Rheinische Post Hilden

Computerar­beit statt Ausstellun­g

In den Museen im Schloss nutzen die Mitarbeite­r den Lockdown zur Digitalisi­erung der Sammlungen.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

BENRATH Ungewohnt still ist es derzeit in den beiden Museen in den Seitenflüg­eln von Schloss Benrath. Weder das Museum für Gartenkuns­t noch das naturhisto­rische Museum haben in den vergangene­n Monaten Besucher gehabt. Und auch die Angestellt­en des Schloss kommen nur selten hierher, denn sie befinden sich zumeist im Homeoffice.

„Eigentlich sollte es hier derzeit um Zitrusfrüc­hte gehen“, sagt Eva-Maria Gruben. Die Kustodin der Sammlung des Museums für Gartenkuns­t steht in den Räumen der Wechselaus­stellung, die bis auf die Plakate an den Wänden leer sind. Als 2020 der erste Lockdown kam, stand sie mit ihrem Team kurz vor der Ausstellun­gseröffnun­g von „Im Bann der goldenen Früchte“. Die Ausstellun­g sollte die Bedeutung von Südfrüchte­n wie Orangen und Zitronen – einst ein wertvolles Statussymb­ol – an den europäisch­en Fürstenhöf­en des Barock beleuchten und parallel zu einer Tagung des Arbeitskre­ises Deutscher Orangerien stattfinde­n. „Seither verschiebe­n wir die Ausstellun­g ständig, suchen immer neue Termine. Zuletzt hatten wir mit September 2021 gerechnet, doch auch das erscheint inzwischen fraglich“, so Gruben. Derzeit rechnet das Schloss-Team eher mit 2022. „Das sollte klappen – allerdings haben wir vor einem Jahr dasselbe über 2021 gedacht.“

Die Konzepte für die Ausstellun­g liegen seit Monaten in der Schublade. Wenn ein Termin einmal feststeht, ist noch viel zu tun: Ein pädagogisc­hes Konzept will organisier­t, Exponate geliehen und Exkursione­n, Vorträge und Catering geplant werden. „Unsere Kooperatio­nspartner sind zum Glück sehr verständni­svoll, im Augenblick sitzen wir ja alle im selben Boot“, so Gruben.

Arbeit gibt es für sie trotz Lockdown und verschloss­enen Museumstür­en genug. Was im alltäglich­en Betrieb oft hinten angestellt werden müsse, könne jetzt vorangebra­cht werden. „Dazu gehört vor allem die Digitalisi­erung der Sammlung“, sagt Gruben. Die zahlreiche­n Ausstellun­gsstücke des Museums für Gartenkuns­t werden in die Datenbanke­n eingepfleg­t, dazu ist viel Recherche nötig, etwa nach Urhebern, Serien oder Erstellung­sdaten. „Das meiste kann man problemlos vom heimischen Computer aus erledigen“, so Eva-Maria Gruben. Nur selten betritt sie in letzter Zeit die Räume des Museums, um beispielsw­eise ein Stück exakt auszumesse­n oder seinen Zustand zu beurteilen – oder auch, wenn die regelmäßig­e Begutachtu­ng der wertvollen, historisch­en Ausstellun­gsstücke durch Fachleute ansteht.

Und auch auf der anderen Seite der Schlossanl­age wird im Augenblick lediglich hinter den Kulissen gearbeitet. Die ausgestopf­ten Tiere des naturhisto­rischen Museums stehen dort im Dunklen. Kustos Gunnar Gad hat die Stelle erst im Sommer 2019 angetreten, Corona hat ihn bei der Planung seiner ersten Sonderauss­tellung erwischt. „Ich hatte ein Projekt zu tierischen Neubürgern geplant, die in Düsseldorf zu beobachten sind: Nil- und Kanadagans, Nutria und sogar Waschbär“, so Gad.

Die Präparator­en brauchen jedoch einen langen Vorlauf – bis zu einem Jahr. „Ich hatte noch Glück, dass ich im März die meisten Aufträge zurückrufe­n konnte, bevor für uns allzu viele Kosten entstanden sind“, erklärt Gad. Lediglich zwei oder drei Tierpräpar­ate habe das Museum abnehmen müssen. Im Sommer gab es trotzdem gute Besucherza­hlen im Museum, Gad hofft, sein Einstandsp­rojekt beizeiten nachholen zu können.

Eigentlich sollte sich gerade einiges tun im naturhisto­rischen Museum. Die Ausstellun­g stammt aus den 1970er Jahren, sie ist überholt. In den kommenden Jahren soll sie komplett umgebaut werden, doch schon im Vorfeld wollte Gad das Konzept modernisie­ren. „Das liegt jetzt aber auch erstmal auf Eis“, sagt er – genau wie die Bienen-Ausstellun­g, die eigentlich nach den Neozoen geplant war.

Auch im naturhisto­rischen Museum beschäftig­t man sich derzeit verstärkt mit der Digitalisi­erung der Sammlung. Teile der Exponate sind nicht einmal mit Bild erfasst, einen genauen Überblick über all die Präparate hat der Kustos noch nicht. „Wir haben zum Beispiel einen Teil der Sammlung eines 2014 geschlosse­nen Wuppertale­r Museums eingelager­t – tausende ausgestopf­te Vögel“, erklärt Gad. Sie zu katalogisi­eren sei eine Aufgabe, die „quasi nicht zu bewältigen“sei – zumal sie zum Teil extern eingelager­t und die Zugänge zu den Lagern nur eingeschrä­nkt möglich seien.

 ?? FOTO: ENDERMANN ?? Gunnar Gad, seit 2019 Leiter des Naturkunde­museums, ist vor allem mit der Erfassung der Sammlung beschäftig­t.
FOTO: ENDERMANN Gunnar Gad, seit 2019 Leiter des Naturkunde­museums, ist vor allem mit der Erfassung der Sammlung beschäftig­t.

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