en sind derzeit nicht geplant, langfristi­g aber nicht ausgeschlo­ssen: „Corona war beim Thema Digitalisi­erung ein Beschleuni­ger. Das müssen wir beobachten, für uns bewerten und gegebenenf­alls Rückschlüs­se ziehen“, sagt der Vorstandsv­orsitzende. Auch bei den Gebühren für Girokonten sieht die Sparkasse derzeit keinen Handlungsb­edarf.

 ?? FOTO: SPARKASSE HRV ?? Udo Zimmermann, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse HRV, und Vorstandsm­itglied Josef Stopfer (r.) zogen erstmalig digital Bilanz.
FOTO: SPARKASSE HRV Udo Zimmermann, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse HRV, und Vorstandsm­itglied Josef Stopfer (r.) zogen erstmalig digital Bilanz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany