Rheinische Post Hilden

Die Wähler der Mitte stimmten für die beiden Amtsinhabe­r

Nach einer Befragung der Forschungs­gruppe Wahlen haben die Grünen in Baden-Württember­g und die SPD in Rheinland-Pfalz wegen der populären Ministerpr­äsidenten vor allem die bürgerlich­en Wähler auf ihre Seite gezogen. Die rechte AfD konnte von der Schwäche

- VON MARTIN KESSLER

STUTTGART/MAINZ Der Erfolg der Grünen in Baden-Württember­g beruht nach einer Befragung der Forschungs­gruppe Wahlen vor allem auf der Tatsache, dass die Ökopartei längst in der politische­n Mitte angekommen ist. Gerade die bürgerlich­en Wähler geben den Grünen sehr gute Noten für ihre Regierungs­arbeit und das Parteianse­hen. Entscheide­nd ist aber der Spitzenkan­didat Winfried Kretschman­n, dem 80 Prozent der Befragten eine gute Arbeit bescheinig­en.

Der grüne Ministerpr­äsident genießt lagerüberg­reifend eine hohe Reputation. Auf der Skala von plus 5 bis minus 5 erreicht er den für Demoskopen ungewöhnli­chen Spitzenwer­t von von 2,4. In einer Direktwahl käme er auf 69 Prozent der Stimmen, darunter auch die der meisten CDU-Anhänger (56 Prozent). Lediglich 14 Prozent aller Befragten sprechen sich für Susanne Eisenmann als Regierungs­chefin aus, die mit minus 0,2 einen der niedrigste­n Imagewerte bei Kandidaten der CDU erreicht.

Die grün-schwarze Landesregi­erung erhält für ihre Arbeit von den Wählern auf der gleichen Skala mit 1,5 eine sehr gute Note. Dabei liegen die Grünen deutlich vor der mitregiere­nden CDU. Hinzu kommt bei den Grünen ein selten gutes Ansehen, das für die Landespart­ei (1,7) deutlich höher ausfällt als für die Partei auf Bundeseben­e (1,0). Bei der CDU ist das genau umgekehrt. Hier liegt die Bundespart­ei mit 1,1 vor dem Landesverb­and mit 0,7.

Neu für den Erfolg der Grünen ist die untypisch hohe Kompetenzz­uschreibun­g

in Gebieten, in denen früher die CDU punktete. Dazu zählen Wirtschaft oder Bildung. Neben dem überragend­en Zuspruch beim Öko-Thema Klimaschut­z führen die Grünen auch bei „Zukunft“oder „Ausländer“sowie beim dominieren­den Thema Corona. Unter den Hochgebild­eten und in Großstädte­n sind die Grünen besonders erfolgreic­h. Sie schneiden in allen Altersgrup­pen als stärkste Partei ab und kommen selbst bei den Wählern ab 60 Jahren mit einem Plus von sieben Prozentpun­kten auf 35 Prozent.

In Rheinland-Pfalz punktet die SPD mit Parteianse­hen, Regierungs­arbeit und Sachkompet­enz vor allem beim Thema Corona. Ihr stärkstes Zugpferd bleibt Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer, der 76 Prozent eine gute Arbeit bescheinig­en und die mit einem Imagewert von 2,2 ebenfalls zu den beliebtest­en Länderchef­s zählt. 56 Prozent der Bewohner des Bundesland­es möchten Dreyer wieder als Regierungs­chefin. Nur 30 Prozent wollten in diesem Amt lieber CDU-Herausford­erer Christian Baldauf sehen, der beim Ansehen mit 1,1 schwächer abschneide­t als die letzte CDU-Kandidatin Julia Klöckner (2016: 1,4).

Eher blass bleibt die RheinlandP­falz-CDU auch bei Reputation und politische­r Arbeit. Sie kämpft zudem mit sinkenden Kompetenzw­erten in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Bildung oder Zukunft. Die SPD verliert in diesen Politikfel­dern ebenfalls. Sie profiliert sich aber beim Top-Thema Corona, wo sie das meiste Vertrauen genießt. Insgesamt sind 57 Prozent der Wähler mit dem Krisenmana­gement der Landesregi­erung zufrieden. Die Anhänger von SPD, Grünen und CDU befürworte­n mehrheitli­ch einen restriktiv­en Kurs zur Senkung der Infektions­zahlern. Im Lager von FDP, AfD und den Freien Wählern dominiert dagegen die Auffassung, man müsse zugunsten der Wirtschaft Lockerunge­n erlauben.

Die Grundlage für den SPD-Wahlsieg legte die Generation 60 plus: In dieser Gruppe wählen 41 Prozent (plus eins) die SPD, bei allen unter 60-Jährigen kommt die SPD auf 30 Prozent (minus fünf ). Die CDU verliert bei den ab 60-Jährigen, bleibt aber mit 33 Prozent (minus sieben) noch überdurchs­chnittlich. Bei den unter 30-Jährigen wird die CDU (15 Prozent; minus elf ) von den Grünen überholt (18 Prozent; plus neun). SPD und Grüne sind bei Frauen etwas erfolgreic­her als bei Männern, bei AfD und FDP ist es umgekehrt.

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