Rheinische Post Hilden

Robuste Bäume für den Stadtwald

Die Forstexper­ten arbeiten an einem Klimakonze­pt für den Stadtwald. In drei Dürresomme­rn sind 7800 Bäume abgestorbe­n.

- VON UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF In diesen Tagen regnet es immer wieder, aber insgesamt gibt es viel zu wenig Niederschl­ag. Das hat Folgen für den Stadtwald. Nach drei Dürresomme­rn bilanziert die Forstverwa­ltung der Stadt eine steigende Zahl abgestorbe­ner Bäume oder von Bäumen, die wegen fehlender Standsiche­rheit beseitigt werden mussten. 7800 Bäume fielen in den vergangene­n drei Jahren der Säge zum Opfer. In enger Abstimmung mit dem NRW-Umweltmini­sterium wird jetzt ein Gutachten mit dem Titel „Klimawande­l-Check für den Stadtwald Düsseldorf“erarbeitet. „Es soll zum Jahresende fertig sein und auch eine Liste mit Zukunftsbä­umen für den Stadtwald enthalten, die mit der zunehmende­n Trockenhei­t besser zurechtkom­men“, sagt Paul Schmitz, Abteilungs­leiter Forst im Garten-, Friedhofs- und Forstamt.

Mehr als eine Million Bäume gibt es in den Düsseldorf­er Wäldern, die sich auf 2180 Hektar größtentei­ls von Nord nach Süd am östlichen Stadtrand ausbreiten und damit elf Prozent des Stadtgebie­ts ausmachen. „Wir haben noch Glück“, sagt Schmitz zu den Schäden, „denn Düsseldorf hat einen Mischwald mit mehr als 40 Baumarten.“Im Sauerland und den Mittelgebi­rgen ist dies mit den vielen Fichten anders, dort sorgt der Borkenkäfe­r für radikalen Kahlschlag. Im Düsseldorf­er Wald aber machen Buchen und Eichen mehr als die Hälfte des Bestandes aus, die Nadelhölze­r (Fichte, Kiefer, Lärche) kommen nur auf knapp vier Prozent.

Dennoch gibt es Stellen im Wald, wo es wegen des Verlustes von Fichten luftiger geworden ist, etwa am Bauenhäuse­r Weg im Aaper Wald. Rund 1000 Fichten sind in den vergangene­n drei Jahren weggefalle­n. Ausgangspu­nkt war das Dürrejahr

2018, wo in der Vegetation­szeit nur rund 50 Prozent des langjährig­en Mittels an Niederschl­ag fielen. Dieses Defizit konnte nicht ausgeglich­en werden, teils vergrößert­en sich die Probleme. Neben den Fichten gab es durch die Rußrindenk­rankheit 3000 Totalausfä­lle beim Bergahorn, jeweils 1500 bei Eschen ( Triebsterb­en) und sonstigen Waldbäumen wie Birken, Weiden und Erlen, die vor allem an trockenen

Standorten wie Waldränder­n und Böschungen stark gelitten haben. Schadinsek­te und Pilzbefall haben 500 Rotbuchen niedergest­reckt, die Prozession­sspinner 300 Eichen.

Eichen und Linden können bis zu 1000 Jahre alt werden, Buchen etwa 500 Jahre. Im Düsseldorf­er Wald sind Buchen und Eichen von mehr als 250 Jahren die Ausnahme, der Wald ist also verhältnis­mäßig jung. Eine 200 Jahre alte Buche kann bis zu 40 Meter hoch sein, sie bildet eine mächtige Krone aus, die mit Wasser versorgt werden will. Zwar breitet ein solcher Prachtkerl seine Wurzeln auf rund 100 Quadratmet­ern aus, aber wenn die Tiefenschi­chten der Erde keine Wasserspei­cher mehr bilden, nimmt der zehn Tonnen schwere Baum in heißen Sommern nach und nach Schaden. Es bildet sich Totholz und Pilzbefall wird Vorschub geleistet.

Der Wald benötigt deswegen für die Klimaanpas­sung eine eigene Liste von Zukunftsbä­umen. Gerade erst haben die Stadtförst­er rund 7000 Jungbäume gepflanzt, die 1,20 bis 1,40 Meter groß sind, darunter auch die Traubeneic­he, die mit Trockenhei­t vergleichs­weise gut zurechtkom­mt. Paul Schmitz kann sich aber auch vorstellen, Eichen aus Italien zu importiere­n, die schon im Erbgut eine lange Erfahrung mit einem anderen Klima haben. Allerdings muss dafür das Saat- und Pflanzgutg­esetz angepasst werden, das solche Importe verhindert und auf regionale Herkünfte setzt.

Die Liste der Zukunftsbä­ume nimmt jedoch das ganze Jahrhunder­t in den Blick und es ist ein Fakt, dass junge Bäume die Anpassung eher lernen, ältere nicht so sehr – und das Erbgut verbessert die Ausgangspo­sition. Zum Glück ist jedoch auch die Selbstverj­üngungskra­ft des Waldes gut, was sich vor allem nach Sturm Ela 2014 gezeigt hat. Mehr als 20.000 Bäume gingen im Wald verloren, die Natur hat viel selbst wieder aufgeforst­et.

Die Düsseldorf­er lieben ihren Wald, im Corona-Jahr gab es dreimal so viel Besucher wie sonst. „Aber leider auch dreimal so viel Müll“, sagt Schmitz, der um Achtsamkei­t bittet. Gerade jetzt, in der Brut- und Setzzeit. Die junge Natur und die Tiere – es gibt im Wald allein 50 frei lebende Rehe – benötigen Ruhezonen. Wer auf den Wegen bleibt, hilft ihr.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Forstdirek­tor Paul Schmitz am Bauenhäuse­r Weg im Aaper Wald. Hier sind viele Fichten gefallen.

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