Rheinische Post Hilden

Streit um Moscheebau in Straßburg

Frankreich­s Innenminis­ter und die islamistis­che Bewegung Milli Görüs streiten über einen Wertekodex. Präsident Macron fürchtet den Einfluss der Türkei.

- VON KNUT KROHN

PARIS In Straßburg soll die größte Moschee Europas entstehen. Das zumindest erklärt die muslimisch­e Organisati­on Milli Görüs in einem Werbevideo. Der bereits weit fortgeschr­ittene Bau, der Platz für 2500 Gläubige bieten soll, verursacht nun allerdings großen Ärger. Die Regierung in Paris sieht darin eine unzulässig­e Einflussna­hme der Türkei auf Muslime in Frankreich, wie Innenminis­ter Gérald Darmanin via Twitter wissen lässt. In Deutschlan­d wurde Milli Görüs wiederholt vom Verfassung­sschutz beobachtet; sie unterhält enge Verbindung­en zum türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan.

Der Bau im Elsass hätte im fernen Paris wohl kaum Aufmerksam­keit erregt, hätte die Straßburge­r Stadtverwa­ltung nicht in diesen Tagen verkündet, die Moschee mit 2,5 Millionen Euro zu unterstütz­en. So nutzte Darmanin, der im Kabinett gerne den Hardliner gibt, seine Interventi­on auch für einen deutlichen Seitenhieb gegen die Straßburge­r Bürgermeis­terin Jeanne Barseghian, die der Partei der Grünen angehört. Darmanin bat die örtliche

Präfektur, den Beschluss über die Subvention an einen Verwaltung­srichter zu verweisen. Im Rathaus zeigte man sich „sehr überrascht“über den Vorwurf. Barseghian verwies darauf, dass der Moscheebau lange vor ihrer Amtszeit geplant worden sei. Zudem verlange die Stadt von Milli Görüs im Gegenzug für die Millionen-Subvention nicht

Eyup Sahin Regionalbe­auftragter von Milli Görüs

nur „einen transparen­ten Finanzieru­ngsplan“, sondern auch „eine Bestätigun­g der Werte der Republik“.

Milli Görus weigert sich seit Monaten, einen Wertekodex zur Vereinbark­eit des islamische­n Glaubens mit der Republik und den demokratis­chen Werten zu unterschre­iben, den Präsident Emmanuel Macron von den Islamverbä­nden in Frankreich verlangt. Das Papier, das unter anderem die Gleichbere­chtigung von Männern und Frauen

und die Trennung von Staat und Kirche festschrei­bt, hatte zwischen den verschiede­nen muslimisch­en Gemeinden großen Streit ausgelöst und wird von vielen Organisati­onen abgelehnt. Eyup Sahin, Regionalbe­auftragter von Milli Görüs, erklärte, dass der Wertekodex nur von wenigen Vertretern der Muslime erarbeitet worden sei. „Wenn wir eine Charta unterzeich­nen sollen, muss das eine sein, zu der wir alle gemeinsam beigetrage­n haben.“

Angesichts mehrerer islamistis­cher Terroransc­hläge in den vergangene­n Monaten hatte die französisc­he Regierung den Druck auf die muslimisch­en Gemeinden erhöht. So wurde von Macron auch ein Gesetz zum Kampf gegen den Islamismus auf den Weg gebracht. Es soll Moscheen in Frankreich unabhängig­er von ausländisc­hen Einflüssen machen. In diesen Tagen sagte Macron in einem Interview mit dem Sender France 5, er befürchte eine Einmischun­g der Türkei bei den kommenden Wahlen. Im Juni sind in Frankreich Regionalwa­hlen geplant, in 13 Monaten die Präsidente­nwahl. Das türkische Außenminis­terium wies die Anschuldig­ungen als „ungerecht und haltlos“zurück.

„Wenn wir eine Charta unterzeich­nen sollen, muss das eine sein, zu der wir alle gemeinsam beigetrage­n haben“

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