Neun von zehn Händlern bangen um Existenz
Eine Umfrage der Aktionsgemeinschaft „Wir für Haan“zeigt ein erschreckendes Ergebnis: Danach ist es für 95 Prozent der Selbstständigen 5 vor 12.
HAAN Dass viele Haaner Selbstständige coronabedingt vor massiven finanziellen Problemen stehen, war abzusehen. Doch das Ausmaß der Krise hat jetzt doch überrascht. Eine aktuelle Umfrage der Aktionsgemeinschaft „Wir für Haan“zeigt auf, dass sich mehr als neun von zehn Händlern, Gastronomen und Dienstleistern in ihrer Existenz bedroht sehen. 95 Prozent der Befragten gaben dies an. Der überwiegende Teil (92 Prozent) habe zwar Hilfen von Bund und Land bekommen, doch bei keinem der Befragten hätten sie ausgereicht, heißt es in einem Schreiben an den Haupt- und Finanzausschuss der Stadt.
„Allein durch den aktuellen Lockdown sind viele um den größten Teil ihrer Umsätze gebracht worden“, sagt Patrick Schälte. Der Inhaber des gleichnamigen Fischgeschäftes in Haan ist seit 2019 Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft: „Die Einschränkungen des vergangenen Jahres waren für viele schon schwer genug zu stemmen“, berichtet er: Umsatzrückgänge zwischen 15 und 90 Prozent, Aufnahme von Krediten, Stundungen von Miete, Steuerzahlungen,
Versicherungen – dies alles führe aktuell zu starken finanziellen Einbußen. Zusätzlich sei zu erwarten, dass die Rückzahlungen das Problem noch auf das ganze Jahr verlängerten. Die Folgen benennt Schälte klipp und klar: „Die wirtschaftliche Existenz vieler ist bedroht.“
Vom Ergebnis der Umfrage erwartet die Aktionsgemeinschaft nun vor allem mehr Bewegung bei Verwaltung und Politik. Finanzielle Unterstützung der Stadt sei dringend vonnöten, um die nächsten Monate und Jahre in Haan weiter ein Gewerbe betreiben zu können. Viele wünschten sich auch eine Mietminderung und benötigten dafür die Hilfe der Stadt.
Umso skeptischer sieht der Vorsitzende das geplante städtische Zuschussprogramm zur Anmietung leer stehender Ladenlokale: „Es kann nicht sein, dass 120.000 Euro bereitgestellt werden, um aktuelle Leerstände zu beseitigen, Firmengründer zu subventionieren, Mieten und Geschäftsausstattungen zu finanzieren – und gleichzeitig die bereits in Haan tätigen Selbstständigen ohne Hilfe zu vergessen“, bemängelt er: „Dies wäre ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die teilweise seit vielen Jahren versuchen, Haan lebenswert zu machen.“
Einen ersten Effekt seiner Umfrage konnte Schälte jetzt im Ausschuss beobachten. Da ging es um ein von der Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan bereits im letzten Wirtschaftsförderungsausschuss gefordertes Zuschussprogramm für Haaner Geschäftsleute. 120.000 Euro, auf zwei Jahre verteilt, sollten da zur Finanzierung eines Teils der Mieten bereitgestellt werden. Doch nicht alle hatten seinerzeit Bedarf für so etwas gesehen, der Antrag war in den Haupt- und FInanzausschuss geschoben worden. Dort bezeichnete Schälte ihn jetzt sogar als nicht weitreichend genug. Er sei allenfalls ein „Tropfen auf den heißen Stein“.
Kämmerin Doris Abel, das beschloss die Politik am Ende, soll
nun beide Ansätze – das Leerstandskonzept und die Unterstützung für die Geschäftleute – bis zur Ratssitzung am Dienstag, 23. März, in einer Beschlussvorlage zusammenführen.
Die Zeit drängt, wie Patrick Schälte betont: Geschäftsaufgaben und damit Leerstände seien bundesweit und lokal in Haan „spätestens ab Herbst zu erwarten“.