„Das ist ein heftiges Ausbremsen“
Der Stopp für Astrazeneca bedeutet einen Einschnitt für die Impfkampagne in Düsseldorf. Erst 23.000 sind vollständig geschützt.
DÜSSELDORF Nach dem Stopp der Impfungen mit Astrazeneca wackelt auch die bisherige Impfstrategie für Düsseldorf. „Wir hoffen, seitens des Landes schnellstmöglich weitere Informationen zu erhalten, wie und wann es nun weitergeht“, sagte Krisenstabsleiter Burkhard Hintzsche unserer Redaktion. Nachdem die Zahl der täglichen Impfungen zuletzt angezogen hatte, droht eine weitere Verzögerung.
Düsseldorf hatte die Verimpfung von Astrazeneca am Montag sofort ausgesetzt, als die Anweisung der Landesregierung eintraf. Wer für diesen Tag einen Termin für die Impfung mit Astrazeneca hatte, erhielt ausnahmsweise den Impfstoff von Biontech. Am Dienstag ist das Impfzentrum an der Arena regulär geschlossen. Die bis Sonntag vereinbarten Impftermine mit Astrazeneca, von dem 2000 Dosen vorrätig sind, wurden per Mail abgesagt. Weitere können zunächst nicht vereinbart werden. Die Zweitimpfungen mit dem problematisierten Impfstoff sollen im Mai beginnen.
Bislang wurden in Düsseldorf insgesamt 77.437 Impfungen verabreicht. Darunter befanden sich 23.263 Zweitimpfungen. Angesichts von mehr als 646.000 Einwohnern ist Düsseldorf von einer flächendeckenden Impfung also weit entfernt.
Bislang wurden in Düsseldorf drei Impfstoffe verabreicht. Alle über 80-Jährigen sowie alle über 65-Jährigen aus den ausgewählten Berufsgruppen haben Angaben der Stadt zufolge ausnahmslos den Impfstoff von Biontech erhalten. Die Mitarbeitenden der Düsseldorfer Uniklinik haben das Mittel von Moderna erhalten. Allen anderen Impfberechtigten wurde der Impfstoff von Astrazeneca angeboten.
Bislag gab es 18.000 Impfungen mit Astrazeneca. Das Mittel wurde im Impfzentrum allen Angehörigen von besonders gefährdeten Berufsgruppen verabreicht, die unter 65 Jahre alt sind. Dazu zählen jene Gruppen, die als „Priorität 1“eingestuft sind, also Altenpfleger, medizinisches Personal mit erhöhter Kontaktwahrscheinlichkeit zu Corona-Infizierten etwa auf Intensivstationen, in Notaufnahmen oder in Rettungsdiensten, sowie medizinisches Personal etwa in der Onkologie oder Transplantationsmedizin.
Seit der vergangenen Woche wurde nach einer Entscheidung der Landesregierung in Düsseldorf auch weiteren Berufsgruppen („Priorität 2“) eine Impfung mit Astrazeneca angeboten. Dabei handelt es sich um Beschäftigte in Kitas, Tagespflege, Grundschulen, Förderschulen und in Einrichtungen der Jugendhilfe sowie Polizisten und andere Ordnungskräfte im Außeneinsatz.
Kerstin Schmidt, ärztliche Leiterin des Impfzentrums, zeigte sich traurig nach der Entscheidung, die Impfungen mit Astrazeneca auszusetzen. „Es hatte den Anschein, dass wir nun mehr Fahrt aufnehmen und Tempo in die Impfungen bekommen“, sagt Schmidt. „Das ist ein heftiges Ausbremsen.“Noch sei offen, wie man die Lücken wieder füllen könne. Ein Urteil aus medizinischer Sicht über den Impf-Stopp wollte Kerstin Schmidt nicht abgeben – sie wolle sich zunächst einlesen. „Im Impfzentrum hatten wir jedoch bis auf die bekannten grippalen Symptome keinerlei Probleme mit Astrazeneca“, sagt sie.
Meike Langert ist Physiotherapeutin.
Sie hat die erste Impfung mit Astrazeneca bekommen, für Ende Mai ist der zweite Termin vereinbart. „Ich hoffe sehr, dass dieser Termin stattfinden kann.“Sie hält, obgleich sie selbst deutliche Nebenwirkungen hatte, die Aussetzung der Impfung für falsch und würde sofort die Risikoübernahme für die zweite Impfung unterschreiben.
Einen ersten Zwischenerfolg der Impfkampagne gab es kürzlich zu vermelden: Die rund 10.000 Menschen, die in Düsseldorf in der Altenpflege und -betreuung zuständig sind, haben nach Angaben der Stadt bis auf wenige Ausnahmen inzwischen beide Impfungen bekommen, gelten also als immunisiert. Zu Fällen mit gravierenden Nebenwirkungen wurde bislang nichts bekannt. Dazu kommen weitere rund 13.000 Impfungen in den anderen ausgewählten Berufsgruppen.
In der Gruppe der über 80-Jährigen, die ein hohes Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs hat, sind 14.000 Impfungen mit dem Mittel von Biontech erfolgt (Stand Freitag). Die Stadt hat in dieser Gruppe 37.000 Menschen ein „Impfangebot“gemacht, es stehen also noch viele Impfungen der ältesten Bevölkerungsgruppe aus.
Durch die Probleme mit Astrazeneca droht eine deutliche Verzögerung der Impfkampagne, nachdem es zuletzt gute Nachrichten gegeben hatte. Am Montag vergangener Woche hatte das städtische Impfzentrum erstmals an einem Tag die geplante Kapazität von 2500 Impfungen überschritten. Die Infrastruktur dafür steht seit Dezember bereit, der Engpass besteht in der Lieferung des Impfstoffs. Dieses Problem droht sich nun durch den Wegfall des gut verfügbaren Astrazeneca-Impfstoffs zu verschärfen. Geplant waren 1440 Impfungen der berechtigten Berufsgruppen mit Astrazeneca an jeweils fünf Öffnungstagen die Woche. Die rund 1000 Impfungen der über 80-Jährigen pro Öffnungstag mit dem Mittel von Biontech laufen weiter.
Durch die Probleme mit Astrazeneca droht sich auch der Impfstart für die nächsten Gruppen in Düsseldorf zu verzögern. Das wären laut der Landesvorgaben die rund 50.000 über 70-Jährigen, Menschen mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs im Fall einer Corona-Infektion sowie Angehörige von Pflegebedürftigen.