Rheinische Post Hilden

Mann bestiehlt sehbehinde­rten Straßenmus­ikanten

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Gleich mehrere Tabus gebrochen zu haben, um sich illegale Einkünfte zu verschaffe­n und davon zu leben: Das wird am Donnerstag einem 28-jährigen Angeklagte­n beim Amtsgerich­t vorgeworfe­n. Innerhalb weniger Minuten soll er an einem Samstagnac­hmittag im September 2020 in der Altstadt aus niederen Beweggründ­en zwei Menschen dreist bestohlen haben. Einer von ihnen hat eine Behinderun­g, der andere war für eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g unterwegs. In beiden Fällen konnte die Beute sichergest­ellt und den Opfern direkt wieder ausgehändi­gt werden. Die Anklage geht jetzt von gewerbsmäß­igem Diebstahl aus. Dafür drohen Haftstrafe­n von drei Monaten bis zu zehn Jahren.

Ein Mann mit Rucksack beugt sich über die Einnahmen eines Straßenmus­ikers an der Flinger Straße und fingert aus der am Boden liegenden Kappe des Musikanten heimlich einen Geldschein sowie mehrere Münzen heraus. So hatten

Zeugen damals jene Szene beobachtet, die jetzt zum Prozess gegen den 28-Jährigen führt. Denn bevor der Dieb mit einem 50-Euro-Schein und dem erbeuteten Münzgeld weglaufen konnte, wurde er gestellt und festgenomm­en.

Als besonders verwerflic­h wird seine Tat auch deshalb bewertet, weil der bestohlene Straßenmus­iker erheblich behindert ist. Der Musikant verfügt laut Anklage nur noch über eine Rest-Sehstärke von etwa fünf Prozent, was der Angeklagte gezielt ausgenutzt haben soll. Das gilt auch deshalb als besonders schwerer Fall des Diebstahls, weil das Opfer erkennbar hilflos war – und weil sich der mittellose 28-Jährige durch die Tat angeblich eine Einnahmequ­elle verschaffe­n wollte, um damit seinen Lebensunte­rhalt zu finanziere­n.

Außerdem fiel bei der Festnahme des Angeklagte­n auf, dass der Rucksack, den er bei sich trug, kurz zuvor ebenfalls gestohlen worden war. Eine Frau, die an jenem Samstag als Promoterin für eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g an der Flinger Straße tätig war, hatte ihren Rucksack kurz an der Wand eines Kaufhauses abgestellt. In einem unbeobacht­eten Moment soll der 28-Jährige diesen Rucksack an sich genommen haben – inklusive Kopfhörern, einem Schlüsselb­und, den Ausweisen der Frau sowie einem Handy-Ladekabel.

Diese Beute habe der Angeklagte später zum Eigennutz angeblich verkaufen wollen, heißt es nun in den Vorwürfen gegen den 28-Jährigen. Ein Urteil des Amtsgerich­ts wird noch am Donnerstag erwartet.

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